Schlankheitskur für den Energieriesen
mic München
Siemens Energy verschreibt sich nach der angekündigten Komplettübernahme von Siemens Gamesa eine Schlankheitskur. „Das Unternehmen wird breiter und flacher“, sagte Vorstandsvorsitzender Christian Bruch auf dem Kapitalmarkttag. Siemens Energy müsse erfolgreich sein in einer sich sehr schnell und andauernd verändernden Umgebung. Es entfielen rund 30% der bisherigen Management-Positionen, kündigte Bruch an. In Geschäftsbereichen, in denen es bisher bis zu elf Hierarchieebenen gegeben habe, würden es künftig nur noch maximal sechs sein. Eine Reduktion der Beschäftigung werde durch die Neuorganisation nicht angestrebt, hieß es. Die Zahl der Einheiten mit eigenständiger Gewinn-und-Verlust-Rechnung werde von 80 auf sieben sinken.
Darüber hinaus verordnet sich Siemens Energy vom kommenden Geschäftsjahr an (1. Oktober) eine neue Organisationsstruktur in jenem Unternehmensteil, der sich auf die Produktion konventioneller Kraftwerke spezialisiert hat. Damit werde man den Erwartungen des Kapitalmarktes nach mehr Transparenz in den Geschäftsbereichen gerecht, sagte Finanzvorstand Maria Ferraro.
Das Geschäftssegment Gas and Power wird künftig in die drei Geschäftsfelder – Business Areas genannt – Gas Services, Grid Technologies und Transformation of Industry aufgeteilt. Gas Services bündelt als größte Einheit das Geschäft rund um Gas- und große Dampfturbinen sowie die damit verbundenen Serviceaktivitäten. Das Geschäft der bisherigen Einheit Transmission und die Aktivitäten rund um Energiespeicherung sind in Grid Technologies enthalten. Das kleinste Geschäftsfeld Transformation of Industry will sich primär der Reduzierung des Energieverbrauchs und der CO2-Emissionen in industriellen Prozessen widmen.
Die Finanzkennzahlen aller drei Geschäftsfelder sollen künftig quartalsweise komplett veröffentlicht werden. Während der Umsatz von Gas Services mittelfristig bestenfalls stagniert, sollen die beiden anderen Geschäftsfelder mit einem mittleren einstelligen Prozentsatz zulegen (siehe Grafik). Den höchsten Gewinnsprung erwartet das Management vom bisher defizitären Geschäftsfeld Transformation of Industry. Es soll die Marge um mindestens 8,5 Prozentpunkte verbessern (siehe Grafik). Der Gewinnsprung von Transformation of Industry könne auch über Partnerschaften oder M&A unterstützt werden, erklärten die Vorstände.
Allerdings ist bei den Angaben von Siemens Energy Vorsicht angebracht: Die 2021er-Marge gab der Konzern vor Sonderkosten an, die Ziel-Marge aber nach Sonderkosten. Die Entwicklung ist also nur eingeschränkt miteinander vergleichbar.
Das Geschäftsfeld Transformation of Industry wird weitergehend unterteilt: die bisherige Industrial-Applications-Einheit Compression (Turbo- und Hubkolbenkompressoren) mit 1,6 Mrd. Euro Umsatz und einem überraschend hohen Verlust (Ebita-Marge von −7%), Industrial Steam Turbines Generators mit 1,3 Mrd. Euro und 2% Marge (industrielle Dampfturbinen bis zu 250 MW und industrielle Generatoren), die profitabelste Einheit Electrification, Automation, Digitalization (bislang unter Industrial Applications gefasst) mit 1,0 Mrd. Euro und einer Marge von 4% sowie das Zukunftsgeschäftsfeld Sustainable Energy Systems (Wasserstoff, Elektrolyzer, Power-to-X, Fotovoltaik) mit 27 Mill. Euro und −200% Marge.