Sanktionen

Russlands Luftfahrtbranche immer stärker isoliert

Die russische Luftverkehrsindustrie wird von den Sanktionen hart getroffen. Airbus und Boeing liefern weder Flugzeuge noch Ersatzteile noch Wartungsdienstleistungen. Die schwierige Beschaffung von Ersatzteilen könnte auch für ausländische Airlines, die Russland noch anfliegen, ein Problem werden. 

Russlands Luftfahrtbranche immer stärker isoliert

wü Paris

Der Druck auf die russische Luftverkehrsindustrie steigt. Als Reaktion auf die Invasion der Ukraine durch Russland schließen immer mehr Länder ihren Luftraum für russische Flugzeuge. So kündigten die USA gerade an, dem Beispiel der Europäischen Union und Kanada folgen zu wollen. Damit nicht genug, denn nach Boeing gab auch Airbus bekannt, Lieferungen von Ersatzteilen und Wartungsdienstleistungen für russische Fluggesellschaften einstellen zu wollen.

Zu den Kunden des europäischen Flugzeugbauers in Russland gehört Aeroflot, die größte der rund 40 russischen Airlines. Die 186 Maschinen umfassende Flotte von Aeroflot be­steht aus 100 A320-/A321-Mittelstreckenjets, 18 A330- und A350-Langstreckenjets sowie 37 737-Mittelstreckenflugzeuge und 22 777-Langstreckenjets von Boeing. Da­gegen stammen nur neun Flugzeuge von dem russischen Flugzeugbauer Sukhoi.

Boeing hat jetzt auch ein Designzentrum in Moskau vorübergehend geschlossen. Das Gemeinschaftsunternehmen ECAR, das Airbus mit dem russischen Finanzinvestor Systema und der Industrieholding Kaslol betreibt, hat ebenfalls die Arbeit eingestellt. Airbus will prüfen, wie und unter welchen Umständen es weiterhin Dienstleistungen für russische Kunden anbieten kann, ohne gegen Sanktionen zu verstoßen.

Lufthansa Technik hat zudem wegen der Sanktionen bereits sämtliche Serviceleistungen für Kunden in Russland gestoppt. Die Flugzeugwartungstochter von Lufthansa betreut nach eigenen Angaben „eine Reihe russischer Airlines“ vor allem in den Bereichen Komponenten und Triebwerke. Lufthansa Technik Logistik wiederum ist der exklusive Logistik-Dienstleister für Ersatzteile des Superjet 100 von Sukhoi, den auch Aeroflot betreibt.

Die Probleme, die Russland nun bei der Beschaffung von Ersatzteilen haben wird, könnten auch Fluggesellschaften betreffen, die das Land weiterhin anfliegen. Flydubai etwa steuert acht Städte in Russland an. Die Low-Cost-Airline erklärte jetzt, man beobachte die Situation. Ihre Flotte besteht aus 737-Mittelstreckenjets von Boeing. Russland hatte als Reaktion auf die Sanktionen mit der Sperrung seines Luftraums für Fluggesellschaften aus 36 Ländern reagiert, darunter die 27 Mitgliedsstaaten der Europäischen Union. Airlines müssen deshalb bei Flügen zwischen Europa oder den USA und Asien teilweise auf andere Routen ausweichen, wodurch sich die Flugzeiten verlängern.

Vorbild für die jetzt beschlossenen Sanktionen sind frühere Strafmaßnahmen gegen den Iran und Nordkorea. Allerdings dürften sich die Sanktionen gegen Russland stärker auswirken, da das Land 2021 laut Berechnungen der Beratungsfirma IBA auf einen Anteil von rund 6 % am weltweiten Flugverkehr kam. Der inner-russische Markt entwickelte sich 2021 trotz der Corona-Pandemie gut. Davor war Russland nach Angaben des Luftfahrtverbands IATA (International Air Transport Association) von den Passagierzahlen her der elftgrößte Markt.

Der Konflikt dürfte die langfristigen Wachstumsaussichten der Branche vermutlich nicht beeinflussen, doch es sei noch zu früh, um abzuschätzen, welche Auswirkungen er auf kurze Sicht habe, erklärte die IATA. Schwankende Energiepreise oder Routen zur Umgehung des russischen Luftraums könnten jedoch umfassendere Folgen für die Kosten von Airlines haben.

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