Ruhe vor dem Sturm

Hohe Akzeptanz des Governance-Kodex 2016 - Spannung steigt nach Änderungen im Regelwerk

Ruhe vor dem Sturm

Der Corporate Governance Kodex findet 15 Jahre nach Einführung des Regelwerks eine stetig hohe Anerkennung. Allerdings gibt es neuralgische Punkte, mit denen sich Konzerne dauerhaft nicht anfreunden können.swa Frankfurt – Der Umgang mit dem Corporate Governance Kodex hat sich eingespielt. Die Akzeptanz der Empfehlungen für eine gute Unternehmensführung ist bei den Gesellschaften im Dax und MDax weiterhin hoch. Doch auch die neuralgischen Punkte sind zementiert, wie aus der jüngsten “Kodexakzeptanzstudie” des Center for Corporate Governance an der privaten Hochschule HHL Leipzig Graduate School of Management hervorgeht. Das Center for Corporate Governance wird gesponsert von der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft EY und der Deutschen Asset & Wealth Management Investment. Dauerbrenner D & ODer Studie zufolge erfüllen die Dax-Unternehmen 97,5 % der Kodex-Vorgaben (Soll-Bestimmungen), im MDax liegt die Quote etwas darunter bei 95,6 %. Die Ergebnisse spiegeln weitgehend die Erkenntnisse des Vorjahres, was darin begründet sein dürfte, dass der Kodex 2016 keine Änderung erfahren hat. Im Ranking der Unternehmen zeigt Fresenius die niedrigste Akzeptanzquote (90 %) im Dax, im MDax hat Jungheinrich den letzten Platz (87 %).Nachdem 2017 einige neue Empfehlungen und Anregungen auf den Weg gebracht wurden, was eine Welle an kritischen Kommentaren von Unternehmensjuristen auslöste, wird es spannend, wie die Konzerne mit diesen Neuerungen umgehen werden. Das werden aber erst die nächsten Entsprechenserklärungen (Comply-or-Explain) der Firmen zur Kodexakzeptanz ans Licht bringen.Die Abweichungen vom Kodex zeigen auch 2016 grundsätzliche Bedenken von Unternehmen zu einzelnen Vorgaben. Dauerbrenner ist zum Beispiel der Selbstbehalt in der Managerhaftpflichtversicherung (D & O-Versicherung) für Aufsichtsräte, der auf breite Ablehnung stößt. Der Kodex rät hier zu einem Selbstbehalt von mindestens 10 % des Schadens bis mindestens dem Eineinhalbfachen der festen jährlichen Vergütung. Da Aufsichtsräte anders als Vorstände ausschließlich mit einem Fixum bezahlt werden, würde ein allein darauf bezogener Selbstbehalt in dem Rahmen “wirtschaftlich betrachtet zu einem unverhältnismäßigen Ergebnis führen”, argumentiert der Automobilkonzern Daimler. Zalando begründet die Nichtbefolgung damit, dass ein solcher Selbstbehalt nicht geeignet sei, Leistung und Verantwortungsbewusstsein zu steigern. Auch mindere er die “Attraktivität der Aufsichtsratstätigkeit” und damit die Chancen der Gesellschaft, im Wettbewerb die besten Kandidaten zu gewinnen.Zahlreiche Ablehnungen betreffen nach wie vor Vorgaben zur Mischung in Aufsichtsräten. Der Kodex gibt vor, Ziele für die Zusammensetzung des Gremiums zu formulieren nach Kriterien wie Unabhängigkeit, Alter, Zugehörigkeitsdauer und Diversität. Nach den Kodex-Änderungen im laufenden Jahr sollen künftig die als unabhängig betrachteten Aufsichtsräte auch mit Namen genannt werden. Regelgrenzen für Dauer der Zugehörigkeit im Aufsichtsrat oder Altersgrenzen lehnen zahlreiche Firmen ab. Der Softwarekonzern SAP weist darauf hin, dass die Hauptversammlung in den Wahlen zum Aufsichtsrat sowieso nicht an die vom Gremium selbst benannten Besetzungsziele oder dessen Vorschläge gebunden ist. Man vertraue zudem auf eine “gesunde Mischung” von erfahrenen und neu in das Gremium gewählten Persönlichkeiten. “Die vom Kodex geforderte Vielfalt muss auch in Bezug auf die unterschiedliche Zugehörigkeitsdauer zum Gremium und damit die Erfahrung der Mitglieder gelten”, meint SAP, wo der Anwalt Wilhelm Haarmann seit rund 30 Jahren im Aufsichtsrat aktiv ist. Auch der Chemiekonzern Lanxess meint: Das Alter der Aufsichtsratsmitglieder ist kein Kriterium für ihre Qualifikation und Kompetenz. Und: Auf langjährige Erfahrungen wollen wir nicht verzichten.Eine relativ hohe Abweichungsquote zeigt sich auch bei den Empfehlungen des Kodex zur Struktur der Vorstandsvergütung. Noch nicht alle Unternehmen können sich mit den Mustertabellen anfreunden, wobei im Dax 30 unterdessen alle Konzerne den Zufluss aus den Gehaltspaketen im Geschäftsjahr darstellen. Auch mit den Modalitäten der Abfindungs-Caps hat manches Unternehmen Probleme, genauso wie mit betragsmäßigen Höchstgrenzen für die Vorstandsvergütung. Kein Cap auf AktienEinen Deckel wollen viele Konzerne speziell nicht auf aktienbasierte Entlohnungen setzen. Dies widerspräche dem “Grundgedanken einer aktienbezogenen Vergütung”, meint die Deutsche Börse. Fresenius argumentiert ähnlich, weist aber darauf hin, dass in Extremfällen eine Begrenzung durch den Aufsichtsrat erfolgen könne. SAP hat die Vergütung angepasst und von 2016 an eine Höchstgrenze für die Auszahlung von virtuellen Aktien eingezogen.