Siemens Energy

Russland-Sanktionen belasten Energie­erzeuger

Die Profitabilität von Siemens Energy verringert sich durch die Einstellung des Neugeschäfts in Russland. Der Vorstand prüft einen kompletten Rückzug aus dem Land. Der Aktienkurs sinkt auf Rekordtief.

Russland-Sanktionen belasten Energie­erzeuger

mic München

Siemens Energy reagiert auf die Probleme der Windkrafttochter Gamesa und auf die Ergebnisbelastungen infolge des Angriffskrieges Russlands mit einer vorsichtigeren Formulierung der Prognose. „Ich habe so eine Marktsituation noch nie erlebt“, sagte Vorstandsvorsitzender Christian Bruch bei Vorlage der endgültigen Zahlen des zweiten Quartals des Geschäftsjahres (30. September).

Der Konzern erwartet nun Ergebnisse am unteren Ende der Prognosespannen für die vergleichbare Um­satzentwicklung (−2% bis +3%) und die angepasste Ebita-Marge vor Sondereffekten (+2% bis +4%). Zum Halbjahr sanken die Erlöse vergleichbar um 1%, die Marge landete bei −1%. Netto rechnet der Vorstand mit einem Verlust auf dem Vorjahresniveau von 560 Mill. Euro. Nach sechs Monaten stehen −492 Mill. zu Buche. Der freie Mittelzufluss vor Steuern, der zum Halbjahr −420 Mill. Euro beträgt, soll unverändert im positiven mittleren dreistelligen Millionen-Euro-Bereich landen.

Energy formulierte auch die Prognose für das Segment Bau konventioneller Kraftwerke (Gas and Power) zurückhaltender. Dort wird ebenfalls das untere Ende der Umsatz- und Ergebnisprognose angepeilt – obwohl die Halbjahreswerte solide den Jahreszielen entsprechen. Der Erlös kletterte um 3,1% (Jahresprognose 1% bis 5%), und die angepasste Ebita-Marge betrug 5,3% (Prognose 4,5% bis 6,5%).

Bruch begründete die Zurückhaltung mit dem Krieg gegen die Ukra­ine. Man habe Neugeschäft in und mit Russland eingestellt: „Für uns hat das im zweiten Quartal die ersten negativen Auswirkungen auf Umsatz und Ergebnis.“ Im Segment Gas and Power werde auf Basis der derzeit gültigen Sanktionen der Umsatz im Gesamtjahr um 300 bis 400 Mill. Euro geringer ausfallen. Es entstehe ein Ebita-Fehlbetrag in Höhe eines hohen zweistelligen oder niedrigen dreistelligen Millionenbetrags.

Bruch kündigte weitergehende Maßnahmen an: „Natürlich überprüfen wir auch unser Russlandgeschäft.“ Wenn Siemens Energy sich zurückziehe, dann werde dies geordnet passieren. Es müsse eine sinnvolle Lösung für 1000 Mitarbeiter geben. Wie hoch der Buchwert des Geschäfts ist, wollte Finanzvorständin Maria Ferraro nicht offenlegen. Bruch sagte, natürlich könne ein Zurückziehen aus dem Land zu einer Veränderung der Prognose führen. Der Effekt sei aber managbar und nicht bedrohlich. Der Jahresumsatz in dem Land betrage ungefähr 500 Mill. Euro, detaillierte Ferraro.

Klare Worte fand Bruch erneut zur Tochter Siemens Gamesa, die nach einem CEO-Wechsel ihre Erwartungen an das laufende Geschäftsjahr reduziert hat (vgl. BZ vom 21. April und 6. Mai): „Die Situation seit dem letzten Quartal hat sich weiter verschlechtert.“ Die Einschätzung des neuen Gamesa-Vorstandsvorsitzenden Jochen Eickholt sei, dass die operativen Probleme größer als erwartet seien und die Lösung länger als ursprünglich eingeschätzt dauere. Eickholt zufolge seien 70% der Projekte intern beeinflussbar, 30% seien marktbedingt.

Bruch diagnostizierte darüber hinaus eine große Belastung bei den Lieferketten als Folge des Krieges: „Die Beschaffungsmärkte werden weiter herausfordernd bleiben.“ Die eingeschränkte Verfügbarkeit von Materialien sei dabei noch fast das kritischere Thema.

Die Investoren reagierten harsch auf die Lageeinschätzung – und dies, obwohl Siemens Energy die vorläufigen Zahlen vor Wochen veröffentlicht hatte. Der Kurs sank in einem positiven Marktumfeld zum Xetra-Schluss um 2,7% auf 16,23 Euro. Dies ist der tiefste Stand seit dem Beginn der Börsennotierung im September 2020. Damals war die Aktie mit 22,01 Euro gestartet.

Die Zahlen des zweiten Quartals enthalten eine Wertminderung auf die am 14. April verkaufte Siemens Energy Engines. Dies liege in niedriger bis mittlerer zweistelliger Millionenhöhe, sagte Bruch.

Siemens Energy
Konzernzahlen nach IFRS
2. Quartal1  
in Mrd. Euro2021/222020/21
Auftragseingang7 90810 520
Umsatz6 5826 484
Angepasstes Ebita vor Sondereffekten–21288
Sondereffekte–56–91
Angepasstes Ebita –77197
 in % vom Umsatz–1,2 3,0
Ertragsteuern6046
Nettoergebnis­­–25231
Ergebnis je Aktie 2 (Euro)­–0,220,03
Beschäftigtenzahl91 00091 000 3
Free Cashflow vor Steuern–560–32
1) Geschäftsjahr endet am 30. September; 2) unver­wässert; 3) zum 31. Dezember Börsen-Zeitung
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