Luftfracht steigt weiter
wü Paris – Die internationale Luftverkehrsbranche kann nach Angaben des Verbandes der Fluggesellschaften IATA (International Air Transport Association) auf ein Jahrzehnt in den schwarzen Zahlen hoffen. Dennoch hat sich das Wachstum der Luftfracht 2018 im Vergleich zum Vorjahr wieder abgeschwächt, stärker als im Passagierbereich. Dieser Trend dürfte sich auch im nächsten Jahr fortsetzen. “Luftfracht wird wachsen, aber langsamer”, sagt IATA-Chefökonom Brian Pearce. Er geht davon aus, dass der Frachtverkehr 2018 um 4,1% steigen wird und 2019 dann um 3,7 %. Zum Vergleich: Im vergangenen Jahr hatte der Bereich Luftfracht ein Rekordjahr verbucht und 9,7 % zugelegt. Problem HandelskriegeDer Umsatz des Bereichs wird jedoch weiter steigen. Von 95,9 Mrd. Dollar auf 109,8 Mrd. Dollar in diesem Jahr und 116,1 Mrd. Dollar im nächsten Jahr. Das liegt daran, dass die Kosten weniger stark zunehmen als die Nachfrage. Die Cargo-Renditen dürften 2019 aber mit einem Plus von 2 % deutlich niedriger ausfallen als das außergewöhnlich hohe Renditewachstum von 10 %, das die IATA für die Luftfracht in diesem Jahr erwartet. Das Luftfrachtvolumen wiederum dürfte sich 2018 von 61,5 Mill. Tonnen auf 63,7 Mill. Tonnen erhöhen und 2019 dann auf 65,9 Mill. Tonnen.Sollte der Brexit tatsächlich kommen, wird er das Luftfrachtgeschäft zwar beeinträchtigen, meint IATA-Chefökonom Pearce. “Aber er wird das Wachstum nicht stoppen.” Beeinträchtigungen erwartet er vor allem deshalb, weil ein harter Brexit ohne Abkommen auf das Vertrauen drückt, sich auf die Wechselkurse auswirkt und die britische Wirtschaft belasten dürfte. Pearce äußerte sich bei einer IATA-Veranstaltung zum Thema Luftfracht in Genf jedoch besorgter über drohende Handelskriege und die allgemeine Zunahme von protektionistischen Maßnahmen. “Die Globalisierung war ein wichtiger Wachstumsmotor für die Luftfracht, doch nun pausiert sie”, sagte er. Als Branche müsse die Luftfahrtindustrie nun versuchen, gegen die Zunahme von Handelskonflikten anzugehen.In den letzten fünf Jahren hat sich der Bereich Luftfracht nach Angaben von Pearce besser entwickelt als der weltweite Handel insgesamt. Er hat dabei auch die anderen Transportarten im Güterverkehr überflügelt und ihnen gegenüber Marktanteile gewonnen. Zu verdanken habe die Luftfracht das zum einen dem Bedürfnis von Unternehmen, ihre Lagerbestände aufzufüllen, um die steigende Nachfrage befriedigen zu können. Dazu komme der Internethandel, der ebenfalls als Wachstumsmotor für die Luftfracht wirkt – vor allem auf den heimischen Märkten, so der IATA-Chefökonom.Da die Lagerbestände 2017 zufriedenstellend aufgefüllt wurden, hat sich das Wachstum der Luftfracht wieder abgeschwächt. Es besteht inzwischen weniger Dringlichkeit, so dass sich Spediteure wieder langsameren Transportarten zuwenden. Das wirkte sich jedoch in diesem Jahr in den verschiedenen Märkten unterschiedlich aus. So verbuchte die Branche in Südamerika ein sehr starkes Wachstum. Das hat sie zum Teil der Erholung der brasilianischen Wirtschaft zu verdanken. Dagegen gaben einige afrikanische Märkte nach. Grund dafür seien jedoch vor allem Anpassungen nach einem sehr starken Wachstum im Vorjahr, meint die IATA.Afrika dient ihren Angaben zufolge als eine Art Spielwiese, um die Lieferung von Waren durch Drohnen zu erproben. Vor allem ostafrikanische Länder hätten dabei eine Vorreiterrolle übernommen, sagt Cargo-Spezialistin Céline Hourcade. Sie ist überzeugt, dass Drohnen die Rentabilität von Luftfracht-Airlines unterstützen werden. Denn sie ermöglichen es ihnen, neue Geschäftsfelder, neue Routen und neue Kunden zu erobern. “Schlüssel zur Profitabilität”Luftfracht mache zwar nur 13 % des Umsatzes der Airlines aus, sagt IATA-Chef Alexandre de Juniac. “Aber für viele Fluggesellschaften ist sie der Schlüssel zu Profitabilität.” Die IATA versucht, den Bereich dazu zu bewegen, sich zu modernisieren und sich stärker zu digitalisieren. Sie will die Fluggesellschaften auch bei dem Wandel der Nutzung von Flugzeugen für die Luftfracht begleiten. Denn viele Airlines wenden sich inzwischen von reinen Frachtmaschinen ab und setzen stattdessen auf den Transport der Fracht in den Bäuchen von Passagiermaschinen, den sogenannten “bellies”.