„Wir ermöglichen die Energiewende“
Im Gespräch: Massimo Battaini
„Wir ermöglichen die Energiewende“
Der italienische Kabelhersteller Prysmian spielt eine zentrale Rolle für den Transport von Energie und in der Digitalisierung
Von Gerhard Bläske, Mailand
Ohne die Kabel von Prysmian wäre die Energiewende nicht machbar. Vor einigen Monaten hat der börsennotierte italienische Konzern in der Nähe des stillgelegten fränkischen Atomkraftwerks Bergrheinfeld mit der Verlegung von Hochspannungserdkabeln des Suedostlink-Projekts begonnen. Der Übertragungsnetzbetreiber Tennet hat Prysmian mit der Installation der Kabel für drei Korridore beauftragt, über die Energie aus Windkraftwerken in Norddeutschland über hunderte von Kilometern nach Bayern und Baden-Württemberg transportiert wird: Suedlink, Suedostlink und Nordostlink.
Deutschland ist zentral
„Durch die Energiewende sind wir zu einem zentralen Akteur geworden, denn unsere Hochleistungs-Kabel sind ein zentrales Element dafür. Wir ermöglichen sie erst. Mit dem Krieg in der Ukraine haben wir noch an Bedeutung gewonnen“, sagt CEO Massimo Battaini im Gespräch mit der Börsen-Zeitung.
Prysmian bezeichnet sich als Weltmarktführer im Bereich der zu Lande und zu Wasser verlegten Energie- und Telekommunikationskabel und -systeme. Die Ex-Tochter des Reifenkonzerns Pirelli kommt auf einen Umsatz von über 17 Mrd. Euro und einen Börsenwert von über 20 Mrd. Euro.
Drei große Akquisitionen
Deutschland ist zentral für Prysmian. „Allein die drei Korridore in Deutschland haben für uns ein Auftragsvolumen von 6 Mrd. Euro“, berichtet Battaini. Prysmian stellt in Deutschland Kabel für die Verbindung von Offshore-Windparks in der Nordsee her und verlegt mit Spezialschiffen Unterseekabel nach Skandinavien. Auf Deutschland entfällt die Hälfte des Auftragsbestands von 18 Mrd. Euro.
Die Hochleistungskabel werden in Frankreich, Finnland und in Neapel produziert, andere Kabel an 109 Standorten überall in der Welt. Pirelli hat die Kabel-Sparte 2005 an Goldman Sachs verkauft. 2007 folgte der Börsengang. Durch organisches Wachstum und drei große Akquisitionen ist Prysmian zu einem weltweit tätigen Multi geworden, der 40% seines Umsatzes und 55% seines Brutto-Betriebsergebnisses in den USA erwirtschaftet.
Geopolitische Veränderungen haben Prysmian in die Hände gespielt. Mit dem Ende der billigen russischen Gaslieferungen haben sich „die Investitionen in erneuerbare Energiequellen und den Ausbau der Leitungsnetze dafür in Europa innerhalb von fünf Jahren auf 30 Mrd. Euro verzehnfacht“, berichtet Battaini. Prysmian habe in den vergangenen fünf Jahren 2,5 Mrd. Euro investiert, um die Kapazitäten zu erhöhen.
30 Fabriken in den USA
Die Perspektiven sind glänzend, meinen Analysten. Denn die Kabel von Prysmian sind auch im Hinblick auf die Digitalisierung, die Ertüchtigung von Leitungsnetzen und für die Telekommunikation von zentraler Bedeutung. Mediobanca-Analyst Alessandro Tortora hebt die hohe Ertragskraft und die Wachstumsperspektiven hervor. Goldman Sachs betont die „hohe Visibilität des Auftragsbestands“ und die breite Diversifizierung. Die Barclays-Analysten erwarten zweistellige Wachstums- und Ertragssteigerungen.
Ein zentraler Markt sind die USA. Daran ändere auch die Entscheidung gegen den Bau eines US-Werks für Seekabel nichts. Die Entscheidung sei schon vor dem Amtsantritt von US-Präsident Donald Trump gefallen und die USA seien schon bisher kein großer Markt für Windkraftanlagen auf See, so Battaini. „Mit der Wahl Trumps werden die USA noch wichtiger für uns. Denn dort ist die Erneuerung der völlig veralteten Energienetze zentral für die Anbindung von Haushalten und Unternehmen, aber auch von Datenzentren. Trump will dafür mehr Geld zur Verfügung stellen. Wir sind durch die Übernahme von General Cable und vor allem Encore Wire mit mehr als 30 Fabriken in den USA ein lokaler Akteur“, sagt Battaini.
Weitere Zukäufe
Der CEO prüft eine Börsennotierung in New York. Prysmian solle „Zugang zu Investoren bekommen, die in Italien nicht präsent sind. Es kommt hinzu, dass der US-Markt besonders stark wächst und mit uns vergleichbare Unternehmen wesentlich höher bewertet werden als Prysmian.“ Doch es gebe auch Punkte, die dagegen sprächen: „Eine Notierung in den USA würde uns zur Einhaltung strengerer Regeln verpflichten, ist komplex und verursacht höhere Kosten.“
Durch den Kauf der amerikanischen Encore Wire ist der Schuldenstand auf etwa 4,2 Mrd. Euro gestiegen. Doch Battaini denkt an weitere Akquisitionen. Der Cashflow sei sehr stark: „Wir haben keine Übernahme in der Pipeline, aber Akquisitionen von 1 bis 1,5 Mrd. Euro sind machbar.“ Prysmian hat gerade einen Bond aufgelegt, der einen Teil der Brückenfinanzierung für den Kauf von Encore Wire ablösen soll. Bei Übernahmen denkt Battaini an Nordamerika und Europa, aber auch an den Mittleren Osten. Von China lässt er die Finger: Dort sei der Markt schwierig und sehr wettbewerbsintensiv.
Hauptkonkurrenten von Prysmian sind die französische Nexans und die niederländische NKT, doch eine Konsolidierung schließt Battaini schon aus wettbewerbsrechtlichen Gründen aus. Er bestätigt zwar, die Übernahme einer zum Verkauf stehenden Nexans-Sparte zu prüfen: „Die Wahrscheinlichkeit ist aber sehr gering, denn es gäbe starke Überschneidungen.“
Neuer Strategieplan
Im März will Battaini auf dem Kapitalmarkttag einen neuen Strategieplan vorstellen. „Wir müssen unsere Vorhersagen anpassen, denn durch die Übernahme von Encore Wire haben wir viele unserer für 2027 angepeilten Ziele schon 2024 erreicht.“ Beim Börsenkurs, der binnen eines Jahres um 76% zugelegt hat, sieht Battaini noch Potenzial: „Wir wollen den Aktienkurs von 71 Euro in naher Zukunft auf mindestens 100 Euro je Aktie steigern.“
Der italienische Kabelhersteller Prysmian ist angesichts der Energiewende und des digitalen Wandels optimistisch im Hinblick auf die weiteren Geschäftsaussichten. CEO Massimo Battaini sagte der Börsen-Zeitung, Prysmian sei dabei ein zentraler Akteur. Neben den USA setzt er stark auf Deutschland.