Start-up Electric Last Mile plant die Liquidation
cru/Bloomberg Frankfurt
Der Hype um Spacs (Special Purpose Acquisition Companies) verwandelt sich zusehends in einen rasanten Niedergang. Das US-Elektrofahrzeug-Start-up Electric Last Mile Solutions plant jetzt die Liquidation im Rahmen eines Konkursverfahrens nach der Gläubigerschutzregel „Chapter 7“. Die Entscheidung kommt fast ein Jahr nach dem Börsengang des Unternehmens per Fusion mit einem Spac und nur vier Monate nach dem Rücktritt des Vorstandschefs und des Verwaltungsratsvorsitzenden.
Das in Troy, Michigan, ansässige Unternehmen erklärte, dass der Verwaltungsrat und Interims-CEO Shauna McIntyre beschlossen hätten, die Firma zu liquidieren, nachdem eine Überprüfung der Produkte und Pläne von Electric Last Mile keine bessere Option für Aktionäre, Gläubiger und andere interessierte Parteien ergeben habe.
Der Kurs von Electric Last Mile stürzte am Montag um zeitweise 55% ab auf 23 Cent pro Aktie. Damit haben die Aktien 2022 bereits 93% des Werts eingebüßt – und der Marktwert ist auf 1,4 Mrd. Dollar gesunken.
Erstes Elektroauto-Desaster
Damit ist Electric Last Mile das erste der Elektrofahrzeug-Start-ups, die über die Verschmelzung auf einen Spac an die Börse gekommen sind, das im Zuge des jüngsten Markteinbruchs das Geschäft aufgeben muss. Am 27. Mai hatte das Unternehmen gewarnt, dass im Juni das Geld ausgehen könnte.
Die Gründer James Taylor und Jason Luo hatten geplant, Bausätze für elektrische Lieferwagen aus China zu importieren und sie in einer ehemaligen Hummer-Fabrik von General Motors in Mishawaka, Indiana, zu montieren. Beide Männer traten Anfang Februar zurück, nachdem Electric Last Mile sie beschuldigte, unzulässige Aktienkäufe getätigt zu haben, kurz bevor das Unternehmen die Spac-Fusion im Dezember 2020 bekannt gab. Das Unternehmen wurde Ende Juni 2021 per Spac-Transaktion an der Nasdaq notiert und erlöste mit neuen Aktien 379 Mill. Dollar.
„Ich bin sehr enttäuscht über dieses Ergebnis, denn unser Team hat eine unglaubliche Entschlossenheit gezeigt, unsere elektrischen Transporter bereitzustellen, um den kritischen Bedarf an sauberen, vernetzten Fahrzeugen zu decken, die die Kohlendioxidemissionen des Transports reduzieren“, erklärte Interimschef McIntyre. „Leider gab es zu viele Hindernisse, die wir in der kurzen Zeit, die uns zur Verfügung stand, nicht überwinden konnten.“
Taylor hatte zuvor die GM-Marke Hummer geführt und war CEO bei Electric Last Mile, während Luo, ein ehemaliger CEO von Ford China, Verwaltungsratschef war.
Electric Last Mile tut sich seit der Führungskrise schwer. Nur eine Woche nach dem Rücktritt von Taylor und Luo kündigte auch der Wirtschaftsprüfer des Unternehmens – BDO. Electric Last Mile ist seitdem ohne Wirtschaftsprüfer tätig und muss noch den Jahresbericht für das Jahr 2021 und die Finanzergebnisse für das erste Quartal 2022 einreichen, um die Nasdaq-Notierungsvorschriften einzuhalten. Das Unternehmen entließ im März ein Viertel der Belegschaft und gab bekannt, dass die US-Börsenaufsichtsbehörde gegen die Firma ermittelt.
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