Auto- und Industriezulieferer

Schaeffler verzichtet auf Jahresausblick

Der Auto- und Industriezulieferer Schaeffler wagt wegen des Krieges in der Ukraine keinen Ausblick. Die Konzernführung begründet das damit, dass die Folgen für die Weltwirtschaft unvorhersehbar seien.

Schaeffler verzichtet auf Jahresausblick

sck München – Der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine er­schwert zunehmend Unternehmen die Abgabe einer seriösen Prognose fürs laufende Jahr. Zur Vorlage seiner Bilanz kündigte der Auto- und Industriezulieferer Schaeffler an, einen Ausblick für 2022 „vorerst“ auszusetzen. „Aufgrund der dramatischen Entwicklungen im Zusammenhang mit der Ukraine und den hieraus resultierenden zunehmenden Unsicherheiten und Verwerfungen haben wir uns dazu entschieden, unsere vom Vorstand am 22. Februar noch vor der Invasion intern verabschiedete Prognose auszusetzen“, kündigte Vorstandschef Klaus Rosenfeld an. Die diversifizierte Aufstellung des Konzerns, die Qualität des operativen Geschäfts und die soliden Finanzen würden helfen, dass Schaeff­ler auch durch diese Krise komme. Die Konzernführung hält an ihren mittelfristigen Zielen (bis 2025) fest. „Unsere Bilanz ist solide. Wir sind mit genügend Liquidität ausgestattet“, sagte der CEO in einer virtuellen Ge­sprächsrunde mit Journalisten. „Niemand kann verlässlich abschätzen, wie dieser Krieg sich auf die Weltwirtschaft auswirkt.“ Die Gefahr für „uns alle“ sei, dass der bewaffnete Konflikt „außer Kontrolle“ gerate.

Über 10 Prozent Kurszuwachs

Seine Vorsicht irritierte die Anleger aber offensichtlich nicht. Die Schaeffler-Vorzugsaktie sprang im Xetra-Handel in der Spitze um 10,8% auf 5,35 Euro. Der Titel führte damit zeitweise den SDax an. Analysten sprachen von guten Zahlen im Jahresschlussquartal 2021. Schaeffler übertraf geringfügig die Erwartungen des Marktes. Jefferies Research zufolge lief das vierte Quartal etwas besser als gedacht. Mit dem jüngsten Kursplus konnte das Papier seine Talfahrt stoppen. Seit Jahresbeginn büßte die Aktie 28% an Wert ein.

Rosenfeld kündigte an, die Dividende je Aktie für 2021 auf 0,50 Euro verdoppeln zu wollen. Das entspräche einer Ausschüttungsquote von 44 (i.V. 50)% in Bezug auf das den Anteilseignern zuzurechnende Konzernergebnis vor Sondereffekten. Faktisch zahlte aber Schaeffler die Dividende für 2020 aus der Substanz, da aufgrund der Corona-Pandemie seinerzeit ein (berichteter) Konzernnettoverlust von 419 Mill. Euro anfiel. 2021 arbeitete sich das Unternehmen mit Hauptsitz in Herzogenaurach bei Nürnberg deutlich in die schwarzen Zahlen zurück. Schaeffler erwirtschaftete einen Überschuss von 775 Mill. Euro.

Wie der Konzern 2022 abschneiden könnte, ließ der CEO mit seinem Prognoseverzicht derweil offen. „Solch eine Situation hat negative Effekte“, sagte Rosenfeld mit Blick auf die operative Marge. Nähere Angaben wollte er dazu nicht machen. „Wir sind dabei, die Folgen des Konflikts für unser Unternehmen abzuschätzen. Wir werden uns mit Gegenmaßnahmen beschäftigen müssen.“ Dem Vorstandsvorsitzenden zufolge ist „im Moment“ keines der Konzernwerke geschlossen. Es zeichne sich nach derzeitigem Stand auch nicht ab, dass dies geschehe.

Aufgrund zweier geschlossener Werke des Nürnberger Autozulieferers Leoni in der Westukraine stehen unter anderem an Standorten von BMW, Volkswagen und Audi die Bänder derzeit still. Schaeffler ist in Russland und in der Ukraine nur marginal präsent. Rosenfeld berichtete über 174 Mitarbeiter in Russland und über sechs in der Ukraine. Diese seien nach bisherigem Kenntnisstand „wohlauf“. Zum Vergleich: Schaeffler beschäftigt weltweit 83000 Personen.

Stahlversorgung gesichert

Dem CEO zufolge hat Schaeffler vor allem die Versorgung mit Stahl sichergestellt. Das betreffe insbesondere die Lieferungen aus China. Diese verliefen „planmäßig“. Russland spielt bei diesem Thema eine untergeordnete Rolle. Rosenfeld berichtete über einen Anteil des Landes „im kleinen einstelligen Prozentsatz“ am Gesamtvolumen des eingekauften Stahls. Die nun ausfallenden Lieferungen aus Russland würden andere Stahlproduzenten ausgleichen. Der Westen verhängte gegen Russland umfangreiche Wirtschaftssanktionen aufgrund der Invasion.

Finanzvorstand Claus Bauer nannte als Herausforderungen die steigende Inflation, die Verfügbarkeit von Rohstoffen und den wachsenden Kostendruck in der Beschaffung. Er bekräftigte, die erhöhten Einkaufspreise an die Abnehmer abwälzen zu wollen. Der CFO sprach von „tragfähigen Lösungen“, die Schaeffler mit den Kunden erreichen müsse. „Die Preissteigerungen können nicht von uns allein getragen werden.“

Marge erhöht

Im vergangenen Jahr steigerte Schaeffler den Konzernumsatz um 10% auf 13,9 Mrd. Euro. Das um Sondereffekte bereinigte Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) sprang um 59% auf 1,26 Mrd. Euro. Das entsprach einer Umsatzrendite von 9,1 (6,3)%. Der Konzern lag damit im Rahmen seiner Erwartungen. Zum Ergebniszuwachs trugen vor allem die Sparten Automotive Technologies und Industrial bei, während das bereinigte Ebit des Bereichs Automotive Aftermarket bei 254 (258) Mill. Euro stagnierte. Erhöhte Produkt- und Vertriebskosten dämpften die Marge in der kleinsten der drei Konzernsparten.

Rosenfeld sprach davon, dass die knappe Versorgung der Autoindustrie mit Mikrochips die Schaeffler-Gruppe nur „mittelbar“ treffe. Trotz voller Auftragsbücher mussten die deutschen Autobauer ihre Produktion zuletzt teils drosseln, weil die wichtigen Halbleiterbauteile nicht mehr ausreichend vorhanden waren.

Schaeffler
Konzernzahlen nach IFRS
in Mill. Euro20212020
Umsatz1385212589
Ebit berichtet1264– 149
Ebit bereinigt1266798
  in % vom Umsatz9,16,3
F&E-Aufwand748684
Finanzergebnis– 98– 185
Ergebnis vor Steuern1122– 368
Nettoergebnis775– 419
Nettofinanzschulden19542312
Freier Cashflow*523539
Investitionen671632
Mitarbeiter (Anzahl)8298183297
*) vor M&ABörsen-Zeitung
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