Ferrovie dello Stato

Italiens schnelle Frecciarossa-Züge steuern in Richtung Deutschland

Die italienische Staatseisenbahn Ferrovie dello Stato setzt auf Deutschland. Mit Netinera und TX Logistik ist sie bereits die Nummer zwei im Regional- und Frachtverkehr. Jetzt soll der High-Speed-Zug Frecciarossa nach München fahren. Auch Intercity-Verbindungen sind geplant.

Italiens schnelle Frecciarossa-Züge steuern in Richtung Deutschland

Hochgeschwindigkeitszüge

„Deutschland ist das Schlüsselland“

Italiens Staatseisenbahn setzt auf Regional- und Güterverkehr und bringt Intercitys sowie die schnellen Frecciarossa-Züge auf die Schiene

bl Mailand

Die superschnellen Frecciarossa-Züge der italienischen Staatseisenbahn Ferrovie dello Stato (FS) sollen bald bis München fahren. Und vielleicht auch nach Berlin. Doch vorerst wollen die Italiener ihre Nummer-zwei-Position im Regionalverkehr (mit Netinera) und im Frachtverkehr (mit TX Logistik) ausbauen. Carlo Palasciano Villamagna, als Chief International Officer (CIO) bei den Ferrovie verantwortlich für das internationale Geschäft, sagte der Börsen-Zeitung, man denke darüber nach, auch Intercity in Deutschland fahren zu lassen.

Die Frecciarossa-Züge von Hitachi waren für Italien eine Revolution. Seit 2008 verkehren sie zwischen Turin und Neapel sowie Turin und Venedig. Damit ist das Land viel enger zusammengerückt. Nur drei Stunden dauert die Fahrt von der Geschäftsmetropole Mailand in die Hauptstadt Rom. Und das kostengünstig, in Abständen von teilweise nur wenigen Minuten sowie meist pünktlich. Das Netz wird weiter ausgebaut. Nach Bari in Apulien, Richtung Lyon, nach Genua, nach Triest und über den Brenner nach Deutschland.

Rasche Zulassung erhofft

Palasciano Villamagna hofft auch in Deutschland „auf eine rasche Zulassung unserer Frecciarossa-Züge, damit wir den Frecciarossa von Mailand nach München in Betrieb nehmen können." 2026 könnte es soweit sein. „Wir rechnen mit einer Fahrtzeit von anfangs sechs Stunden und 30 Minuten. Derzeit sind es mindestens sieben Stunden und elf Minuten.

„Wir werden weitere Verbindungen in Deutschland entwickeln. Wir können uns auch vorstellen, nach Berlin und in andere Städte zu fahren“, so Palasciano Villamagna. „Da Deutschland derzeit so stark unter so vielen Baustellen leidet, ist Geduld gefragt. Wir hoffen auf ein moderneres und effizienteres Netz in naher Zukunft.“ 

Andrea Giuricin, Ökonom für den Transportsektor an der Mailänder Bicocca-Universität, hält die Ambitionen für ehrgeizig. „Es ist klar, dass es wegen der diversen infrastrukturellen Probleme und weil es keinen echten Hochgeschwindigkeitsverkehr gibt, sehr komplex ist, in Deutschland Fuß zu fassen. Kurzfristig könnte es einfacher sein, Intercity fahren zu lassen.“

Drehscheibe

Das hat das Staatsunternehmen vor. „Wir können uns auch Intercity-Dienste vorstellen, aber wir brauchen Transparenz in Bezug auf die Netzkapazität“, erklärt Palasciano Villamagna. „Für uns ist Deutschland die europäische Drehscheibe, das Schlüsselland“, sagt Palasciano Villamagna.

Deutschland ist mit einem Umsatzbeitrag von etwa 1 Mrd. Euro und 6.000 Mitarbeitern wichtigster Auslandsmarkt der Ferrovie dello Stato (FS). Mit den regionalen Marken Alex, Erixx, Trilex, Vogtlandbahn, Vexx, Metronom, ODEG, Enno oder Waldbahn sowie Buslinien ist Italiens Staatseisenbahn die Nummer zwei − so wie im Güterverkehr.

Im Wettbewerb

In Italien steht die Staatseisenbahn mit den schnellen Italo-Zügen des Nuovo Trasporto Viaggiatori (NTV) von Alstom seit vielen Jahren im Wettbewerb bei den High-Speed-Zügen. Kürzlich hat die Reederei Msc, die mit 49% am Hamburger Hafen beteiligt ist, für 1,5 Mrd. Euro die Hälfte an NTV übernommen. NTV kommt auf einen Marktanteil von 35% in Italien. Auch die französische SNCF will von 2026 mit ihren schnellen TGV-M-Zügen von Alstom in Italiens Hochgeschwindigkeitsverkehr einsteigen.

„Die Staatseisenbahn hat Kompetenzen und Erfahrung im Hochgeschwindigkeitsverkehr“, sagt Giuricin: „Sie ist die Nummer zwei in Spanien mit einem Marktanteil von 30% und einer Auslastung von 70%.“ Die drei Konkurrenten – neben Iryo mit den Italienern sind das der spanische Marktführer Renfe und Ouigo (SNCF) – werben mit Kampfpreisen um Kunden.

Wahl für Nachhaltigkeit

Palasciano Villamagno prüft auch Verbindungen nach London, Brüssel und Amsterdam. „Der Zug ist die europäische Wahl für Nachhaltigkeit, wir möchten ein führender Akteur bei der Verbindung der großen europäischen Zentren sein", sagt er. Doch neben Platzhirsch Eurostar wollen auch Virgin (Richard Branson), die niederländische Heuro und das Hochgeschwindigkeits-Start-up Evolyn zwischen London, Brüssel, Paris und Amsterdam fahren. Es wird nicht leicht“, glaubt Giuricin: „Aber das sind attraktive Märkte und die FS haben die nötige Kompetenz“, ist er überzeugt.

Die italienische Staatseisenbahn Ferrovie dello Stato (FS) will im Ausland wachsen. Während sie in Spanien und Frankreich vor allem auf die schnellen Frecciarossa-Züge setzt, stehen im wichtigsten Auslandsmarkt Deutschland der Regional- und Güterverkehr sowie womöglich Intercity-Verkehre im Fokus.

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