Jede zweite Vergütung abgelehnt

AGI: Nicht ausreichend an Leistung gekoppelt - Große Governance-Diskrepanzen

Jede zweite Vergütung abgelehnt

wb Frankfurt – Die Vergütungsvorschläge von Vorständen stoßen bei einem der großen institutionellen Anleger in zahlreichen Fällen auf Ablehnung. Allianz Global Investors (AGI) hat 2018 nach eigenen Angaben über 90 000 Aktionärs- und Managementvorschläge auf Hauptversammlungen abgestimmt. Die Analyse offenbare eine auffällig große Diskrepanz hinsichtlich der Corporate-Governance-Standards auf internationaler Ebene. Insgesamt hat AGI im vorigen Jahr weltweit an exakt 8 535 (i.V. 7 961) Hauptversammlungen teilgenommen. Bei 75 (68) % von ihnen stimmte sie gegen mindestens einen Tagesordnungspunkt oder enthielt sich. Alles in allem wurde erneut fast jeder vierte Vorschlag im “treuhänderischen Interesse der Anleger” abgelehnt. Briten haben Nase vorneUmstritten waren 2018 vor allem Vergütungsvorschläge des Managements, die weltweit in 52 % aller Fälle von AGI nicht stattgegeben wurden. Gegenüber 2017 ist dies eine Steigerung um 10 Prozentpunkte. Zumeist beruhte die Kritik darauf, dass die Entlohnung nicht ausreichend an die Unternehmensstrategie und -leistung gekoppelt war und/oder die Anreizsysteme nicht hinreichend transparent waren, heißt es weiter. Besonders stark ausgeprägt war dieser Mangel in Hongkong, wo Allianz Global Investors gegen 95 % der Vergütungsvorschläge stimmte. Im Vereinigten Königreich wurden dagegen nur 16 (14) % aller Vergütungsvorschläge zurückgewiesen. Damit haben britische Unternehmen mit Blick auf die Einhaltung von Corporate-Governance-Standards international die Nase vorn.Die Zusammensetzung des Aufsichtsrates bzw. der Boards hinsichtlich fachlicher Kompetenz, Unabhängigkeit sowie Vielfalt sind ein weiterer Kritikpunkt. Hier standen mit 27 % ähnlich viele Management-Beschlüsse wie 2017 nicht im Einklang mit den Standards der Allianz-Tochter. Wie im Vergütungsthema gab es auch hier im Ländervergleich große Unterschiede.Eugenia Unanyants-Jackson, Global Head of ESG Research von AGI, sagt, für die Managementvergütung seien klare Informationen über Leistungskennzahlen und Ziele entscheidend, damit Investoren die Angemessenheit von Performance-Messungen beurteilen können. “Wir würden uns darüber hinaus wünschen, dass im Rahmen des Gesamtpakets für die Vorstandsvergütung deutlich mehr Wert auf die langfristige Entwicklung von erfolgskritischen Faktoren gelegt wird.” Was die Zusammensetzung der Aufsichtsräte bzw. Boards betrifft, pocht AGI auf einen größeren Anteil “wirklich unabhängiger” Mitglieder. Keine Blankoschecks”Auch bei Aktiengesellschaften in Deutschland gibt es noch Nachholbedarf. Zu wenig Transparenz und Ganzheitlichkeit bei der Ausgestaltung der Vorstandsvergütung sind dabei häufig ein Stein des Anstoßes”, sagt Jörg de Vries-Hippen, CIO Equities Europe der AGI. Ebenso finde der bei Unternehmen weit verbreitete Wunsch, Kapitalerhöhungen ohne konkrete Zweckbindung durchführen zu wollen und dabei die Anteilsverhältnisse der bestehenden Aktionäre zu verwässern, keine Zustimmung: “Wir wollen wissen, in welche Richtung sich die Strategie eines Unternehmens entwickelt und stellen keinen Blankoscheck für Akquisitionspläne aus.”Deutschland lag mit Blick auf Corporate-Governance-Standards in der Hauptversammlungssaison in vielen Fragen im Mittelfeld. So lag die Ablehnungsquote mit 26 % aller Vorschläge nur etwas höher als im internationalen Vergleich. Bei den Themen Vorstandsvergütung (Ablehnungsquote 49 %) schnitten deutsche Unternehmen allerdings leicht besser ab als der weltweite Durchschnitt. Daneben wurde fast jeder zweite Vorschlag auf Kapitalerhöhung abgelehnt. Mit 21 (11) % hat AGI deutlich häufiger als zuvor die Zustimmung in Fragen der Aufsichtsratsbesetzung versagt.