Ukraine-Krise

Maschinenbau wird die Folgen spüren

Deutschlands Maschinenbauer haben sich seit 2014 ein Stück weit von Russland entflochten. Dennoch steht die Branche heute für den größten Anteil an allen industriellen Exporten in das Land. Gleiches gilt für die Ukraine.

Maschinenbau wird die Folgen spüren

kro Frankfurt

Der deutsche Maschinen- und Anlagenbau könnte die Folgen des russischen Angriffs auf die Ukraine sowie die von den USA und der EU beschlossenen Sanktionen gegen Russland künftig stärker zu spüren bekommen als andere Branchen. Grundsätzlich hat die hiesige Schlüsselindustrie wie auch andere Zweige aus dem fertigenden Gewerbe ihre Abhängigkeit von dem Land seit der Krim-Annexion im Jahr 2014 zwar merklich reduziert: Wurden im Jahr 2012 nach Angaben des Branchenverbands VDMA noch Maschinen im Wert von fast 8 Mrd. Euro nach Russland ausgeliefert, belief sich das Volumen im vergangenen Jahr noch auf etwa 5,5 Mrd. Euro. „Vor 2014 gab es schon einige Unternehmen, die einen hohen oder vielleicht auch zu hohen prozentualen Anteil am Russland-Geschäft hatten“, sagte VDMA-Russland-Expertin Monika Hollacher der Börsen-Zeitung. „Viele dürften sich seitdem aber damit beschäftigt haben, dieses Risiko aus dem Portfolio zu nehmen.“

Und dennoch: Mit ihren Exporten in das Land sowie in die Ukraine haben die Maschinenbauer im vergangenen Jahr den mit Abstand größten Anteil an allen deutschen Industrieausfuhren ausgemacht (siehe Grafik). „Es sind durchaus große Exportmärkte für den deutschen Maschinenbau, die beide wieder über dem Niveau von vor der Pandemie liegen“, erklärt Hollacher. Be­sonders betroffen seien etwa Hersteller von Landtechnik, die im vergangenen Jahr sowohl bei den Ausfuhren nach Russland (10 %) als auch bei denen in die Ukraine (34 %) den größten Anteil an den Gesamtexporten hatten. „Osteuropa ist ein besonders wichtiger Zielmarkt für die Branche, da dort vermehrt noch veraltete Maschinen eingesetzt werden und der Ertrag pro Hektar dementsprechend hinter dem westeuropäischen Niveau zurückbleibt“, erklärt Wirtschaftswissenschaftler Claus Niegsch von der DZ Bank in einer Studie.

Hersteller von Baumaschinen, Antriebstechnik und Maschinen zur Lebensmittelverarbeitung und -verpackung gehören ebenfalls zu den Vertretern im deutschen Anlagenbau, die einen vergleichsweise hohen Anteil am Gesamtexportvolumen in die beiden Länder aufweisen. Zu Letzteren zählt etwa der Düsseldorfer MDax-Konzern Gea, der sich im Kerngeschäft neben der Pharmaindustrie vor allem auf die Lebensmittelindustrie konzentriert und der in den beiden Ländern zuletzt rund 4 % vom Umsatz erzielte. Man habe bereits Maßnahmen umgesetzt, um die Mitarbeitenden (weniger als 60 in der Ukraine und über 500 in Russland) so gut es geht zu schützen, ließ das Unternehmen auf Anfrage mitteilen. Es sei aber derzeit noch zu früh abzuschätzen, welche konkreten Auswirkungen die verhängten Sanktionen haben werden.

Ähnlich unklar sind die Folgen für den Bergwerksausrüster SMT Scharf, für den Russland im Vergleich zu anderen Maschinenbauern als Markt von besonders hoher Bedeutung ist. Mit seinen Einschienenhängebahnen, Radladern und Trucks hat der Mittelständler aus Hamm im Ge­schäftsjahr 2020 in dem Land ganze 30 % vom Konzernumsatz erzielt. „In der Vergangenheit standen Produkte der SMT Scharf Gruppe, auch wenn allgemeine Sanktionen gegen Russland verhängt wurden, bislang nicht auf den Sanktionslisten“, er­klärte das Unternehmen. Ansonsten werde man die Entwicklungen intensiv beobachten und seine Strategie fortlaufend auf die sich verändernde Situation hin überprüfen.

Dass die Antwort des Westens auf die russische Invasion in die Ukraine in einem bislang nicht abzuschätzenden Umfang Folgen für den deutschen Maschinen- und Anlagenbau haben wird, ist für den VDMA keine Frage. Man unterstütze dennoch die Entscheidung, „die Aggression hart zu sanktionieren“, sagte Präsident Karl Haeusgen. „Der VDMA und seine Mitglieder sind fassungslos, dass Russland in Europa einen Krieg begonnen hat.“