Pfanzenzuchtkonzern

KWS Saat agiert in Russland nur noch auf Sicht

Für KWS Saat trüben sich die Aussichten im Russlandgeschäft zunehmend ein. Auch ein Rückzug aus dem Markt steht im Raum. Den Aktionären des Pflanzenzuchtkonzerns, der sich einen neuen CFO suchen muss, winkt derweil eine steigende Dividende.

KWS Saat agiert in Russland nur noch auf Sicht

KWS Saat agiert in Russland
nur noch auf Sicht

Dividende erhöht - Finanzchefin Kienle geht

ste Hamburg

Das Pflanzenzüchtungsunternehmen KWS Saat sieht das Russlandgeschäft nach der Einführung von Importrestriktionen und Lokalisierungsbestrebungen für Saatgut mit zunehmender Sorge. Auf Sicht führe man das dortige Geschäft weiter, sagte Finanzchefin Eva Kienle am Donnerstag anlässlich der Vorlage der Bilanz für das Ende Juni abgelaufene Geschäftsjahr 2023/24 im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. Zugleich unterstrich sie die Position des börsennotierten Familienunternehmens aus Einbeck, keine Strukturen und Engagements einzugehen, die mit der russischen Regierung oder ihr nahestehenden Instititionen in Verbindung stehen.

Kein Joint Venture

Wie viel Saatgut über die Importquote im kommenden Jahr eingeführt werden dürfe, sei offen. KWS schließt nicht aus, bei den Quoten nicht mehr berücksichtigt zu werden. „Die Lokalisierungsbestrebungen bedingen jetzt gerade für Lebensmittelherstelller, dass sie sich in russische Joint Ventures begeben müssen. Das machen wir nicht“, erklärte Kienle. Ein Rückzug aus Russland, wo KWS in den vergangenen Jahren 20 Mill. Euro in eine neue Zuckerrübenaufbereitung investiert habe, wäre für das Unternehmen spürbar: Kienle bezifferte den Umsatz in Russland, wo 150 Mitarbeiter beschäftigt werden, mit 140 Mill. Euro.

KWS bekräftigte vorläufige Angaben vom 16. August, wonach neben einem insgesamt gedämpften Agrarumfeld der erwartete deutliche Rückgang im Russlandgeschäft im laufenden Geschäftsjahr nur ein währungskursbereinigtes Umsatzwachstum von 2 bis 4% ermöglichen soll. Im vergangenen Turnus legten die Erlöse ohne Währungs- und Portfolioeffekte um 16,5% zu. Nominal kam auf Basis der fortgeführten Geschäfte ebenfalls ein zweistelliges Wachstum um 11,9% auf 1,68 Mrd. Euro zustande. Nach dem Ende März vereinbarten Verkauf des südamerikanischen Maisgeschäfts wird dieses Geschäft in der jüngsten Bilanz als aufgegebener Geschäftsbereich ausgewiesen.

Sondererlöse aus Verkäufen

Die eigenen Prognosen hatte KWS 2023/24 auch mit dem um 55% auf 302 Mill. Euro gestiegenen Betriebsergebnis (Ebit) bzw. der Ebit-Marge von 18 (i.V. 13,0)% übertroffen. Auch ohne den Sonderbeitrag von 28 Mill. Euro aus dem im vorigen Herbst verkündeten Verkauf des chinesischen Maisgeschäfts würde die Marge mit knapp 17% auf Rekordniveau liegen, bestätigte Kienle. Für das laufende Geschäftsjahr avisiert das Unternehmen eine Ebit-Marge von 14 bis 16%. Zudem wird aus dem Ende Juli abgeschlossenen Verkauf des südamerikanischen Maisgeschäfts ein Einmaleffekt von 100 Mill. Euro nach Steuern erwartet.

Einen Teil des Erlöses aus dem zu einem mittleren dreistelligen Euro-Betrag verkauften Geschäft habe man im September genutzt, um eine erste Tranche des Schuldscheindarlehens im Zusammenhang mit der Übernahme des niederländischen Saatgutherstellers Pop Vriend 2019 mit 140 Mill. Euro zurückzuzahlen, so Kienle. Die Eigenkapitalquote von zuletzt 47,4% könne im Zuge des Verkaufs die Marke von 50% „schrammen“. Zudem erwartet KWS sinkende Zinsaufwendungen.

Finanzieller Spielraum wächst

Den gewonnenen finanziellen Spielraum will das SDax-Unternehmen nutzen, um strategische Initiativen zu beschleunigen. Dazu gehört der weitere Aufbau des kleinsten der vier Konzernsegmente, Gemüse, das mit dem Pop-Vriend-Erwerb begründet wurde. Neben weitere Akquisitionen würden auch Optionen im Bereich der Hybrid-Züchtung evaluiert, sagte die Finanzchefin. Zukäufe im laufenden Geschäftsjahr seien aus aktueller Sicht indes nicht absehbar.

Um den zusätzlichen Handlungsfreiraum für schnelleres und profitables Wachstum nutzen zu können, seien Sonderausschüttungen weiter kein Thema, so Kienle weiter. Für das abgelaufene Geschäftsjahr will KWS eine auf 1 (0,90) Euro je Aktie steigende Dividende zahlen, insgesamt 33 Mill. Euro. Die Ausschüttungsquote läge mit 25,2 (23,4)% am oberen Rand des Zielkorridors von ca. 20 bis 25% des Jahresüberschusses. Wenige Wochen nach der Hauptversammlung wird das Unternehmen seine seit Juli 2013 amtierende Financhefin verlieren. Kienle verlässt KWS Ende Januar aus persönlichen Gründen, wie sie im Gespräch bestätigte.

Suche nach neuem CFO

Der Aufsichtsrat habe dem Wunsch von Kienle nach Vertragsaufhebung zugestimmt, teilte das Unternehmen mit. „Wir bedauern diese für uns überraschende Entscheidung, respektieren aber die geänderte Lebensplanung von Eva Kienle“, so die seit diesem Jahr amtierende Aufsichtsratsvorsitzende Marie Schnell. „Für ihr Engagement und die geleistete Arbeit der vergangenen Dekade sind wir Eva Kienle zu großem Dank verpflichtet“. Die Suche nach einem Nachfolger oder einer Nachfolgerin für die 57-Jährige hat dem Vernehmen nach bereits begonnen.

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