Nach Investcorp-Einstieg

Lieferkettenberatung Miebach öffnet sich für Zukäufe

Viele Unternehmen sorgen sich um ihre globalen Lieferketten. Um das Angebot für internationale Kunden auszubauen, will die Supply-Chain-Beratung Miebach nach dem Einstieg von Investcorp auch über Zukäufe wachsen, sagt Co-CEO Jürgen Hess.

Lieferkettenberatung Miebach öffnet sich für Zukäufe

Lieferkettenberatung Miebach öffnet sich für Zukäufe

Consulting-Haus will nach Einstieg von Finanzinvestor Investcorp das internationale Angebot ausbauen – Partnerschaft bleibt beteiligt

Geopolitische Unruhen, Zollkonflikte, drohende Handelskriege: Die Sorge um die globalen Lieferketten wächst in vielen Unternehmen. Um das Angebot für internationale Kunden auszubauen, will die Supply-Chain-Beratung Miebach künftig auch über gezielte Zukäufe wachsen, sagt Co-CEO Jürgen Hess.

sar Frankfurt
Von Sabine Reifenberger, Frankfurt

Seit mehr als 50 Jahren ist das auf Supply Chain Management spezialisierte Beratungshaus Miebach am Markt, zugekauft hat es in der Zeit nicht. Das Wachstum fand bislang rein organisch statt, berichtet Co-CEO Jürgen Hess im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. Künftig sind auch gezielte Zukäufe ein Thema. Seit einigen Wochen ist der Private-Equity-Investor Investcorp als neuer Mehrheitseigentümer an Bord. „Investcorp hat die M&A-Erfahrung, die uns bislang fehlt“, sagt Hess.

Kunden wollen mehr Dienste aus einer Hand

Der Wachstumsdrang geht auch auf Kundenanforderungen zurück. Miebach sei vor allem für internationale Konzerne tätig, erklärt Hess, der das Haus gemeinsam mit Jorge Motjé leitet. Dabei sieht er einen klaren Trend: „Die Kunden möchten heute Dienstleistungen häufig aus einer Hand beziehen.“ Das hat Folgen für die Aufstellung.

Das Consulting-Haus im Detail

Die Supply-Chain-Beratung Miebach wurde 1973 vom Ingenieur Joachim Miebach in Frankfurt gegründet, der Schwerpunkt lag auf Automatisierung und dem Bau von Warenlagern. Der Gründer beteiligte auch Beschäftigte direkt am Unternehmen und formte daraus die heutige Partnerschaft, die nach wie vor rund ein Drittel der Anteile hält. Miebach beschäftigt weltweit 550 Menschen an 27 Standorten. Das Beratungshaus ist für Unternehmen aus verschiedenen Branchen wie Handel, Chemie, Produktion und Automotive tätig und will die gesamte Supply-Chain-Beratung abdecken, von der Strategiefindung über Automatisierung und Implementierung von IT-Systemen bis zum Management von Lieferkettendaten.

„Unsere Kunden erwarten, dass wir in jedem Land das komplette Portfolio im End-to-End Supply Chain Consulting anbieten können“, sagt Hess. Dafür benötige die Gruppe, die mittlerweile in zwanzig Ländern präsent ist, vor Ort jeweils 30 bis 40 Beschäftigte. „Das lässt sich in manchen Märkten über Zukäufe schneller aufbauen als rein organisch.“

Jürgen Hess ist Co-CEO der Lieferkettenberatung Miebach. Foto: Miebach
Jürgen Hess ist Co-CEO der Lieferkettenberatung Miebach. Foto: Miebach
Miebach

Auch technologische Entwicklungen, etwa künstliche Intelligenz, verändern die Branche und erfordern neue Angebote und Investitionen. Hinzu kommen aktuelle Konfliktfelder: Geopolitische Unsicherheiten, Zolldiskussionen und drohende Handelskriege erschweren das Supply Chain Management. „Die Herausforderungen entlang der Lieferkette nehmen zu“, sagt Hess.

Der neue Investor soll dem Beratungshaus nun helfen, den nächsten Wachstumsschritt zu gehen. „Mit Investcorp als neuem Mehrheitsgesellschafter erhält das Unternehmen noch mehr Dynamik und die finanzielle Kraft für die nächste Etappe“, kommentierte Firmengründer Joachim Miebach die Transaktion in einer Mitteilung. Er scheidet nun als Hauptgesellschafter aus.

