Venture Capital

Start-up-Investoren stellen Klimaschutz vor US-Wahl hintan

Vor der US-Wahl wollen offenbar nur wenige Start-up-Investoren große Wetten auf den Klimaschutz abschließen. Das Wagniskapitalvolumen im Bereich Kohlenstoff-Management ist im dritten Quartal weltweit eingebrochen. Einige Firmen, wie das CO2-Abscheide-Start-up Phlair aus München, konnten zuletzt trotzdem Geldgeber für sich gewinnen.

Start-up-Investoren stellen Klimaschutz vor US-Wahl hintan

Investoren stellen Klimaschutz vor US-Wahl hintan

Pitchbook: Wagniskapitalinvestitionen in CO2-Management-Technologien weltweit eingebrochen – Ungewisse Zukunft der US-Umweltpolitik verunsichert

Vor der US-Wahl wollen offenbar nur wenige Start-up-Investoren große Wetten auf den Klimaschutz abschließen. Das Wagniskapitalvolumen ist in dem Bereich im dritten Quartal weltweit eingebrochen. Einige Firmen, wie das CO2-Abscheide-Start-up Phlair aus München, konnten zuletzt trotzdem Geldgeber für sich gewinnen.

kro Frankfurt

Start-up-Investoren haben sich laut einer Studie vor der US-Wahl mit größeren Wetten auf Kohlenstoff-Management-Technologien zurückgehalten. Im dritten Quartal flossen weltweit 2,3 Mrd. Dollar Wagniskapital in Jungfirmen, die innovative Ansätze zur Reduktion, Abscheidung, Nutzung oder Erfassung von CO2 entwickeln, wie aus einer Analyse des US-Datenanbieters Pitchbook hervorgeht. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum, als Geldgeber noch 8,8 Mrd. Dollar und damit außergewöhnlich viel in diesen Sektor gesteckt haben, entspricht das einem Rückgang von mehr als 70%. Im zweiten Quartal des laufenden Jahres sammelten Start-ups in dem Bereich noch 2,5 Mrd. Dollar ein.

Die unterschiedlichen Auffassungen der Republikaner und Demokraten über den Umgang mit dem Klimawandel haben „einen Schatten der Unsicherheit über das Start-up-Ökosystem geworfen“, schreiben die Autoren. Dabei seien gerade jene Carbon-Tech-Start-ups, die sich noch in einem sehr frühen Stadium befinden und bislang keine Umsätze eingefahren haben, derzeit massiv auf Hilfe angewiesen.

Trump gegen Inflation Reduction Act

Im Falle einer zweiten Amtszeit von Donald Trump könnten sie sich darauf allerdings nicht verlassen. Nicht nur wird erwartet, dass die USA unter ihm wie schon 2019 wieder aus dem Pariser Klimaschutzabkommen aussteigen werden. Der republikanische Präsidentschaftskandidat bezeichnete auch den von Joe Biden vor zwei Jahren gestarteten Inflation Reduction Act (IRA), der die US-Wirtschaft vor allem im Bereich von Klimaschutztechnologien ankurbeln soll, als „gigantisches sozialistisches Gesetz“ („mammoth socialist bill“) und kündigte an, die damit zusammenhängenden Ausgaben zu stoppen.

Wirtschaft in Wartestellung

Der Inflation Reduction Act hat ein Volumen von rund 370 Mrd. Dollar und erstreckt sich über zehn Jahre. Seitdem das Gesetz wirksam ist, haben Unternehmen – angetrieben von daraus resultierenden Steuergutschriften – Investitionen in Gesamthöhe von 154 Mrd. Dollar für Greentech-Fabriken auf amerikanischem Boden angekündigt, wie Zahlen des Forschungsunternehmens Atlas Public Policy zeigen. Nur die Hälfte der Summe entspringt dabei jedoch Projekten, die derzeit tatsächlich schon in Betrieb oder im Bau sind. Beobachtern zufolge warten viele Akteure derzeit mit dem Spatenstich lieber ab, bis die Wahlen durch sind.

Laut dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) ist eine vollständige Rücknahme des IRA zwar „eher unwahrscheinlich“. Das liege daran, dass es im Repräsentantenhaus sowie im Senat eine Mehrheit brauche und vor allem republikanische Staaten und die sogenannten Swing States von den IRA-Förderungen profitieren. Klimaschutz-Investoren bleiben dennoch derzeit in Wartestellung. Das unterstreichen auch Zahlen des Datenanbieters Dealroom, denen zufolge Wagniskapitalinvestitionen in US-amerikanische Klimaschutztechnologien im Allgemeinen im dritten Quartal um 39% eingebrochen sind.

Im Bereich Carbon-Tech seien derzeit vor allem jene Jungfirmen von öffentlichen Hilfen abhängig, die Technologien zur CO2-Entnahme aus der Luft („Direct Air Capture“) entwickeln, heißt es in der Pitchbook-Studie. Grund seien die teils „sehr aggressiven“ Zeitpläne für die Errichtung entsprechender Anlagen, deren Einhaltung sich für die Unternehmen noch als herausfordernd erweisen könne und die „erhebliche zusätzliche Mittel für Bau und Entwicklung erfordern“, so die Analysten. Einen Rückschlag musste in dem Zusammenhang zuletzt das US-Start-up CarbonCapture einstecken, das seine Pläne für eine große CO2-Abscheideanlage in Wyoming wegen nicht ausreichend vorhandenen grünen Stroms auf Eis legte.

In anderen Teilen der Welt konnten Start-ups mit ihren CO2-Abscheidetechnologien derweil aber auch Erfolge vermelden. So sammelte die 2022 in München gegründete Firma Phlair nach eigenen Angaben im September 14,5 Mill. Euro in einer Seed-Finanzierungsrunde ein. Das Unternehmen hat sich zum Ziel gesetzt, „die kosteneffizienteste und am besten skalierbare Technologie zur direkten CO2-Entnahme aus der Luft“ zu entwickeln. Mit den frischen Mitteln sollen im kommenden Jahr zwei Fabriken errichtet werden – eine in den Niederlanden und eine in Kanada. In Ismaning betreibt Phlair bereits eine Pilotanlage.

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