Lieferengpässe

Neuer Sorgen­punkt für E-Auto-Bauer in China

Kommt der Traum vom anspruchsvollen, aber er­schwinglichen Elektroauto für den chinesischen Massenverbraucher ins Schleudern? Unschöne Entwicklungen der Rohstoffpreise deuten da­raufhin. Nach dem letztjährigen chinesischen Absatzboom bei...

Neuer Sorgen­punkt für E-Auto-Bauer in China

nh Schanghai

Kommt der Traum vom anspruchsvollen, aber er­schwinglichen Elektroauto für den chinesischen Massenverbraucher ins Schleudern? Unschöne Entwicklungen der Rohstoffpreise deuten da­raufhin. Nach dem letztjährigen chinesischen Absatzboom bei Batteriefahrzeugen rechnete man in der Branche fest damit, für 2022 noch einen draufsetzen zu können. Nun aber sieht man sich mit Entwicklungen konfrontiert, die den Optimismus zur Absatzdynamik im mit Abstand weltgrößten Ländermarkt für Elektroautos herunterkühlen.

Während man bislang davon ausging, dass sich die Lieferengpässe bei Chipelementen für die Autoindustrie ab Frühjahr dieses Jahres sukzessive bessern würden, muss man im Zuge des Ukraine-Krieges nun mit neuen Herausforderungen für das globale Lieferkettenmanagement rechnen. Autobauer, die nur mit Batteriefahrzeugen unterwegs sind, hätten den vom Ukraine-Konflikt losgetretenen Öl- und Benzinpreisschüben sicherlich etwas Positives abgewinnen können, wenn es da nicht eine noch viel schärfere Hausse bei dem derzeit für Batterien mit hoher Reichweite un­verzichtbaren Alkalimetall Lithium geben würde.

Bereits im Januar haben die Lithiumpreise an den Futures-Märkten unter anderem wegen der stark steigenden Nachfrage führender chinesischer Batterieproduzenten an­zuziehen begonnen, mit dem Schockfaktor Ukraine-Krieg und drastischen Sanktionen gegenüber Russland ist es dann im März zu einer explosions­artigen Hausse gekommen, die den Preis für die Tonne batteriefähiges Lithium-Material in schwindelerregende Höhen gebracht hat (siehe Chart).

Die Preisfrage ist nun, wie rasch die weltmarktführenden chinesischen Batteriehersteller auf die drastische Inputverteuerung reagieren und dies an ihre Abnehmer aus der Autobranche weitergeben werden. Diese wiederum kommen gar nicht umhin, verteuerte Batterieaggregate auf die Fahrzeugpreise abzuwälzen. Schließlich ist das Batteriemodul der mit Ab­stand größte Kostenpunkt bei der E-Auto-Produktion.

Die wichtigsten Anbieter von in China produzierten Elektrofahrzeugen haben denn auch zügig gehandelt. Der gegenwärtige Marktführer BYD hat die Preise seiner insgesamt 18 Modelle seit Februarbeginn in zwei Schritten in einem Band zwischen 2000 und 14000 Yuan (2000 Euro) erhöht. Dabei geht es um Autos in einer Preisklasse bis umgerechnet 45000 Euro, die sich im Durchschnitt um 5% verteuert haben.

Tesla hat noch kräftiger zugelangt und die Preise für die Basisversion des in China produzierten Model Y um 15000 Yuan oder knapp 8% angehoben. Die chinesischen Tesla-Konkurrenten im Premiumsegment, Xpeng und WM Motor, haben ihre Modelle um 10000 bis 260000 Yuan verteuert. Bei Nio und Li Auto stimmt man zwar Klagelieder über die „verrückten“ Erzeugerpreise an, verspricht aber dennoch, die Kostenschübe zunächst nicht an die Endkunden weiterzugeben.

Angesichts noch sehr vager Erfahrungen mit der Preiselastizität im chinesischen E-Auto-Markt wird man nun mit Spannung beobachten dürfen, wie der chinesische Mittelklasseverbraucher mit der Preissituation umgeht und ob diese die Grundsatzentscheidung für einen Stromer oder Verbrenner wesentlich beeinflusst. In jedem Fall aber läuft die Entwicklung der bisherigen Masche von Tesla China zuwider, durch sukzessive Preisnachlässe beim Model 3 und Model Y eine breitere Massenklientel ins Premiumsegment zu locken.