Schock für Stromproduzenten
Dz Zürich – Axpo, der gemessen am Jahresumsatz zweitgrößte Stromproduzent der Schweiz erhält Staatshilfe. Simonetta Sommaruga, die Ministerin, die innerhalb des siebenköpfigen Bundesrates die Verantwortung für das Departement Energie, Verkehr und Umwelt trägt, erklärte am Dienstagmorgen auf einer kurzfristigen einberufenen Medienkonferenz bei dem zugesagten Kreditrahmen für kurzfristige Liquiditätshilfen in Höhe von 4 Mrd. sfr gehe es darum, potentiellen Liquiditätsproblemen eines systemkritischen Schweizer Stromproduzenten vorzubeugen und einen „Flächenbrand“ zu verhindern.
Axpo hat die staatliche Hilfe nach eigenen Angaben noch nicht in Anspruch genommen. Das Unternehmen kann die unbesicherten Darlehen nun aber bei Bedarf innerhalb von 48 Stunden abrufen. Axpo hat nach eigenen Angaben schon vor Beantragung der staatlichen Hilfe am vergangenen Freitag eine eigene Liquiditätsreserve in Höhe von 2 Mrd. sfr gehalten. Dass das Unternehmen diese 2 Mrd. sfr für nicht mehr ausreichend hielt und dem Bundesrat den Antrag auf eine zusätzliche Sicherheit in doppelte Höhe stellte hat mit den beispiellosen Preisverwerfungen auf den internationalen Strom- und Energiemärkten zu tun.
Die Großhandelspreise für Strom hätten sich binnen Jahresfrist verzehnfacht und die massiven Preisschwankungen hätten in den vergangenen Tagen Rekordwerte erreicht, erklärt Axpo die Lage in einer Medienmitteilung. Die extreme Marktsituation hat offensichtlich gravierende Auswirkungen auf die von Axpo und von vielen anderen Stromunternehmen seit vielen Jahren mit Erfolg angewandte Praxis, die eigene Stromproduktion auf bis zu drei Jahre hinaus vor zu verkaufen. So glätten die Stromproduzenten wie auch deren Kunden das eigene Risiko kurzfristiger Preisausschläge. Doch im Zug des schlagartigen Anstieges der Strompreise und er heftigen kurzfristigen Preisschwankungen hat auch der Bedarf für die diesen Termingeschäften zugrundeliegenden Garantien explosionsartig zugenommen.
Die Stromproduzenten müssen ihren Kunden finanzielle Sicherheiten stellen für den Fall, dass der auf Jahre hinaus eingekaufte Strom am vereinbarten Datum nicht geliefert werden kann. Die Höhe der zu stellenden finanziellen Sicherheitsleistung wird zum jeweils geltenden Preis an den Strommärkten täglich neu berechnet. Die Rücklage dient den Kunden der Stromproduzenten als Sicherheit, dass sie den Strom im Fall einer ausbleibenden Vertragserfüllung durch den Produzenten verlustfrei anderweitig besorgen können.
Das Problem ist freilich längst erkannt. Der Schweizer Bundesrat hatte bereits im Frühjahr die Schaffung eines Rettungsschirmes über insgesamt 10 Mrd. sfr für die drei systemkritischen Schweizer Stromproduzenten Alpiq, Axpo und BKW in Angriff genommen und dem Parlament eine entsprechende Gesetzesvorlage unterbreitet. Die grosse Kammer sah im Frühsommer aber noch keine Notwendigkeit für die vom Bundesrat geforderte dringliche Behandlung des Rettungsschirmes. Die Liquiditätshilfe für Axpo erfolgt deshalb vorerst auf dem Weg einer notrechtlichen Verfügung. Erst im Herbst kann sie auf die Grundlage des vom Parlament dann zu verabschiedenden Gesetzes gestellt werden.
Ministerin Sommaruga rechtfertigte die Anwendung von Notrecht mit dem Auftrag der Regierung, die Versorgungssicherheit des Landes jederzeit zu garantieren. Ein unvermittelter Zahlungsausfall eines systemkritischen Stromproduzenten hätte das Potential eine Kettenreaktion auszulösen und die Stromversorgung der Schweiz zu gefährden, erklärte sie. Die Schweizer Regierung verlangt für die staatlichen Liquiditätshilfen einen hohen Preis von den Stromproduzenten. Zusätzlich zum marktüblichen Zins von bis zu 2% im Jahr wird ein Risikozuschlag für die Nachrangigkeit des Darlehens in Höhe von 1% sowie ein weiterer Risikozuschlag von 4% bis 8% erhoben. Die Kreditbedingungen sollen die Aktionäre der Stromproduzenten zwingen, die eigenen Finanzierungsmöglichkeiten vollends auszuschöpfen. Axpo steht zu 100% im direkten und indirekten Besitz verschiedener Kantone (Bundesländer) im deutschsprachigen Teil der Schweiz.