Managergehälter im Fadenkreuz

Neuer Vorschlag für Vorstandsvergütung im Governance-Kodex sorgt für Diskussionen - Aktieninvestment auch für Aufsichtsräte?

Managergehälter im Fadenkreuz

Mit neuen Empfehlungen im Governance-Kodex für die Vorstandsvergütung ist die Diskussion über die Gestaltung von Gehaltsanreizen für Manager neu entbrannt. Auch beim Thema Aufsichtsratsentlohnung gibt es Meinungsverschiedenheiten, wie auf einer Veranstaltung an der Goethe-Universität in Frankfurt deutlich wurde. swa Frankfurt – Die Bezahlung von Vorständen ist eines der Governance-Themen, das in der Öffentlichkeit die meiste Aufmerksamkeit erregt. Aber auch bei Aufsichtsräten und Investoren sowie in der Wissenschaft läuft die Diskussion weiter. Neu angefacht wird die Debatte gerade durch den jüngst veröffentlichten Entwurf eines reformierten Governance-Kodex, der vorschlägt, die langfristig variable Vergütung für Vorstände ausschließlich in Aktien mit Haltefrist zu gewähren.Der Vorsitzende der Kodex-Kommission Rolf Nonnenmacher warb auf einem Experten-Panel zur Vorstands- und Aufsichtsratsvergütung an der Goethe-Universität Frankfurt für die neuen Vorgaben im Regelwerk für gute Unternehmensführung. Die Governance-Kommission habe sich beim Thema Vorstandsvergütung davon leiten lassen, dass die Bezahlung der Manager gesellschaftliche Akzeptanz findet sowie transparent und verständlich ist. Da künftig gesetzlich regelmäßig ein Beschluss der Hauptversammlung über die Vergütung verlangt wird, müsse eine fachlich sinnvolle Diskussion über das Thema möglich sein, sagte Nonnenmacher auf der Veranstaltung, die durchgeführt wurde von der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC und dem Lehrstuhl von Hans-Joachim Böcking, Professur für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Wirtschaftsprüfung und Corporate Governance.Nonnenmacher relativierte die Bedeutung der Managersaläre für die Performance eines Konzerns: “An der Vorstandsvergütung und der Unabhängigkeit im Aufsichtsrat entscheidet sich nicht, ob ein Unternehmen gut geführt ist oder nicht.” Es müsse jedoch Systeme geben, aus denen die Vergütungshöhe nachvollziehbar werde, um von bislang manchmal “schicksalhaften Entwicklungen” wegzukommen. Lernfähige UnternehmenIngo Speich, Portfoliomanager bei Union Investment, bescheinigt den Unternehmen Lernfähigkeit, nachdem in der Saison 2017 in einigen Hauptversammlungen deutlicher Widerstand gegen die Vorstandsvergütung sichtbar wurde. “Es gibt ein paar schwarze Schafe, aber noch keine Herde”, meint der Fondsvertreter. Er warnt jedoch davor, dass die Gehälter nach der guten Konjunkturentwicklung in den vergangenen Jahren nun auf hohem Niveau zementiert würden. Bei ganz großen Gesellschaften habe sich in Aufsichtsräten eine Schmerzgrenze von 10 Mill. Euro eingezogen, “was ich ganz gut finde”, sagt Speich. Doch man müsse die absolute Höhe der Vorstandsvergütung im Blick behalten, weil es international weiter nach oben gehe und dies hierzulande abfärben könnte.Der Schweizer PwC-Partner Remo Schmid stellte zur Diskussion, ob ein Einjahresbonus noch zeitgemäß ist: “Muss ein Manager über Ziele geführt werden, oder habe ich den falschen CEO, wenn er es sonst nicht macht?” Jürgen Fitschen, ehemals Co-Chef der Deutschen Bank, wo der Vorstand zuletzt keinen Bonus erhielt, verwies auf England, wo die ersten Unternehmen zu reinen Festgehältern übergegangen seien. Dort hätten die Beteiligten “die Nase voll, weil die Systeme, so schön sie waren, immer wieder zu Diskussionen geführt haben” und Gehälter gezahlt wurden, die man nicht wollte. Fitschen, der in mehreren Aufsichtsräten sitzt und Vorsitzender des Gremiums bei Vonovia ist, geht davon aus, dass Aufsichtsräte künftig den Investoren genau erklären müssen, welche individuellen Ziele sie in der Vergütung gesetzt haben und wie das am Jahresende bewertet wurde.Unterschiedlich äußert sich der Expertenkreis zur Frage, ob die Abstimmung auf der Hauptversammlung über die Vorstandsvergütung verbindlich sein sollte. Der deutsche Gesetzgeber hat im Referentenentwurf zur Umsetzung der Aktionärsrechterichtlinie ein unverbindliches Say on Pay vorgesehen. PwC-Partnerin Petra Raspels meint, das Endergebnis sei in beiden Varianten vergleichbar, eine Ablehnung baue in jedem Fall Druck im Aufsichtsrat auf. Speich wies darauf hin, dass es de jure schon einen Unterschied gibt und ein bindendes Votum aus Investorensicht sinnvoll sei.Weitgehend Einigkeit bestand in der Einschätzung, dass Aufsichtsräte höher vergütet werden müssen. Für Nonnenmacher sind Aufsichtsratsvorsitzende “heftig unterbezahlt”. Richtschnur könnten 10 % des CEO-Einkommens sein. Böcking rechnet nach Beraterhonoraren mit 80 Tagen à 5 000 Euro und hält 400 000 Euro für adäquat – das ist der Durchschnitt in der Vergütung der Gremienvorsitzenden im Dax 30. Mit Kopfschütteln wurde der aktuelle Fall Thyssenkrupp quittiert, wo Daimler-Finanzchef Bodo Uebber als möglicher Aufsichtsratschef abblitzte, weil die Arbeitnehmervertreter offenbar die Verdopplung des Salärs auf 400 000 Euro nicht akzeptieren wollten. In diesem Umfeld werden die Unternehmen keine Aufsichtsräte mehr finden, mahnt Nonnenmacher.Weniger Einvernehmen zeigt sich in der Frage, ob Aufsichtsräte auch in Aktien bezahlt werden sollen. Böcking hält es für angeraten, ein Fünftel der Festvergütung in Aktien zu investieren, die fünf oder zehn Jahre zu halten sind. Das fördere langfristige Entscheidungen und stelle einen Bezug des Aufsichtsrats zu den Aktionären her. Fitschen plädiert dafür, unabhängig vom Aktienkurs zu bezahlen, denn Aufsichtsräte hätten die Aufgabe, zu kontrollieren und Coach zu sein. Der Aufsichtsrat sei nicht für die operative Performance verantwortlich. Speich hält es für sinnvoll, die Vergütung innerhalb des Gremiums viel stärker zu spreizen – bis hin zu einer individualisierten Bezahlung im Aufsichtsrat.