Maschinenbau forciert Erholung
sck München
Nach dem Krisenjahr 2020 gewinnt die Erholung der deutschen Maschinen- und Anlagenbauindustrie zwar an Schwung, Lieferengpässe in der Beschaffung drücken allerdings aufgrund steigender Einkaufspreise spürbar auf die Rendite. Branchencheflobbyist Karl Haeusgen zeichnet daher ein gemischtes Bild über die Lage der Branche nach dem Coronaschock im Jahr 2020.
Im Gespräch mit dem Münchner Club Wirtschaftspresse erhöhte der Präsident des Verbandes Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) seine Erwartung für den Produktionszuwachs der Branche im laufenden Jahr. Die Fertigung werde sich um 10% auf einen Wert von 221 Mrd. Euro erhöhen, sagte er nach Angaben von Reuters. Im vergangenen Jahr sackte diese aufgrund von Covid-19 um 12% ab.
Erst vor zwei Monaten hatte Haeusgen anlässlich der Hannover Messe Digital Edition seinen Ausblick um 3 Punkte auf 7% angehoben (vgl. BZ vom 12. April). Seinerzeit begründete er diesen Schritt mit den guten Aussichten in China, in anderen asiatischen Ländern sowie in den USA. Nun bekräftigte er, dass der stärkste Wachstumstreiber die Volksrepublik sei. „Das ist im Wesentlichen durch den chinesischen Markt getrieben“, sagte Haeusgen. Die Branche, die als Aushängeschild der Industrie in Deutschland gilt, profitiere deutlich von den Konjunktur- und Wachstumsprogrammen dort und in anderen wichtigen Ländern. „Aber der Auftragseingang steht inzwischen auf einer breiteren Basis.“ Auch die Bestellungen aus Deutschland und Italien zögen an.
Knappheit dauert an
Von Januar bis April legte die Fertigung im Maschinen- und Anlagenbau um 6% zu (vgl. BZ vom 3. Juni). Der Auftragseingang war zwischen Februar und April um gut ein Drittel höher als in dem von der Coronakrise überschatteten Jahr 2020.
Die stark anziehende Nachfrage und die in der Krise gedrosselten Kapazitäten vieler Zulieferer führen aber zu Lieferengpässen – von Zement bis zum Holz für die Verpackung der Anlagen. „Die erstaunlichsten Dinge gehen aus“, sagte dazu der VDMA-Chef. Die Engpässe dürften mindestens bis zum Jahresende andauern. Die Folge dieser Knappheit sind hohe Kostensteigerungen im Einkauf. Das drücke deutlich auf die Umsatzrenditen, so Haeusgen. „Da geht es nicht nur um 1 bis 2%.“
Trotz dieser beschleunigten Erholung wird die Branche in diesem Jahr seinen Worten zufolge noch nicht das Niveau vor Ausbruch der Corona-Pandemie, also im Jahr 2019, erreichen. Die meisten Maschinenbauer rechneten damit erst im kommenden Jahr. Der VDMA rechnet für 2021 in der Branche mit einem Umsatzplus von 10% auf 224 Mrd. Euro.
Im vorigen Jahr brachen die Erlöse um 11% auf 204 Mrd. Euro ein. Haeusgen bezifferte die durchschnittliche Kapazitätsauslastung auf 86,3%. Damit liege die Branche inzwischen leicht über dem langjährigen Mittel. Im vergangenen Jahr bauten die deutschen Maschinen- und Anlagenbauer infolge der Krise ihre Kapazitäten ab. 40000 Stellen fielen weg. In der Spitze seien 360000 Mitarbeiter in Kurzarbeit gewesen, zurzeit seien es weniger als 100000, so der VDMA-Chef. Jetzt planten die Unternehmen einen geringfügigen Aufbau. Die Branche beschäftigt derzeit etwas über 1 Million Personen.
Haeusgen war im Oktober – mitten in der Pandemie – an die Spitze der deutschen Maschinenbauer gerückt. Der Familienunternehmer aus Bayern löste in dieser Funktion Carl Martin Welcker ab.