Linux-Spezialist Suse tanzt an der Börse vor
Der Nürnberger Open-Source-Softwareanbieter Suse strebt in den nächsten Wochen eine Notierung im Prime Standard der Frankfurter Börse an. Die Transaktion soll noch im zweiten Quartal über die Bühne gehen. Das 1992 gegründete Unternehmen selbst will dabei mit der Ausgabe neuer Aktien 420 Mill. Euro (500 Mill. Dollar) einnehmen. Die Mittel sollen eingesetzt werden, um Finanzverbindlichkeiten abzutragen. Ziel sei es, dass die Nettoverschuldung auf das 3,25-Fache des Cash-Ebitda der zwölf Monate bis Ende Januar 2021 reduziert wird, teilte Suse mit. Zudem gebe der 2018 eingestiegene schwedische Finanzinvestor EQT einen Teil seiner Aktien ab. Zum Umfang des Aktienverkaufs durch EQT wurden zwar keine Angaben gemacht. Ziel sei es aber, für einen ausreichenden Free Float zu sorgen, um einen liquiden Handel der Aktien nach dem Going Public zu ermöglichen.
„Der geplante Börsengang gibt uns die strategische und finanzielle Flexibilität, mit der wir unsere langfristige Unabhängigkeit sichern können“, sagte Suse-Vorstandschefin Melissa Di Donato. Darüber hinaus diene die Ausgabe neuer Aktien auch dem Ziel, ein Beteiligungsprogramm für Mitarbeiter abzuwickeln. Reuters hatte im März berichtet, Suse strebe bei dem Börsengang eine Bewertung von bis zu 8 Mrd. Euro an. EQT würde damit ein ähnlicher Coup winken wie dem Finanzinvestor Permira mit dem Börsengang von Teamviewer, mit dem der Einsatz vervielfacht werden konnte. Die Beteiligungsgesellschaft hatte Suse vor gut zwei Jahren für rund 2,5 Mrd. Dollar vom britischen Softwareunternehmen Micro Focus übernommen. Partner Johannes Reichel versicherte, dass EQT Suse auch zukünftig als größter Aktionär zur Seite stehen werde. „Wir sind mehr denn je vom langfristigen Potenzial des Unternehmens überzeugt.“
Im Geschäftsjahr 2019/20 (per 31. Oktober) steigerte Suse den Umsatz um 17% auf 503 Mill. Dollar. Im ersten Quartal per Ende Januar ging es erneut um 17% auf 134 Mill. Dollar voran. Der annualisierte Vertragswert wuchs dabei um 27% zur Vorjahresperiode. Als größter Konkurrent gilt der Linux-Distributeur Red Hat, den IBM vor drei Jahren für 34 Mrd. Dollar übernommen hatte. Die Tochter von Big Blue erlöste im ersten Quartal über 1 Mrd. Dollar und kam dabei wie Suse auf 17% Wachstum zur Vorjahresperiode.
Die ehemalige SAP-Managerin Di Donato rechnet sich zwar gute Chancen aus, Kunden von der größeren Red Hat zu gewinnen. Aber auch ohne Marktanteilsgewinne versprechen die nächsten Jahre mehr Wachstum. Suse geht davon aus, dass der adressierte Markt bis 2024 jährlich um 24% auf 19 Mrd. Dollar zulegt. Allerdings ist Suse auch auf mehr Geschäft mit bestehenden Kunden angewiesen. Das Unternehmen hat in einigen Branchen bereits eine dominante Position erreicht. So zählen neun der zehn weltgrößten Einzelhändler ebenso zu den Kunden wie die fünf größten Technologiekonzerne.
Dabei kann Suse auf eine extrem hohe Rate wiederkehrender Erlöse aufbauen. Etwa 98% vom Umsatz stammten im vergangenen Jahr aus Subskriptionsverträgen mit langjährigen Kunden. Die durchschnittliche Vertragsdauer betrage 19 Monate.
Technisch wird der Börsengang möglich, indem zunächst das Investmentvehikel Marcel Lux IV noch vor dem Going Public in die Suse S.A. umgewandelt wird. EQT bleibt dabei über ein Investmentvehikel (Marcel Lux III) indirekt Eigentümer und Hauptaktionär. Bank of America und Morgan Stanley sind Joint Global Coordinators und Joint Bookrunners, während die Deutsche Bank, Goldman Sachs, Jefferies und J.P. Morgan die Transaktion als Joint Bookrunners unterstützen.