Leonardo-Konzern steigt bei Hensoldt ein
dpa-afx Taufkirchen/Rom
Der italienische Rüstungs- und Luftfahrtkonzern Leonardo wird neuer Großaktionär beim deutschen Rüstungselektronik-Hersteller Hensoldt. Der US-Finanzinvestor KKR verkauft ein Aktienpaket von 25,1 % an die Italiener, wie Hensoldt mitteilte. Darüber sei ein entsprechender Kaufvertrag geschlossen worden.
An der Börse wurden die Nachrichten mit einem Kurssprung belohnt. Der Kurs der Hensoldt-Aktie legte am Montagmorgen kurzzeitig um rund 12% auf ein Rekordhoch von 17,46 Euro zu. Zuletzt lag das Papier noch mit 5,26% im Plus bei 16,40 Euro, war aber weiterhin stärkster Titel im Nebenwerte-Index SDax. Anders sah es für Leonardo aus: Die Aktie des italienischen Unternehmens büßte in Rom zuletzt rund 3,5%. ein.
Getrieben wurden die Kurse von dem Preis, den Leonardo für das Aktienpaket an KKR bezahlt. Je Anteilschein legen die Italiener 23 Euro auf den Tisch – insgesamt rund 606 Mill. Euro, wie sie am Wochenende mitteilten. Damit wechseln die Aktien mit einem deutlichen Aufschlag von knapp der Hälfte auf den vorherigen Kurs den Besitzer.
Zusammenarbeit steht
Am Freitagabend war das Hensoldt-Papier mit 15,58 Euro aus dem Handel gegangen. Der Kurs hatte bereits an den Tagen zuvor deutlich zugelegt. Hensoldt hatte vergangene Woche bestätigt, dass KKR mit mehreren Kaufinteressenten spreche. KKR hatte das Unternehmen im September 2020 für 12 Euro je Aktie an die Börse gebracht. Anfang April war die Aktie um die 13 Euro gehandelt worden. „Mit dieser Transaktion haben wir einen zweiten langfristigen Ankeraktionär in unserem Unternehmen und einen starken potenziellen strategischen Partner, mit dem wir bereits erfolgreich an einer Reihe von Programmen zusammenarbeiten“, sagte Hensoldt-Chef Thomas Müller jetzt laut Mitteilung.
Die zuständigen Behörden müssen dem Geschäft noch zustimmen. Analyst Christian Cohrs von Warburg Research rechnet dabei jedoch nicht mit Problemen, zumal entsprechende Sondierungsgespräche bereits vorab gelaufen sein dürften.
Hensoldt ist die ehemalige Radarsparte des Luft- und Raumfahrtkonzerns Airbus. Der Finanzinvestor KKR hatte das Unternehmen 2017 übernommen und erst Ende März eine Sperrminorität von 25,1% an den Bund verkauft. Hensoldt liefert auch Schlüsseltechnologien aus den Bereichen Kryptotechnik und Sensorik, und die Bundesregierung will einen unerwünschten Zugriff auf diesen Bereich verhindern.
Nach dem Vollzug des Verkaufs von Anteilen an die bundeseigene Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) sowie an Leonardo werde KKR noch einen Anteil von rund 18% an Hensoldt halten, hieß es vom Unternehmen. Leonardo erwartet, den Anteilskauf in der zweiten Jahreshälfte abschließen zu können. Die Italiener bezahlten für die Beteiligung 35% mehr, als der Bund für seine Sperrminorität hingelegt hatte, schrieb Commerzbank-Analyst Sebastian Growe am Morgen.
Italiens Verteidigungsminister Lorenzo Guerini lobte den Deal am Wochenende auf Twitter. Leonardo bewege sich damit in Richtung europäischer Kooperation im Verteidigungssektor, schrieb er. Der italienische Staat ist mit gut 30% an Leonardo beteiligt.
Mit dem Zuschlag für Leonardo gehen weitere Interessenten wie die europäischen Rüstungskonzerne Thales (Frankreich), Saab (Schweden) und Indra (Spanien) leer aus. Vor allem Thales waren in Medienberichten gute Aussichten auf den Zuschlag eingeräumt worden.