Klatsche für Bayer
ab Köln
Die Aktionäre von Bayer haben der Verwaltung in der Hauptversammlung die gelbe Karte gezeigt. Mit nur 24,1% der Stimmen bei einer Präsenz von 60,23 % des Grundkapitals wurde der Vergütungsbericht gebilligt. Das hat zwar keine direkten Folgen, gilt jedoch als Misstrauensvotum der Aktionäre. Einige Investoren behielten sich ausdrücklich vor, dem Aufsichtsrat im kommenden Jahr die Entlastung zu verweigern, sollte dieser die Kritik, die sich vor allem an der kurzfristigen variablen Vergütung (STI) manifestierte, nicht ernst nehmen.
Aufsichtsratschef Norbert Winkeljohann bedauerte das Abstimmungsergebnis und versprach, die Zielsetzungen im Vergütungssystem und die Berichterstattung darüber zu überprüfen. Gleich zu Beginn war der Versammlungsleiter in seiner Rede auf die Kritik eingegangen. Darin hatte er betont, dass der Aufsichtsrat 2021 nicht nachträglich in die Ziele eingegriffen habe. Vielmehr sei im Vergütungssystem festgelegt, dass positive wie negative Sondereffekte in den Leistungskennzahlen zur Berechnung der STI ausgeklammert würden. Im konkreten Fall hatte die Bereinigung dazu geführt, dass der ausgewiesene freie Cashflow von 1,4 Mrd. Euro um die im Geschäftsjahr geleisteten Vergleichszahlungen von 4,2 Mrd. Euro korrigiert wurde und die Kennziffer dadurch die für die Zielerreichung erforderliche Hürde von 5 Mrd. Euro übertraf. Dem Vergütungssystem wiederum habe die Hauptversammlung 2020 mit mehr als 94 % der Stimmen zugestimmt.
Gleichwohl bewegt sich der Aufsichtsrat: So hat er den Zielbetrag für die kurzfristig variable Vergütungskomponente von 100 auf 90 % der Festvergütung reduziert und zugleich den Zielbetrag für die langfristige variable Vergütung um zehn Prozentpunkte auf 160 % der Festvergütung erhöht. Erstmals wirksam wird die Veränderung im laufenden Geschäftsjahr.
Dass am Rückhalt bei den Aktionären noch gearbeitet werden muss, zeigen auch die Entlastungsergebnisse. Zwar gaben die Aktionäre beiden Gremien grünes Licht. Mit 82,1 % (Vorstand) und 83,2 % (Aufsichtsrat) ist jedoch Luft nach oben, zumal sich jeweils gut 2 % des Grundkapitals der Stimme enthielten. Das Vertrauen der Aktionäre hat Bayer mit der 2018 vollzogenen Übernahme von Monsanto und den nachfolgend schlagend gewordenen Rechtsrisiken nachhaltig zerstört.
Die Aufräumarbeiten bezüglich der Glyphosat-Klagewelle dauern derweil an. Bayer-Chef Werner Baumann rechnet in Kürze mit mehr Klarheit. Der Supreme Court in den USA hatte Ende 2021 eine Stellungnahme der US-Regierung angefragt. Von dieser hängt ab, ob der Oberste Gerichtshof die Revision des Urteils in einem Roundup-Prozess annimmt. „Eine solche Entscheidung erwarten wir in den kommenden Wochen“, sagte Baumann. Sollte das Gericht den Fall annehmen, könnte ein Urteil in der nächsten Verhandlungsperiode, die bis Ende Juni 2023 laufe, fallen. Doch selbst bei einem abschlägigen Bescheid habe Bayer bilanziell ausreichend vorgesorgt.
Da die Rechtsrisiken als weitgehend bewältigt gelten, rückt eine etwaige Unternehmensaufspaltung zunehmend in den Fokus. Die Frage nach der Aufspaltung des Konzerns stelle sich nicht, da dadurch der intrinsische Wert des Geschäfts nicht gesteigert werde, beschied Baumann: „Im Gegenteil: Es bringt erhebliche Dissynergien, was zuletzt auch durch ein unabhängiges Gutachten bestätigt wurde.“