Stiller Protest

Von Sabine Wadewitz, Frankfurt Börsen-Zeitung, 27.5.2014 Mit dem Aktionärstreffen von ThyssenKrupp hatte die Hauptversammlungssaison im Dax einen turbulenten Auftakt, die Deutsche Post wird den Reigen heute zu einem ruhigen Abschluss führen. Zwar...

Stiller Protest

Von Sabine Wadewitz, FrankfurtMit dem Aktionärstreffen von ThyssenKrupp hatte die Hauptversammlungssaison im Dax einen turbulenten Auftakt, die Deutsche Post wird den Reigen heute zu einem ruhigen Abschluss führen. Zwar ging es zum Ende der Spielzeit bei Deutscher Bank und Lanxess noch mal heiß her, doch insgesamt verlief das Aufeinandertreffen von Unternehmen und Gesellschaftern unspektakulär.Für die Aktionäre gab es in der Regel wenig Anlass für Kritik. Die Dividenden können sich sehen lassen, die Ertragslage ist meist solide und die Kursentwicklung sorgt oft für zufriedene Gesichter. Neue Corporate-Governance-Themen standen auch nicht auf der Agenda, so wie vor einigen Jahren, als die großen Unternehmen ihre Vergütungssysteme erstmals zur Abstimmung stellten und einige wenige Aufsichtsräte Denkzettel kassierten. In der diesjährigen Hauptversammlungsrunde setzten nur wenige Firmen nach Anpassungen die Vorstandsvergütung auf die Tagesordnung, etwa Siemens und Munich Re, und fanden große Zustimmung. Beim Münchner Elektronikkonzern wurde der Vorschlag gegen 6 % der Stimmen durchgewunken, beim Rückversicherer zählte man 7,6 % Neinstimmen. Selbst die Heraufsetzung der Boni in der Deutschen Bank stieß auf relativ geringen Widerstand von 9,2 %.Das Thema Managergehälter könnte in der Zukunft wieder Brisanz bekommen, wird doch nach den Vorgaben des Corporate Governance Kodex von 2014 an die Transparenz deutlich erweitert. So muss künftig über die mögliche Maximalvergütung und über den tatsächlichen Zufluss im Geschäftsjahr informiert werden. Mit Umsetzung der Novelle der EU-Richtlinie über Aktionärsrechte könnte auch hierzulande aus dem bislang nicht bindenden Aktionärsvotum ein verbindliches werden. Dem EU-Vorschlag zufolge sollen börsennotierte Firmen alle drei Jahre einen Bericht über ihre Vergütungspolitik von den Anteilseignern absegnen lassen. Spanien, das auch eine Diskussion über exzessive Abfindungen für Banker erlebte, hat vergangene Woche einen entsprechenden Gesetzesvorschlag vorgelegt.Bei aller Beschaulichkeit ist aber durchaus stiller Protest in den Abstimmungsergebnissen zu erkennen. Dabei geht es nicht nur um das Dauerthema genehmigtes Kapital, wo die einschlägigen Stimmrechtsberater und Fonds für künftige Kapitalerhöhungen relativ starre Grenzen einziehen. Deutlich wird, dass institutionelle Adressen ihre Drohung wahr machen und bei Aufsichtsratswahlen genauer hinschauen. Verlangt werden detaillierte Informationen über den Werdegang und die Unabhängigkeit der Kandidaten, was von großen Konzernen in der Regel inzwischen auch geliefert wird. Das Transparenzverlangen der Anteilseigner geht immer weiter. Aufklärung ist zunehmend gefordert über die Präsenz der einzelnen Aufsichtsratsmitglieder in den Gremiensitzungen. Diesbezüglich fließen die Informationen aus den Unternehmen indes noch spärlich. Die Munich Re hat für die zur Wiederwahl aufgestellten Kandidaten jedoch eine tabellarische Anwesenheitsliste in den Unterlagen zur Hauptversammlung veröffentlicht. Stein des Anstoßes bleibt die Ämterhäufung von Aufsichtsräten und die Dauer des Mandats, wo Institutionelle seltener ein Auge zudrücken.Durchgefallen ist kein Kandidat, doch manches Wahlergebnis abseits von den üblichen fast 100 % muss den Gremienvertretern zu denken geben. So fand beim Darmstädter Familienunternehmen Merck der als kaufmännischer Direktor des Weinguts Castel Peter, Bad Dürkheim, vorgestellte Vertreter der Anteilseigner, Albrecht Merck, nur 66,45 % Zustimmung des vertretenen Grundkapitals. Allianz-Chef Michael Diekmann wehten bei BASF 31,72 % Neinstimmen ins Gesicht. Der Lufthansa-Aufsichtsratsvorsitzende Wolfgang Mayrhuber fand bei Munich Re nur 69,9 % Zustimmung. Noch niedriger (66,9 %) fiel das Votum für Wilhelm Haarmann bei SAP aus – der Anwalt ist seit 1988 in dem Gremium. Der ehemalige SAP-Vorstandssprecher Henning Kagermann wiederum musste sich bei Munich Re mit 77,9 % Zustimmung zufriedengeben. Für seine Kandidatur zur Wiederwahl in den Aufsichtsrat der Deutschen Post hat Kagermann nun angekündigt, zwei von sieben Mandaten bis Ende Juni niederzulegen – bei Nokia und der indischen Wipro. ——–Institutionelle Anleger setzen für Aufsichtsratswahlen strengere Kriterien an.——-