M&A

Megafusion in der Videospiel­branche

Microsoft will den US-Spieleentwickler Activision Blizzard übernehmen. Es wäre der größte Zukauf, den der Konzern aus Richmond bisher getätigt hat.

Megafusion in der Videospiel­branche

cru Frankfurt

Microsoft steht vor einer milliardenschweren Mega-Übernahme. Der Konzern bietet 95 Dollar in bar je Aktie des legendären US-Spieleentwicklers Activision Blizzard, was einem Aufschlag von 45% auf den Schlusskurs vom Freitag entspricht. Im Übernahmewert von insgesamt 68,7 Mrd. Dollar sind auch Activisions Nettobarmittel enthalten. Es handelt sich um die weltweit größte in bar finanzierte Übernahme seit Beginn der Coronavirus-Pandemie. Laut den von Bloomberg zusammengestellten Daten hat es seit der Übernahme des Chemieunternehmens Sabic durch den Energieriesen Saudi Aramco im Jahr 2019 keine so große Barübernahme mehr gegeben. Insgesamt ist das M&A-Volumen 2022 bis dato um 41% auf 218 Mrd. Dollar gegenüber dem Vorjahreszeitraum gestiegen.

Noch hegen Investoren offenbar Zweifel am Activision-Deal. Der Kurs des Anbieters von Videospielen wie „Call of Duty“, „Guitar Hero“ oder „Candy Crush“ stieg am Dienstag an der Wall Street im Handelsverlauf „nur“ um 33% auf ein Sechsmonatshoch von 86,90 Dollar. Microsoft gaben zeitweise um 2% nach.

Der Kauf von Activision wäre die größte Übernahme, die Microsoft je getätigt hat, und übertrifft damit die 2016 angekündigte Akquisition des professionellen sozialen Netzwerks Linkedin für 26 Mrd. Dollar. Darüber hinaus würde der Deal einen großen Teil des Bargeldbestands von Microsoft aufzehren, der sich laut Bloomberg-Daten Ende September auf 131 Mrd. Dollar belief. Die Transaktion soll laut Microsoft-CEO Satya Nadella die Fähigkeiten des Konzerns im „Metaversum“ erweitern, einer aufkommenden digitalen Parallelwelt, die als das nächste große Ding im Computerbereich angesehen wird. Microsoft rechnet mit einem Abschluss des Deals nach Kartellfreigabe bis Ende nächsten Geschäftsjahres, das bis Mitte 2023 läuft.

CEO Kotick wird wohl gehen

Activision-Chef Bobby Kotick werde nur noch bis zum Abschluss des Deals in dieser Funktion tätig sein, sagte eine mit der Angelegenheit vertraute Person Bloomberg. Es sei unklar, welche Position – wenn überhaupt – er danach einnehmen wird. Sobald die Transaktion abgeschlossen ist, werde der Geschäftsbereich von Activision Blizzard an Phil Spencer berichten, der im Zuge der Transaktion zum CEO von Microsoft Gaming befördert wurde.

Microsoft gehört zu den Plattformanbietern, die versuchen, Spiele-Streaming im Markt zu etablieren. Die Spiele laufen dabei technisch nicht auf den Geräten der Nutzer, sondern auf Servern im Netz. Das Modell bietet die Aussicht auf fortlaufende Abo-Einnahmen statt des einmaligen Verkaufs einer Konsole. Die beliebten Activision-Spieletitel sollen Microsoft zudem helfen, das eigene Angebot für die Xbox-Konsole zu erweitern und besser mit der Playstation des Rivalen Sony zu konkurrieren. Das wichtigste Activision-Spiel „Call of Duty“ wurde durch Mi­crosofts Online-Plattform Xbox Live erfolgreich, die es Spielern ermöglicht, sich für Matches zu verbinden. Die meisten Activision-Spiele werden auf Xbox-Konsolen veröffentlicht. Der Deal werde „das Wachstum von Microsofts Gaming-Geschäft in Mobile, PC, Konsole und Cloud beschleunigen und Bausteine für das Metaverse liefern“, hieß es.

Activision ist seit Monaten inmitten mehrerer Klagen wegen angeblicher Geschlechterdiskriminierung umstritten. Im Zuge von Ermittlungen wurden 37 Mitarbeiter entlassen. 44 erhielten eine schriftliche Verwarnung. Kotick, der Activision drei Jahrzehnte lang geleitet hat, wurde von seinen Mitarbeitern unter Druck gesetzt, zurückzutreten. Im November verschob Activision zwei ihrer am meisten erwarteten Spiele und gab eine schwache Umsatzprognose für das vierte Quartal ab.