Möbelkette XXXLutz stärkt den Online-Verkauf
hek Frankfurt
– Die Übernahme des Online-Möbelhändlers Home24 hat der Aktie des Konkurrenten Westwing kräftigen Auftrieb gegeben. Die Notierung des auf Home&Living-E-Commerce spezialisierten Unternehmens legte am Donnerstag im Handelsverlauf 20% zu. Im Windschatten profitierten auch die Aktien weiterer Online-Händler wie About You, Global Fashion. Fashionette, Bike24 und Mister Spex. Die Baader Bank hält eine Konsolidierungswelle im Online-Handelssektor für denkbar.
Die Möbelkette XXXLutz hatte am Mittwochabend über die geplante Akquisition von Home24 informiert (vgl. BZ vom 6. Oktober). Mit dem Zukauf stärkt die österreichische Unternehmensgruppe, die sich zu den drei größten Möbelhändlern weltweit zählt, den Online-Vertrieb. Ende vergangenen Jahres war XXXLutz bei der Suchmaschine moebel.de eingestiegen.
Mit ihrer starken Marke und führenden Position im Online-Möbelmarkt sei Home24 eine „ideale Ergänzung“. Der Ikea-Konkurrent kündigt an, die Wachstumsstrategie der neuen Tochter strategisch und finanziell zu unterstützen und die Marktposition von Home24 zu stärken. Er baut mit der Übernahme seine Einkaufsmacht aus.
Für die Investmentbank Jefferies ist der Zukauf wenig überraschend. Dass Unternehmen zusammengehen, sei angesichts der schwierigen Marktverhältnisse verständlich. Die Privatbank Berenberg sieht in der Übernahme viel Positives für Home24. Das Unternehmen strebe nach Stabilität und Sicherheit und lasse sich auf den Deal ein, um seine Marktposition auszubauen. Alsterresearch hält ein höheres Gegenangebot oder einen Bieterwettstreit und damit einen höheren Angebotspreis für unwahrscheinlich, da XXXLutz sich bereits 60% gesichert hat.
Als M&A-Berater unterstützen Macquarie Capital und Unicredit den Erwerber bei seinem Deal. Kirkland &Ellis ist als Rechtsberater an Bord. Home24 setzt auf den juristischen Rat von Sullivan Cromwell.
Heftige Kursausschläge
Home24 wurde 2009 gegründet und 2018 vom Start-up-Finanzierer Rocket Internet zu 23 Euro je Aktie an den Aktienmarkt geführt. Die relativ kurze Börsengeschichte ist von heftigen Kursausschlägen geprägt. Zunächst blieb das Unternehmen hinter den Erwartungen zurück, so dass die Aktie bis unter 3 Euro abstürzte. Für Rückenwind sorgte dann die Corona-Pandemie, als die Angst vor Ansteckung zu einem Boom des Online-Handels führte, stationäre Geschäfte wochenlang geschlossen blieben und der Rückzug in die eigenen vier Wände bei vielen Menschen den Wunsch nährte, die Wohnung zu verschönern. Die Aktie erholte sich bis gut 25 Euro, um anschließend wieder bis auf ein Tief von 2,53 Euro abzusacken.
Derzeit macht dem Online-Händler die Konsumflaute zu schaffen. Verbraucher stellen Anschaffungen zurück, weil die Energiepreissprünge an der Kaufkraft zehren und eine Rezession bevorsteht. Im dritten Quartal 2022 sind die Online-Verkäufe von Einrichtungsgegenständen branchenweit um nominal 11,6% im Vergleich zur Vorjahreszeit geschrumpft.
XXXLutz wurde 1945 von Gertrude Seifert (geborene Lutz) gegründet. Der Produktionsbetrieb und Vertrieb für Handwerkskunst entwickelte sich zu einem Möbelhändler, der durch Neueröffnungen und Übernahmen stark expandierte. So erwarb XXXLutz im Jahr 2020 über ihre Tochter But die französischen Filialen der Möbelhandelskette Conforama, der Nummer 2 in Frankreich. Die Gruppe betreibt 370 Einrichtungshäuser in 13 europäischen Ländern und erwirtschaftet einen Jahresumsatz von 5,34 Mrd. Euro. Home24 kam im vergangenen Jahr auf Erlöse von 615,5 Mill. Euro.
Übernahmekandidaten
Aus Sicht der Baader Bank gibt es mehrere Unternehmen, für die ähnliche Schritte wie bei Home24 naheliegend sind. Der Prozess der Konsolidierung scheine schneller zu beginnen als gedacht, meint der Analyst Volker Bosse. Ein Übernahmekandidat sei demnach der Online-Möbelhändler Westwing, der als Konkurrent von Home24 gilt. Zudem führt der Analyst die Online-Modehändler About You und Global Fashion Group sowie den Elektronikhändler Ceconomy und das Ferienwohnungen-Portal Home To Go als potenzielle Übernahmeziele auf.
Jüngst hatte Bosse in einer Studie bereits in diese Richtung gehende Andeutungen gemacht mit der Aussage: „Wenn das derzeit gedämpfte Marktumfeld noch eine Weile anhält, erwarten wir einen Konsolidierungsprozess bei Handelswerten.“ Auch Insolvenzen könnten in der Branche nicht ausgeschlossen werden, insbesondere unter unrentablen Unternehmen mit negativem freiem Barmittelfluss, die unter Refinanzierungsdruck geraten könnten.