Ausschüttungspolitik

Immobilienkonzerne knapsen an der Dividende

Die großen börsennotierten Immobilienkonzerne in Deutschland lassen die Branchenkrise hinter sich. Die Ausschüttungen bleiben aber hinter früheren Niveaus zurück. Die Dividendenstrategien werden neu justiert.

Immobilienkonzerne knapsen an der Dividende

Immobilienkonzerne knapsen an der Dividende

Neue Bemessungsgrundlagen für die Ausschüttung – Operativer Gewinn verliert an Bedeutung – Zurückliegende Stressphase wirkt nach

hek Frankfurt
Von Helmut Kipp, Frankfurt

Der scharfe Zinsanstieg im Jahr 2022 hat so manchen Immobilienkonzern in die Bredouille gebracht. Das hing weniger mit erhöhten Finanzierungskosten zusammen, sondern vor allem mit saftigen Abschreibungen auf den Gebäudebestand. Sie führten zu hohen Periodenfehlbeträgen und verringertem Eigenkapital. Außerdem trieben sie den am Verkehrswert der Immobilien gemessenen Verschuldungsgrad (LtV) in die Höhe. Inzwischen stabilisieren sich die Portfoliobewertungen zwar wieder, doch die zurückliegende Stressphase wirkt nach – mit Folgen für die Ausschüttung.

Mehr Flexibilität

Statt Investoren mit dezidierten Aussagen zur mutmaßlichen Dividendenhöhe zu ködern, setzen die Verantwortlichen jetzt auf mehr Flexibilität. Das verschafft ihnen Spielraum, bei Bedarf weiteres Geld im Unternehmen zu halten. Zudem fallen die Ausschüttungen häufig niedriger aus als vor der Branchenkrise. Damit reagieren die Unternehmen nicht zuletzt auf den Umstand, dass der Verschuldungsgrad meist noch mehr oder minder deutlich über den kommunizierten Zielwerten liegt. Allerdings gefährdet das Vorgehen den Ruf als verlässliche Zahler hoher Ausschüttungen. Gerade für die Wohnungsvermieter spielt die Dividendenhöhe eine große Rolle. Denn unter den Aktionären befinden sich Investoren, die stabile Zuflüsse brauchen.

Hamborner kürzt

Die jüngste Dividendenanpassung stammt von Hamborner Reit, einer auf Büro- und Nahversorgungsimmobilien spezialisierten Gesellschaft. Das im SDax vertretene Unternehmen aus Duisburg will künftig zwischen 60 und 70% des operativen Gewinns aus der Vermietung (Funds from Operations, FFO) auskehren. In den vergangenen zehn Jahren waren es im Schnitt 76%. Für das Geschäftsjahr 2025 zeichnet sich damit, ausgehend von der Mitte der Prognosespannen, eine Dividendenkürzung um ein Viertel ab. Details zu den Entscheidungskriterien für die Ausschüttungshöhe will Hamborner am 8. Mai mit dem Bericht über das erste Quartal nennen. Die Dividende für 2024 bleibt aber noch auf dem Vorjahresniveau von 0,48 Euro je Aktie.

Aroundtown noch ohne Beschluss

Der MDax-Konzern Aroundtown lässt bis heute offen, ob die Anteilseigner nach zwei Jahren mit Nullrunden wieder eine Ausschüttung erhalten. Gleiches gilt für die Wohnungstochter Grand City Properties. Grundsätzlich richten beide Unternehmen die Dividendenpolitik darauf aus, 75% des FFOs auszuzahlen. Sie machen die jetzt anstehende Ausschüttung aber von den Marktbedingungen abhängig (und der stets notwendigen Zustimmung der Generalversammlung, die üblicherweise im Juni stattfindet).

Grand City warte die Entwicklung im ersten Quartal 2025 ab, gab Verwaltungsratschef Christian Windfuhr unlängst im Gespräch mit der Börsen-Zeitung zu verstehen. Nach seinen Angaben hängt die Entscheidung im Wesentlichen an den für das Rating relevanten Finanzkennzahlen wie LtV und Liquidität. Dem Unternehmen liegt nämlich daran, den negativen Ausblick für die S&P-Einstufung von „BBB+“ wegzukriegen. Eine Dividende von 75% des FFOs je Aktie liefe auf einen Betrag von 0,81 Euro hinaus, was in der Mitte der Guidance von 0,78 bis 0,83 Euro läge. Die Kreditwürdigkeit von Aroundtown bewertet S&P ebenfalls mit „BBB+“ mit negativem Ausblick.

Bereinigter Vorsteuergewinn bei Vonovia

Deutschlands größter privater Wohnungskonzern Vonovia hat vor gut einem Jahr seine Steuerungsgrößen und damit auch die Dividendenbemessung umgestellt und sich vom Group FFO als zentraler Ergebniskennzahl verabschiedet. Nun soll die Hälfte des bereinigten Vorsteuergewinns an die Aktionäre fließen, ergänzt um Überschussliquidität aus dem Operating Free Cashflow nach Berücksichtigung der Eigenkapitaleinlage in das Investitionsprogramm. Ziel des Dax-Konzerns ist eine „solide Dividende“, die „jederzeit eine ausreichende Finanzierung für Investitionen sicherstellt“. Dieser Rahmen lässt mehr Interpretationsspielraum als die alte Strategie, 70% des FFOs nach Minderheitsanteilen auszukehren.

In der Vergangenheit habe sich der gesamte Sektor Dividenden geleistet, die keine ausreichende Liquidität für Investitionen im Unternehmen belassen hätten, erläuterte Finanzvorstand Philip Grosse die Umstellung seinerzeit. Das bedeutet: In der Branche wurde häufig mehr Geld ausgeschüttet, als verdient wurde. Indirekt stammte die Ausschüttung also in Teilen aus neuem Fremdkapital, was auf lange Sicht nicht nachhaltig ist.

AFFO statt FFO

Konkurrent LEG richtet seine Dividende seit der Umstellung im Herbst 2022 an dem um aktivierte Investitionsausgaben bereinigten FFO aus, dem AFFO. Zuvor flossen üblicherweise 70% des FFOs an die Anteilseigner. Die neue Strategie sieht vor, den AFFO in voller Höhe auszuschütten, ergänzt um einen Teil der Nettoerlöse aus Immobilienverkäufen. Für das Geschäftsjahr 2024 bedeutet das 2,70 (i.V. 2,45) Euro Dividende je Aktie, was klar hinter den für 2021 gezahlten 4,07 Euro zurückbleibt. Vonovia will 1,22 (0,90) Euro je Anteilsschein ausschütten, für 2021 waren es 1,66 Euro.

TAG Immobilien richtet die Dividende weiter am FFO aus, leitet für das Geschäftsjahr 2024 aber lediglich 40% der Kenngröße an die Aktionäre weiter. Dieser Prozentsatz gilt auch als Richtschnur für das laufende Geschäftsjahr. Die alte Ausschüttungspolitik des in Hamburg ansässigen Unternehmens zielte auf 75% des FFOs. Für 2022 und 2023 gingen die Aktionäre leer aus.

Die führenden börsennotierten Immobilienkonzerne in Deutschland haben die Branchenkrise hinter sich gelassen. Die Ausschüttungen bleiben aber hinter früheren Niveaus zurück, denn der Verschuldungsgrad liegt häufig noch über den Zielwerten. Daher werden die Dividendenstrategien angepasst.

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.