Stahlindustrie

Salzgitter forciert Dekarbonisierung

Der Stahlkonzern Salzgitter beschleunigt der Umstieg auf die klimafreundliche Stahlerzeugung. Mit einer neuen Strategie wollen sich die Niedersachsen vorn in der „Circular Economy“ etablieren.

Salzgitter forciert Dekarbonisierung

ste Hamburg

Der zweitgrößte deutsche Stahlkonzern Salzgitter forciert unter Führung des seit Mitte vorigen Jahres amtierenden Vorstandsvorsitzenden Gunnar Groebler die Umstellung auf eine CO2-arme Stahlerzeugung mit Ausrichtung auf ressourcenschonende geschlossene Wertschöpfungsketten. Wie das SDax-Unternehmen bei einem „Strategie-Tag“ mitteilte, soll die Umstellung der Stahlherstellung von Hochöfen und Konvertern auf die wasserstoffbasierte Direktreduktion mit angeschlossenen Elektroöfen nach dem 2016 initiierten „Salcos“-Verfahren („Salzgitter Low CO2-Steelmaking“) bereits 2033 und damit zwölf Jahre früher als ursprünglich avisiert abgeschlossen werden. Damit werde der CO2-Ausstoß in der Stahlproduktion um 95% oder 8 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr verringert. Dies entspreche rund 1% der gesamten Kohlendioxid-Emissionen in Deutschland.

Voraussetzung sei, so Groebler, dass von der Politik nun die richtigen wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen gesetzt würden – mit Blick auf die Schaffung grüner Leitmärkte, Klarheit in der finanziellen Förderung der Transformation und die Beschleunigung von Genehmigungsverfahren. Die Investitionen in den Umbau des Hüttenwerks in Salzgitter gibt der Konzern mit 3 bis 4 Mrd. Euro an. Allein für die erste von drei Ausbaustufen werden mehr als 1 Mrd. Euro veranschlagt: 2025 soll der erste Hochofen durch Direktreduktionsanlagen und Elektroöfen ersetzt werden, ab diesem Jahr sollen 30% der Produktionsmenge über die neue „Salcos“-Route als CO2-armer Stahl hergestellt werden.

Um die Investitionen stemmen zu können und wettbewerbsfähig zu bleiben, bemüht sich der Stahlkocher, dessen größter Aktionär mit einem Anteil von 26,5% das Land Niedersachsen ist, um finanzielle Förderung auf nationaler und EU-Ebene. Dabei erhofft sich die Salzgitter AG eine schnelle Entscheidung über die Fördergelder in diesem Jahr.

„Salcos ist sicherlich das Mega-Projekt unseres Unternehmens seit Aufbau des Stahlstandortes hier in Salzgitter“, sagte Groebler in einem gut einstündigen Video, das der Konzern zum Strategie-Tag veröffentlichte. „Wir wollen in der Circular Economy für unsere Industrie die Standards setzen und mit unseren Kunden das auch gemeinsam tun.“ In den vergangenen Tagen hatte die Salzgitter AG bereits über Vereinbarungen mit dem dänischen Energiekonzern Orsted und mit BMW über Partnerschaften, die geschlossenen Wertstoffströme und Wertschöpfungsketten in den Geschäftsbeziehungen informiert. Als Ziele bis 2030 in einem ersten Schritt stellte der Stahlkocher am Mittwoch die Reduzierung der Scope-1- und -2-CO2-Emissionen gegenüber dem Jahr 2018 um mehr als 50%, den Strombezug ausschließlich aus regenerativen Quellen sowie die Ausweitung der Schrottrecyclingaktivitäten um mehr als 50% auf über 3 Mill. Jahrestonnen in Aussicht.

Angaben zu Finanzzielen im Kontext der Transformation fielen spärlich aus. Finanzvorstand Burkhard Becker kündigte an, über Wachstum in bestehenden und neuen Geschäftsfeldern bis 2025 den Jahresumsatz auf über 11 Mrd. Euro auszubauen. „Unsere Geschäftsfelder werden in ihrem jeweiligen Branchenvergleich neue Maßstäbe in Bezug auf die Profitabilität und Stabilität setzen.“ Dafür sollen auch Effizienzprogramme fortgesetzt werden. Geplant ist, von 2026 an ein „zusätzliches Ergebnisverbesserungspotenzial“ von 150 Mill. Euro jährlich zu heben.

Nach Bekanntwerden der Strategie legte die Salzgitter-Aktie am Mittwoch in der Spitze um 2,6% zu, ehe sie bei 31,54 Euro mit einem Plus von 0,3% aus dem Xetra-Handel ging. Ein Baader-Bank-Analyst, der bei Salzgitter mit einem Kursziel von 45 Euro weiter zum Kauf rät, meinte, das Umsatzziel bis 2025 sei vor allem in Anbetracht des aktuellen Stahlpreisniveaus nicht ambitioniert, könnte aber Portfolioveränderungen berücksichtigen. Die zusätzliche Kostenreduktion bis 2026 sollte zu einer höheren durchschnittlichen Profitabilität führen.

Wertberichtigt Seite 6

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