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Ölriese Adnoc schluckt Kunststoffkonzern Covestro

Adnoc schluckt Covestro. Mit insgesamt fast 16 Mrd. Euro Volumen handelt es sich um die bislang größte Transaktion in Europa in diesem Jahr. Es ist zudem das erste Mal, dass ein Unternehmen aus den Golfstaaten einen Dax-Konzern nahezu komplett erwirbt.

Ölriese Adnoc schluckt Kunststoffkonzern Covestro

Ölriese Adnoc schluckt Kunststoffkonzern Covestro

Staatsunternehmen aus Abu Dhabi bietet fast 15 Mrd. Euro – Kapitalspritze geplant

cru Frankfurt

Nach monatelangen Verhandlungen legt der staatliche arabische Ölkonzern Adnoc aus Abu Dhabi nun ein öffentliches Übernahmeangebot für den Kunststoffkonzern Covestro aus Leverkusen vor. Adnoc bietet 62 Euro je Aktie – ein Aufschlag von rund 60% auf den Kurs vom Juni 2023 vor den ersten Gerüchten. Inklusive Schulden von 3 Mrd. Euro wird Covestro mit 14,7 Mrd. Euro bewertet. Hinzu kommt eine geplante Kapitalerhöhung um 10%, bei der Adnoc neue Covestro-Aktien im Wert von 1,2 Mrd. Euro erwirbt – ein Grund dafür, dass der Kurs nicht unmittelbar auf den Wert der Offerte nach oben gesprungen ist. Covestro-Aktien stiegen um bis zu 4% auf ein Dreijahreshoch von 58,20 Euro und führten damit die Gewinnerliste im Dax an.

Architekt des Deals ist Klaus Fröhlich

Mit insgesamt fast 16 Mrd. Euro Volumen handelt es sich um die bislang größte Transaktion in Europa in diesem Jahr. Es ist zudem das erste Mal, dass ein Unternehmen aus den Golfstaaten einen Dax-Konzern nahezu komplett erwirbt. Erklärtes Ziel von Adnoc ist es, mit den Basischemikalien und der Spezialchemie des Polymerspezialisten Covestro der fünftgrößte Chemiekonzern der Welt zu werden. Vorstand und Aufsichtsrat von Covestro begrüßen den Deal.

Architekt des Deals ist Adnoc-Chief-Investment-Officer Klaus Fröhlich, der als ehemaliger Morgan-Stanley-Banker Covestro schon 2015 als Abspaltung aus dem Bayer-Konzern an die Börse gebracht hatte. Als Berater von Adnoc sind Morgan Stanley und Freshfields dabei.

Das Angebot unterliegt einer Mindestannahmeschwelle von 50% plus einer Aktie. Vermutlich haben sich schon Hedgefonds in Covestro eingekauft. Adnoc finanziert die Offerte mit vorhandenen Barmitteln. Dem Konzern stehen bis 2027 rund 150 Mrd. Dollar für Investitionen zur Verfügung.

Investitionsvereinbarung

Gemäß der Investitionsvereinbarung, die bis 31. Dezember 2028 läuft, hat sich Adnoc verpflichtet, keinen Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrag abzuschließen. Der Vorstand von Covestro hat zugestimmt, ein Delisting des Unternehmens oder einen Squeeze-out zu unterstützen, falls Adnoc das beabsichtigt. Bis zum Vollzug der Transaktion wird Covestro keine Dividende vorschlagen.

Covestro soll auch nach Abschluss der Transaktion vom bestehenden Management geführt werden. CEO Markus Steilemann, dessen Vertrag bis 2028 läuft, soll und will im Amt bleiben. Adnoc-CEO Sultan Al Jaber erklärte zudem, man respektiere die Zusagen gegenüber den rund 17.000 Beschäftigten von Covestro uneingeschränkt und habe sich verpflichtet, bestehende Betriebsrats-, Tarif- und ähnliche Vereinbarungen beizubehalten. Covestro hat gerade betriebsbedingte Kündigungen bis 2032 ausgeschlossen.

Lob von Union Investment

Auch bei den Investoren kommt die Offerte gut an. Arne Rautenberg, Fondsmanager bei Union Investment, erklärte: „Das lange Verhandeln hat sich gelohnt – für Covestro wie auch für die Aktionäre. Der Deal ist gut strukturiert und hat jetzt gute Chancen, zu einem erfolgreichen Abschluss zu kommen.“ Union Investment ist mit 2,1% an Covestro beteiligt.

Adnoc hält schon Beteiligungen in Österreich, die aber keine direkten Überschneidungen mit Covestro haben. Das Petrochemieunternehmen Borealis aus Wien gehört zu 75% OMV und seit April 2022 zu 25% Adnoc. Die in Abu Dhabi börsennotierte Borouge ist zu 54% im Besitz von Adnoc; 36% gehören Borealis, die mit Borouge fusioniert werden soll. In Brasilien wendete sich Adnoc bei Braskem nach langen Verhandlungen wieder ab.

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