M&A

Lanxess läutet Rückzug aus Kunststoffgeschäft ein

In einer komplexen Transaktion führt Lanxess das Geschäft mit Hochleistungskunststoffen mit jenem von DSM zusammen. Geburtshilfe leistet der Finanzinvestor Advent, der das Geschäft finanziert und führt.

Lanxess läutet Rückzug aus Kunststoffgeschäft ein

ab Köln

Advent International und Lanxess treiben die Konsolidierung in der Chemie gemeinsam voran. Dazu gründen die Partner ein Gemeinschaftsunternehmen, das für 3,7 Mrd. Euro das Engineering-Materials-Geschäft der niederländischen DSM erwirbt, wie mitgeteilt wird. Zugleich bringt der deutsche Chemiekonzern sein Geschäft mit Hochleistungskunststoffen (High Performance Materials) in das Joint Ven­ture  ein und erhält on top 1,1 Mrd. Euro. Der Finanzinvestor übernimmt mit einem Anteil von mindestens 60 % die Führung im Joint Venture, Lanxess wird bis zu 40 % halten. Der Kaufpreis wird je hälftig mit Eigenkapital von Advent und Schulden, die das Joint Venture aufgebürdet bekommt, gestemmt. Zugleich bereitet Lanxess mit der Transaktion den Weg für den endgültigen Ausstieg aus dem Geschäft mit Hochleistungskunststoffen. Frühestens nach drei Jahren haben die Kölner die Möglichkeit, ihren Anteil zur gleichen Bewertung an Advent zu veräußern. „Das ist kein klassischer Private-Equity-Deal. Das ist anspruchsvoller“, sagte Ronald Ayles, Managing Partner von Advent, der Börsen-Zeitung.

Die DSM-Sparte steht für einen Umsatz von 1,5 Mrd. Euro und erwirtschaftet eine operative Marge von etwa 20 %, entsprechend einem operativen Ergebnis (Ebitda) von etwa 300 Mill Euro. Das Geschäft von Lanxess ist gemessen am Umsatz vergleichbar groß, allerdings fällt die operative Marge mit etwa 14 % deutlich geringer aus.

Das schlägt sich auch in der Bewertung nieder, wird für das DSM-Geschäft doch ein Ebitda-Multiple von 12,5 fällig. Das Lanxess-Geschäft wird in der Transaktion dagegen nur mit dem Zwölffachen des operativen Ergebnisses – entsprechend einem Unternehmenswert von 2,5 Mrd. Euro – bewertet, wie aus der Präsentation von Lanxess hervorgeht. Dieses Multiple wird am Ende auch angewendet, wenn Lanxess den Joint-Venture-Anteil verkauft. Allerdings gehen die Partner davon aus, „erhebliche Synergien aus der Zusammenführung der Geschäfte“ zu heben. So dürften zum kombinierten operativen Gewinn der im Joint Venture zusammengefassten Bereiche von gut einer halben Milliarde Euro noch Einspareffekte durch die Zusammenlegung hinzukommen. Zur konkreten Höhe möglicher Synergien wollte sich Zachert in einer Telefonkonferenz mit Analysten aber nicht äußern.

„Die Geschäfte sind sowohl regional als auch mit Blick auf die Endmärkte komplementär“, sagte Ayles und verwies dabei auf die starke Positionierung des DSM-Geschäfts in Asien. Dort würden 40 % des Umsatzes erwirtschaftet. Das Asset von Lanxess sei dagegen der hohe Grad an Rückwärtsintegration. Auch hinsichtlich der Endkundenmärkte sind die beiden Geschäfte unterschiedlich aufgestellt. Während DSM vornehmlich die Elektro- und Elektronikindustrie beliefert, stehen bei Lanxess Kunden aus der Automobilindustrie im Vordergrund. Schwerpunkt des Joint Ventures soll künftig die Automobilindustrie sein, wobei der Schwenk zur Elektromobilität als Wachstumstreiber angesehen wird.

Lanxess, die das Geschäft künftig nur noch at equity bilanziert, verringert mit der Transaktion ihr Expo­sure gegenüber der Automobilin­dus­trie von etwa 20 % auf unter 10 %. „Lanxess wird noch einmal deutlich weniger abhängig von Konjunkturschwankungen“, sagte Zachert. Die Erlöse will Lanxess vornehmlich zur Entschuldung einsetzen und das Verhältnis der Nettoschulden zum Ebitda von über 3 in Richtung 2,5 zurückführen. Etwa 300 Mill. Euro sind für den Rückkauf eigener Aktien reserviert. „Wir als Lanxess stärken durch die Erlöse unsere Bilanz und gewinnen neuen Spielraum für die Weiterentwicklung des Konzerns.“ Last but not least wirkt sich die Transaktion auch positiv auf die CO2-Bilanz aus, ist die Produktion von Hochleistungskunststoffen doch sehr energie- und CO2-intensiv. Mit dem Vollzug der Transaktion wird im ersten Halbjahr 2023 gerechnet, da die Transaktion noch der behördlichen Genehmigung bedarf.

Zugleich verringert Lanxess mit dem Deal die Komplexität. Künftig verfügt der Konzern nur noch über drei statt bislang vier Segmente. Zwar gehört neben den High Performance Materials auch die Business Unit Urethane Systems zum Segment Engineering Materials. Auf dieses Geschäft entfiel zuletzt jedoch nur ein Umsatz von 200 Mill. Euro. Mit hoher Wahrscheinlichkeit werde das Geschäft auf Sicht von zwölf bis 24 Monaten verkauft, sagte Zachert vor Investoren.

Wertberichtigt Seite 6

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