Nordex verschreckt Anleger mit Gewinnwarnung
lis Frankfurt
Unsicherheiten wegen des Ukraine-Krieges und Probleme mit den Lieferketten sorgen beim Windkraftanlagen-Hersteller Nordex für schwindende Zuversicht. Daher wurden nun die Jahresziele nach unten angepasst. 2022 können im besten Fall operativ noch schwarze Zahlen erreicht werden. Eher rechnet das Unternehmen mit einem operativen Verlust. „Wir müssen davon ausgehen, dass uns einige dieser Effekte bis in das kommende Jahr begleiten werden“, teilte Nordex mit.
An der Börse reagierten die Anleger verschreckt: Die Nordex-Papiere brachen am Mittwoch in der Spitze um mehr als 20% auf 9,83 Euro ein. Am Donnerstag konnte das Papier mit einem Plus von 2% auf 10,62 Euro nur einen kleinen Teil des Verlustes wieder wettmachen.
Für die Marge auf das operative Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) geht Nordex nun nicht mehr von 1 bis 3,5% aus, sondern nur noch von −4 bis 0%. Auch für den Umsatz korrigierte der Vorstand die Schätzungen: Statt 5,4 bis 6,0 Mrd. Euro werden wohl nur 5,2 bis 5,7 Mrd. Euro zusammenkommen. Im vergangenen Jahr hatte Nordex aus Erlösen von 5,4 Mrd. Euro ein operatives Ergebnis von 52,7 Mill. gezogen, das entsprach einer operativen Marge von 1%.
Nordex und viele Wettbewerber leiden seit längerem unter den angespannten Lieferketten als Folge der Pandemie sowie unter stark gestiegenen Kosten für Rohstoffe und Energie. Nordex ist dabei vor allem von den hohen Stahlpreisen betroffen, wie CEO José Luis Blanco Ende März im Interview mit dpa-afx sagte. Als er vor fünf Jahren den Posten antrat, war der Plan noch, 2022 eine operative Gewinnmarge von 8% zu erreichen. Mittlerweile wird das von dem Unternehmen nur noch als „strategisches Mittelfristziel“ bezeichnet.
In der neuen Prognose schlüsselt Nordex die Belastungsfaktoren weiter auf. Die volatile Situation und die Lieferkettenstörungen, insbesondere bei Transporten über den Seeweg, belasteten laufende Projekte erheblich, heißt es. Die Rede ist von erheblichen Engpässen bei Stahl und anderen kritischen Komponenten. Nordex erwartet, dass diese Faktoren die operative Marge mit 2 bis 2,5 Prozentpunkten belasten werden. Außerdem rechnet das Unternehmen als direkte Auswirkung des Ukraine-Krieges mit einem Umsatzverlust von rund 200 Mill. Euro. Ferner sei mit weiteren Abschreibungen zu rechnen als Folge gestoppter oder nicht mehr durchgeführter Projekte. Die unmittelbaren Auswirkungen hieraus könnten sich auf bis zu 1 Prozentpunkt der operativen Marge belaufen.
Den Einfluss der umgestellten Produktionsstätten auf die Gewinnmarge beziffert Nordex auf bis zu 1,5 Prozentpunkte. Das Unternehmen will unter anderem die Rotorblattfertigung in Rostock einstellen. Weiterhin dürften die Lockdowns in China die Lieferketten belasten, und auch der Cybervorfall vom 31. März (vgl. BZ vom 12. April) schlägt sich nieder. Der Vorstand erwartet, dass sich diese Faktoren mit bis zu 1 Prozentpunkt negativ auswirken.
Hinsichtlich des Hackerangriffs gibt es laut Nordex keine Anzeichen dafür, dass Windparks und Systeme Dritter betroffen sind. Dennoch habe die IT-Infrastruktur neu hergestellt werden müssen. Daraus resultieren Verzögerungen und Kosten für Nordex. Der Cybervorfall hatte bereits zur Folge, dass Nordex die Vorstellung der Zahlen zum ersten Quartal verschieben musste. Der Quartalsbericht soll nun am 20. Juni veröffentlicht werden.