Consulting-Branche ist mittelständisch geprägt

Miebach ist, wie die Mehrzahl der Consulting-Häuser in Deutschland, ein klassischer Mittelständler. Das auf die Consulting-Branche spezialisierte Analysehaus Lünendonk listet die Supply-Chain-Beratung im jüngsten Report auf Platz 12 der 20 größten Unternehmensberatungen in Deutschland, allerdings weisen lediglich die Top-9 der Liste überhaupt einen Umsatz im dreistelligen Millionen-Euro-Bereich auf. Für Miebach gibt Lünendonk für 2023 einen Umsatz von 78 Mill. Euro an, ein Plus von 4% im Vergleich zum Vorjahr.

Zur Bewertung von Miebach im Zuge des Investcorp-Einstiegs machen das Unternehmen und der Investor keine Angaben. Das Fachmagazin Finance nennt für Unternehmen aus dem Bereich beratende Dienstleistungen in der Umsatzspanne von 50 bis 250 Mill. Euro zur Orientierung Umsatz-Multiples von 0,65 bis 1x Ebit.

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Alexander Koeppen hat die Miebach-Transaktion für Investcorp begleitet. Foto: Investcorp

Im M&A-Prozess hat sich Investcorp unter gut einem Dutzend Interessenten als Favorit herauskristallisiert, erklärt Hess. Ende 2023 war Miebach mit Unterstützung vom Bankhaus Metzler an den Markt gegangen. 15 Investoren meldeten sich, darunter sowohl Finanzinvestoren als auch Strategen. Ein Kriterium bei der Auswahl: „Wir wollten Miebach als Organisation und Einheit, aber auch als Marke erhalten“, sagt Hess. Seit Dezember verhandelten Miebach und Investcorp exklusiv. In einer Mitteilung zur Transaktion heißt es, man wolle in nächster Zeit „entschieden stärker“ in die Marke investieren, um den Bekanntheitsgrad zu steigern.

Kleinteiliger Markt

Investment Manager Alexander Koeppen, der die Transaktion für Investcorp begleitet hat, sieht das Consulting-Haus in einer guten Position im Wettbewerb: „Der Markt für Supply-Chain-Beratung ist sehr kleinteilig, die Mehrzahl der Anbieter sind Boutiquen“, sagt er. Miebach mit seinen mehr als 550 Beschäftigten zähle zu den Anbietern, die aufgrund ihrer Größe und Internationalität auch für globale Konzerne relevant sein könnten.

Am M&A-Markt werde man „diszipliniert vorgehen“, sagt José Pfeifer, Managing Director bei Investcorp. Ziel sei es, durch gezielte Akquisitionen das Dienstleistungsportfolio auszubauen. „Wir wollen in arrondierende Zukäufe, aber auch in Systeme, Prozesse und neue Talente investieren.“

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José Pfeifer, Managing Director bei Investcorp, will gezielt zukaufen. Foto: Investcorp

Für Investcorp ist es nicht der erste Zukauf im Consulting-Umfeld. Seit 2023 ist der Private-Equity-Investor mit einem Mehrheitsanteil an der Kommunikationsberatung SEC Newgate aus Italien beteiligt. In den USA hält Investcorp seit 2017 gemeinsam mit CDPQ und PSP Investments Anteile an der Beratungsgesellschaft Alix Partners, die ihrerseits im vergangenen Jahr in Deutschland die auf Automotive spezialisierte Beratung Berylls übernommen hat.

Einem Bloomberg-Bericht von Ende Januar zufolge sollen die Investmentgesellschaften mittlerweile Berater mandatiert haben, um einen möglichen Verkauf der Alix-Partners-Beteiligung auszuloten.

Miebach-Partnerschaft hält ein Drittel der Anteile

Wie bei SEC Newgate hat Investcorp auch bei Miebach nicht alle Anteile übernommen, ein Drittel ist bei den rund 60 Mitgliedern der Miebach-Partnerschaft geblieben. „Für uns war es wichtig, dass wir das unternehmerische Engagement beibehalten und künftig auch neue Partnerinnen und Partner aufnehmen können“, sagt Hess. Dies soll dem Consulting-Haus auch im Werben um junge Talente einen Pluspunkt verschaffen.

Zum Miebach-Management habe man schon früh im Prozess den direkten Kontakt gesucht, sagt Investment Manager Koeppen. „Der Erfolg eines Beratungsgeschäfts hängt stark von den handelnden Personen ab. Mit diesen müssen wir als Investor strategisch und menschlich auf einer Wellenlänge sein“, sagt er. Die Partnerschaft mit einem Minderheitsanteil weiter zu beteiligen, zahle auf das Ziel der Incentivierung ein. „Wir haben damit eine kohärente Struktur, in der sowohl Investcorp als auch die Partnerschaft am Wertzuwachs partizipieren.“