Lebensmittelindustrie

Südzucker strebt Ausbau des Sortiments an

Südzucker reagiert mit der Strategie „2026 plus“ auf Trends in der Ernährung, etwa Absatzverluste stark zuckerhaltiger Lebensmittel, sowie gesellschaftliche Forderungen nach mehr Nachhaltigkeit und Klimaschutz. Anleger sehen den Sortimentsausbau durch pflanzenbasierte Produkte skeptisch: Die Aktie verlor 6,4%.

Südzucker strebt Ausbau des Sortiments an

md Frankfurt

Niels Pörksen, seit März 2020 Vorstandschef von Südzucker, hat eine modifizierte Strategie für die Gruppe vorgestellt: Das Programm „2026 plus“ hat zum Ziel, Europas größten Zuckerproduzenten von einem „großtechnischen Verarbeiter von Agrarrohstoffen“ zu einem „Partner für pflanzenbasierte Lösungen“ zu entwickeln. Es sollen neue Produkte und Leistungen entwickelt, produziert und vermarktet werden, die der Ernährung aber auch als Energieträger „und darüber hinaus“ dienen können. Damit habe sich Südzucker ehrgeizige Ziele gesetzt und einen zukunftsweisenden Veränderungsprozess eingeleitet, heißt es. Die Ausrichtung der Strategie unterstreiche langfristig angelegtes Denken und Handeln mit dem Ziel profitablen Wachstums.

Die Akteure am Aktienmarkt spendeten jedoch keinen Beifall. Im Gegenteil: Der Kurs der im SDax enthaltenen Südzucker-Aktie gab in einem positiven Marktumfeld um 6,4% auf 13,40 Euro nach, obwohl die bei der Bilanzvorlage vorgestellte Prognose für das laufende Geschäftsjahr 2021/22 (28. Februar) über den Konsensschätzungen der Analysten lag und auch die Zahlen für das vergangene Jahr zum Teil die Erwartungen übertrafen.

Südzucker reagiert mit der neuen Strategie auf Trends in der Ernährung, etwa Absatzverluste stark zuckerhaltiger Lebensmittel, sowie auf gesellschaftliche Veränderungen wie der Forderung nach mehr Nachhaltigkeit, Klimaschutz bzw. der Senkung von CO2-Emissionen und Tierwohl. So soll das Angebot an proteinhaltigen Produkten ausgebaut werden. Der Bedarf an pflanzlichem Eiweiß steige mit dem Wachstum der Weltbevölkerung und der Abkehr der Verbraucher vom Fleischkonsum, sagte Pörksen in der Bilanzpressekonferenz. Für das Unternehmen, das mehrheitlich Landwirten gehört, bleibe die Zuckerrübe aber das wichtigste Agrarprodukt. „Zucker ist unsere Zukunft“, unterstrich Pörksen. „Wir werden hier unsere Märkte weiterentwickeln und unsere Stellung in Europa behaupten.“

Keine quantitativen Aussagen

Für Missmut unter Anlegern sorgte vor allem, dass keine quantitativen Angaben zu den Kosten, möglichen Synergieeffekten oder mittel- bis langfristigen Umsatz- und Ergebnispotenzialen gemacht wurden. Pörksens Erläuterungen waren auf qualitative Aussagen begrenzt. Um quantitative Ziele der Wachstumsstrategie zu nennen, sei es noch zu früh, sagte er. Auch zu neuen Produkten für die Chemieindustrie, ein weiteres künftiges Wachstumsfeld, hielt sich Pörksen bedeckt. Dabei geht es um biobasierte Chemikalien aus erneuerbarem Kohlenstoff, die aus Rüben, Zichorien, Mais, Reis oder Kartoffeln gewonnen werden.

Für dieses Geschäftsjahr erwartet Südzucker Zuwächse in Umsatz und Ergebnis. Dabei soll sich das 2019/20 Verlust schreibende Zuckergeschäft deutlich verbessern, wie Finanzvorstand Thomas Kölbl ausführte. Das Management rechnet den Angaben zufolge für 2021/22 mit einem Konzernumsatz von 7,0 bis 7,2 Mrd. Euro nach 6,7 (i.V. 6,7) Mrd. Euro. Das operative Konzernergebnis (Ergebnis vor Zinsen und Steuern, Ebit, bereinigt um Sondereffekte) soll von 236 (116) Mill. Euro auf 300 Mill. bis 400 Mill. Euro steigen. Nach Daten von Bloomberg hatten Analysten für 2021/22 im Schnitt mit einem Umsatz von 6,9 Mrd. Euro und einem operativen Ergebnis von 337 Mill. Euro gerechnet. Netto fiel 2020/21 ein Verlust nach Anteilen Dritter von 106 (122) Mill. Euro an. Dennoch soll erneut eine Dividende von 0,20 Euro je Aktie gezahlt werden.

Im Zuckersegment sei die schwierige Übergangszeit nach der Liberalisierung des Zuckermarktes in der EU, auf die Südzucker letztlich mit Fabrikschließungen und Personalabbau reagiert hatte, vorüber, erklärte Pörksen. Im Jahr 2019/20 – in dem die Corona-Pandemie Südzucker aufgrund des versetzten Geschäftsjahres „voll getroffen“ habe, so der CEO – sei die Nachfrage nach Zucker oder Portionspackungen wegen Wegfalls von Veranstaltungen, fehlender Urlaubsreisen und geschlossener Hotels und Restaurants zeitweilig gering gewesen. Im Zuckersegment erwarte das Management 2021/22 ein operatives Ergebnis von 0 bis 100 Mill. Euro nach −121 (−236) Mill. Euro. Andererseits war im Lockdown die Nachfrage nach Fertiggerichten wie Tiefkühlpizza der Tochter Freiberger kräftig gestiegen. Für das Segment Spezialitäten, zu dem Freiberger gehört, werde für 2021/22 ein operatives Ergebnis „moderat“ unter dem starken Vorjahresniveau (197 Mill. Euro) erwartet.

Wertberichtigt Seite 8

Südzucker
Konzernzahlen nach IFRS
in Mill. Euro2020/212019/20
Umsatz66796671
 Zucker22522258
 Spezialitäten24872409
Ebitda-Marge (%)8,97,2
Operatives Ergebnis236116
 Zucker −121−236
 Spezialitäten197190
Nettoergebnis−106−122
Erg. je Aktie (Euro)−0,52−0,60
Div. je Aktie (Euro)0,200,20
Operativer Cash-flow481155
Investitionen (Capex)285335
Nettofinanzschulden15111570
Gearing* (%)42,442,7
*) Nettofinanzschulden in Prozent des Eigenkapitals; Geschäftsjahr per Ende FebruarBörsen-Zeitung