Rekorddividenden gehen vor allem ins Ausland
cru Frankfurt
Die Dax-Konzerne haben im Jahr 2022 trotz des Kriegs in der Ukraine und der Energiekrise mehr Dividenden ausgeschüttet als jemals zuvor. 51 Mrd. Euro gingen an die Investoren. Im Jahr zuvor, das von den Unsicherheiten der Pandemie geprägt wurde, waren es nur 36 Mrd. Euro gewesen. Dabei haben deutsche Investoren weniger vom Geldregen durch die Dax-Dividenden abbekommen als ausländische Anteilseigner. Denn die Wertpapiere von Deutschlands Top-Index befinden sich mit 53 % mehrheitlich in der Hand ausländischer Investoren. Das sind Ergebnisse einer Analyse der Beratungsgesellschaft EY zur Aktionärsstruktur der im Dax enthaltenen Unternehmen per Ende 2021. Anleger aus Deutschland besitzen demnach mit 30 % lediglich etwas weniger als ein Drittel der Wertpapiere der wichtigsten Wirtschaftsunternehmen des Landes. 17 % des Aktienbestands lassen sich laut EY nicht zuordnen.
Allerdings lässt sich auch feststellen, dass Unternehmen mit einem hohen Anteil deutscher Aktionäre ihre Dividenden besonders stark erhöht haben: Die Summe, die an inländische Anleger floss, stieg stärker – von 12,9 Mrd. auf 18,3 Mrd. Euro. Knapp 27 Mrd. Euro Dividenden flossen ins Ausland – im Vorjahr waren es 19,5 Mrd. Euro.
Top-Dividendenzahler war 2022 Mercedes-Benz. Der Autokonzern schüttete 5,4 Mrd. Euro an die Aktionäre aus – 3,5 Mrd. Euro gingen ins Ausland. Die zweithöchste Dividende zahlte die Allianz: Der Versicherer überwies seinen Anlegern insgesamt 4,4 Mrd. Euro – davon flossen 2,7 Mrd. Euro ins Ausland. Der Autokonzern BMW liegt mit 3,8 Mrd. Euro an dritter Stelle – und hier ging mit 1,9 Mrd. Euro der Löwenanteil an Anleger in Deutschland. Ein Grund dafür: Bei BMW haben die Erben der Industriellenfamilie Quandt – Susanne Klatten und ihr Bruder Stefan Quandt – einen Stimmrechtsanteil von zusammen fast 47%.
Bei mindestens 24 der 40 Dax-Konzerne liegt die Mehrheit der Aktien in Depots im Ausland. Deutsche Investoren halten dagegen nur bei vier Unternehmen mehr als 50 % der Anteile. Es handelt sich um Siemens Healthineers, Beiersdorf, Hannover Rück und Deutsche Telekom. Laut Henrik Ahlers, Vorsitzender der Geschäftsführung bei EY, haben sich Deutschlands Top-Konzerne „in der Vergangenheit zu internationalen Schwergewichten entwickelt“. „Diese globalen Unternehmen erwirtschaften inzwischen mehr als die Hälfte ihres Umsatzes außerhalb Europas“, sagt Ahlers. Diese Internationalisierung habe deutschen Unternehmen ein starkes Wachstum und damit einhergehend Rekordzahlen bei Umsatz und Gewinnen ermöglicht. Es sei nur folgerichtig, dass sich die zunehmende Internationalität des operativen Geschäfts auch in der Zusammensetzung der Anteilseigner widerspiegelt.
Ein weiterer Grund für den hohen Anteil ausländischer Aktionäre dürfte das Altersvorsorgesystem sein. Während das deutsche System durch ein Umlageverfahren auf einem Generationenvertrag basiert, sind die Systeme im Ausland meist kapitalgedeckt.
Am höchsten ist der Anteil ausländischer Anteilseigner bei Vonovia – nur 10 % der Aktien des Wohnungskonzerns sind in den Händen deutscher Investoren. Der Anteil deutscher Anleger ist mit 77 % bei Siemens Healthineers am höchsten – etwa 75 % der Anteile des Medizintechnikunternehmens liegen noch bei der Siemens AG.
Während im Durchschnitt inländische Investoren 30 % der Dax-Aktien halten, stellen Anteilseigner aus dem europäischen Ausland mit 24 % die zweitgrößte Investorengruppe, gefolgt von nordamerikanischen Investoren, die 22 % der Aktien halten. „Die Vereinigten Staaten sind für deutsche Top-Unternehmen nicht nur ein enorm relevanter Absatzmarkt“, stellt Ahlers fest. „Auch einige sehr wichtige institutionelle Investoren haben hier ihren Sitz, die zunehmend aktiv Einfluss auf die geschäftliche Ausrichtung der deutschen Unternehmen nehmen.“ Beispiele für solche großen institutionellen Investoren aus den USA sind Blackrock, Vanguard oder Fidelity.