Delisting

Suse verabschiedet sich von der Börse

Nach nur gut zwei Jahren endet das Intermezzo von Suse an der Börse. Mehrheitsinvestor EQT lässt sich die Übernahme weiterer ausstehender Aktien von Suse selbst finanzieren.

Suse verabschiedet sich von der Börse

Suse verabschiedet sich von der Börse

Großaktionär EQT strebt gut zwei Jahre nach IPO das Delisting an – Softwareunternehmen nimmt neue Schulden auf

sar Frankfurt
Von Sabine Reifenberger, Frankfurt

Mit Suse verlässt nach der Software AG ein weiterer deutscher Technologiewert die Börse. Das in Nürnberg gegründete Open-Source-Unternehmen, dessen Hauptsitz mittlerweile Luxemburg ist, soll sich künftig „im privaten Umfeld auf die Weiterentwicklung des Geschäfts“ fokussieren, teilte der Finanzinvestor EQT Private Equity mit, der 79% der Anteile hält. EQT nannte „Herausforderungen in der Strategieumsetzung und einige operative Veränderungen während der vergangenen zwölf Monate“ als Grund für die schwache Marktbewertung von Suse. Die geringe Liquidität der Aktie habe den Druck auf den Börsenkurs verstärkt.

Die Minderheitsaktionäre sollen nun 16 Euro je Aktie erhalten, eine Prämie von 67% auf den Xetra-Schlusskurs von Donnerstagabend, der mit 9,60 Euro auf einem Allzeittief lag. Damit gleicht die Prämie in etwa den Verlust der Aktie seit Jahresbeginn aus. Suse war mit einem Erstpreis von 29,50 Euro an der Börse gestartet und erreichte die höchsten Kursstände zum Jahresende 2021 bei rund 40 Euro. Zuletzt hatten eine Prognosesenkung und ein bereinigtes Umsatzwachstum von nur noch 1% im zweiten Quartal den Aktienkurs unter Druck gesetzt. Nach Bekanntwerden des Angebots legte die Suse-Notierung am Donnerstag um fast 60% zu und kletterte wieder deutlich über die 15-Euro-Marke.

Der Clou aus Sicht des Mehrheitsaktionärs EQT: Den Kauf weiterer ausstehender Aktien zahlt Suse letztlich selbst. Vorgesehen ist eine „Interimsdividende“, deren Höhe davon abhängt, wie viele der Aktien, die noch nicht im Besitz von EQT sind, angedient werden. Bei einer Annahmeschwelle von 100% würde sie bis auf 3,42 Euro steigen. Bei einer Annahmequote von nur 25% fiele die Dividende dagegen auf 1,07 Euro. Die Dividende fließt in den Gesamtpreis von 16 Euro je Aktie ein.

Interimsdividende fließt

Als Mehrheitsaktionär erhält auch EQT diese Sonderdividende auf seine Anteile. Eine anderweitige Finanzierung plant der Finanzinvestor für die Übernahme der ausstehenden Aktien nicht ein, vielmehr ist eine kostendeckende Interimsdividende Voraussetzung für die Transaktion: „Das Angebot soll durch die Interimsdividende finanziert werden, die die Bieterin auf ihre bestehende Beteiligung an Suse erhält“, stellt EQT in einer Mitteilung klar. „Der Erhalt der Interimsdividende durch die Bieterin in einer Höhe, die ausreicht, um den Gesamt-Angebotspreis und bestimmte Transaktionskosten der Bieterin zu finanzieren, ist eine Bedingung für den Vollzug des Angebots.“

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Die Gesamtsumme der Zwischendividende wird Suse zufolge je nach Annahmequote bei 183 Mill. bis 584 Mill. Euro liegen. Auf Liquidität fokussierte Aktionäre dürften das Angebot wohl akzeptieren, meint Analyst Charles Brennan vom Investmenthaus Jefferies.

Minderheitsaktionäre können aber auch bei dem nicht mehr börsennotierten Unternehmen an Bord bleiben. „Wir bieten allen Aktionären die Wahl: 67% Aufschlag heute, oder mit uns investiert bleiben“, sagt EQT-Partner Johannes Reichel. Aktionäre, die investiert bleiben, hätten grundsätzlich die Möglichkeit, ihre Anteile jederzeit zu veräußern oder weitere zu erwerben, unabhängig davon, ob Suse an der Börse notiert sei oder nicht. Dies sei ohne Börsennotierung jedoch sicherlich mühsamer. „Unser Angebot zielt auch eher darauf ab, dass Aktionäre, die mit uns investiert bleiben, in unserem Exit die Möglichkeit haben, mit zu verkaufen und damit unmittelbar an diesem Exit partizipieren können”, sagt Reichel.

Suse nimmt neue Schulden auf

Das Angebot soll aus einer Kombination aus vorhandener Liquidität und neuen Darlehen im Gesamtvolumen von maximal 500 Mill. Euro bezahlt werden. Die Verschuldung des Konzerns könnte damit erheblich steigen. Zum Ende des zweiten Quartals des Geschäftsjahres 2023 meldete Suse eine Nettoverschuldung von 543,8 Mill. Euro, nach 654,6 Mill. Euro im Vorjahreszeitraum. Da das auf zwölf Monate berechnete bereinigte Cash Ebitda niedriger ausfiel als im Vorjahr, bleib der Leverage unverändert bei einem Faktor von 2,3.

Aktionäre haben nach der kurzfristig erwarteten Veröffentlichung der Angebotsunterlage mindestens vier Wochen Zeit, sich für oder gegen eine Annahme zu entscheiden. Der Vollzug des Angebots unterliegt keinen behördlichen Genehmigungen und wird voraussichtlich in der ersten Oktoberhälfte abgeschlossen. Suse soll nach dem Delisting auf eine nicht börsennotierte luxemburgische Gesellschaft in der Rechtsform Société Anonyme (S.A.) verschmelzen. Eine außerordentliche Hauptversammlung soll im vierten Kalenderquartal über den Schritt beschließen.

Seit 2019 in Private-Equity-Hand

EQT hatte im Sommer 2018 die Übernahmepläne für Suse veröffentlicht, Anfang 2019 wurde das Investment aus dem EQT VIII Fonds vollzogen. Suse, die zuvor dem Unternehmen Micro Focus gehörte, wurde damals mit 2,535 Mrd. Dollar bewertet. Auch nach dem Suse-IPO im Frühjahr 2021 behielt EQT stets eine Mehrheit und kaufte sogar opportunistisch Aktien zu. Wiederholt waren Gerüchte aufgekommen, EQT könnte die Anteile an einen neuen Eigner weiterreichen. Nun entschied EQT, das Investment noch eine Weile zu halten.

EQT hatte Suse nach der Ausgliederung aus Micro Focus um die Zukäufe Rancher und Neuvector erweitert. Der erst kürzlich angetretene Suse-CEO Dirk-Peter van Leeuwen sagte, der Schritt von der Börse werde dem Unternehmen „den nötigen Spielraum geben, um das Geschäft weiter auszubauen und unsere Strategie mit dem neuen Managementteam umzusetzen“.