Eurobörsentag

Public und Private Equity vereint

Den öffentlichen Wertpapiermärkten erwächst mit dem abseits der Börsen investierten „Private Capital“ ein zunehmend ebenbürtiger Konkurrent – oder zumindest eine bedeutende Alternative.

Public und Private Equity vereint

cru Frankfurt

Public und Private Equity – Börse und Finanzinvestoren – konkurrieren ebenbürtig um die Rolle als Kapitalbeschaffer für Unternehmen, aber die Abgrenzungen verschwimmen zusehends. Das wurde in der Debatte zwischen Deutsche-Börse-Chef Theodor Weimer und Alexander Dibelius, Deutschlandchef des britischen Finanzinvestors CVC, beim Eurobörsentag der Börsen-Zeitung in Frankfurt deutlich.

Die Faktenbasis lieferte Steve Roberts, Partner und Private-Equity-Leader der Unternehmensberatung PwC: „Die Investition in börsennotierte Werte war für Einzelpersonen und Familien in der Vergangenheit eine außergewöhnliche Quelle der Vermögensbildung, insbesondere über ihre Pensionsfonds. Dennoch haben die Anleger in den letzten zehn Jahren mehr als 2 Bill. Dollar in Buy-out-Fonds investiert, und zwar aus einem einfachen Grund: Sie liefern. In den letzten 20 Jahren hat Private Equity eine Internal Rate of Return (IRR) von mehr als 8% erzielt, verglichen mit 5% bei Anleihen und Aktien im gleichen Zeitraum“, bilanziert Roberts. Verkürze man den Zeitraum auf fünf Jahre, so habe Private Equity eine IRR von 14% erwirtschaftet, verglichen mit 12% bei Aktien und 2% bei Anleihen. Dies sei selbst nach den hohen Standards von Private Equity „beeindruckend“.

Dennoch sieht CVC-Chef Dibelius keine Konkurrenz oder Gegnerschaft zwischen Public und Private Equity: „Das Vermögensvolumen an den öffentlichen Märkten ist um das 50-Fache größer. Viele der alten Etiketten, wie langfristig und kurzfristig, funktionieren nicht mehr. Die Grenzen beginnen zu verschwimmen – und es geht in Richtung Konvergenz. Gerade die größten Private-Equity-Adressen sind selbst börsennotierte Unternehmen und investieren bei Pipe-Investments selbst oft in börsennotierte Werte. Nur zwei wichtige Unterschiede bleiben: Private Equity wird weniger stark reguliert, und die Assets sind weniger liquide. Dieser Nachteil muss deshalb aus Sicht der Investoren durch höhere Renditen ausgeglichen werden.“

Auch Deutsche-Börse-Chef Weimer erkennt eine Konvergenz zwischen Public und Private Equity. Er räumte Nachteile der Börse ein: „Die Kosten des Going Public sind hoch, die Volatilität der Wertentwicklung ist groß, und die Investoren wollen kurzfristig Ergebnisse sehen. Das ist schwierig für Unternehmen, die sich in einem großen und länger dauernden Umbau mit hohem Kapitalbedarf befinden – nicht zuletzt für die Deutsche Börse selbst.“ Doch sei das „ganz große“ Wachstum eines Unternehmens wie etwa beim Elektroautoriesen Tesla nur an der Börse möglich. Zudem habe die Börse zu einer Demokratisierung beigetragen, weil die öffentlich gehandelten Aktien für jedermann zugänglich sind. Das müsse Private Equity erst noch nachholen. „Sie sollten den Zugang für normale Leute öffnen“, forderte Weimer seinen Debattengegner Dibelius auf, der wiederum auf neue Kapitalsammelstellen hinwies, die genau dies ermöglichen – allerdings mit hohen Verwaltungsgebühren, die von der Rendite abgehen.

Zusammenfassend ersetzte PwC-Geschäftsführer Clemens Koch, Leiter der Financial Services, den Titel „Public versus Private Equity“ durch ein „und“ – „Public und Private Equity“: „Denn eins ist klar: Alleine die digitale Transformation der deutschen und aller westlichen Volkswirtschaften erfordert ein enormes Investitionsvolumen“, sagte Koch. Hierzu gebe es nur Schätzungen. Das IDC – International Data Center – schätze allein die öffentlichen Investitionen auf weltweit jährlich 1,5 Bill. Dollar – in Relation zum BIP wären das in Deutschland jährlich 45 Mrd. Euro – für Investitionen in Digitalisierung. „Allein über den dominierenden Bankenmarkt werden wir das benötigte Kapital ganz sicher nicht stemmen können. Wir brauchen effizientere Banken- und Kapitalmärkte und deshalb alle Kapitalmarkt-Finanzierungswege – Public Equity und Private Equity. Und wir brauchen sie in noch stärkerem Maße als bisher: etwa durch eine stärkere Mobilisierung von Corporate Venture Capital, institutionellen Anlegern oder auch durch neuere Formen wie Spacs.“

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