Kapitalkosten

Teures Fremd­kapital bremst M&A

Das M&A-Volumen ist 2022 global und auch in Deutschland eingebrochen. Damit der Finanzierungsmarkt sich wieder öffnet, braucht es nach Einschätzung von Goldman Sachs zwei Dinge: Erstens muss die Volatilität aus der Zinserwartung heraus. Zweitens muss der Rückstau bei Syndizierungen aufgelöst werden.

Teures Fremd­kapital bremst M&A

cru Frankfurt

Das M&A-Volumen ist 2022 global und auch in Deutschland um 36 % gegenüber dem vorhergehenden Rekordjahr eingebrochen. „Hauptgrund dafür ist der massive und sehr, sehr schnelle Anstieg der Kapitalkosten – bei gleichzeitig stark schwankender Zinserwartung. Die Preisfindung ist dadurch sehr schwierig geworden“, konstatieren Christopher Droege und Tibor Kossa, die beiden Co-Chefs des M&A-Geschäfts von Goldman Sachs in Deutschland.

Der Anstieg der Kapitalkosten mache sich besonders bei Unternehmensbewertungen bemerkbar, die auf abdiskontierten zukünftigen Erträgen beruhen (Discounted Cashflow). Der durchschnittliche Diskontsatz sei von 7 % zu Beginn des Jahres auf jetzt 10 % gestiegen.

Darüber hinaus werden M&A-Deals auch von der Zurückhaltung der Banken bei der Vergabe von Krediten für Fusionen und Übernahmen gebremst. „Es gibt eine gewisse Menge an noch nicht syndizierten Krediten bei den Banken aus größeren Deals, die schon früher im Jahr stattgefunden haben“, sagte Kossa. „Erst wenn dieser Rückstau abgebaut ist, wird die Bereitschaft zur Vergabe neuer Kredite wieder steigen.“ Als ein prominentes Beispiel gilt die 44 Mrd. Dollar teure Übernahme von Twitter durch Elon Musk. Auch die Milliardenfinanzierung für die Übernahme von Citrix konnte von den finanzierenden Banken nur mit Abschlägen auf den Kreditwert syndiziert werden.

Die Zurückhaltung der Banken bei Finanzierungen gilt besonders für die Deals von Finanzinvestoren, die rund 40 % des M&A-Marktes ausmachen. Diese können als Alternative Finanzierungen von Private-Debt-Fonds besorgen. Doch sind diese gewöhnlich teurer, und außerdem lassen sich damit nur „kleinere“ Deals im Wert von rund 1 Mrd. Euro finanzieren, nicht aber größere Transaktionen von mehreren Milliarden Euro Wert.

„Damit der Finanzierungsmarkt sich wieder öffnet, braucht es zwei Dinge: Erstens muss die Volatilität aus der Zinserwartung heraus. Das geschieht, sobald sicher ist, ob der Höhepunkt der Inflation überschritten ist. Zweitens muss der Rückstau bei den Syndizierungen aufgelöst werden“, sagte Kossa. „Bis sich dann der M&A-Markt wieder normalisiert, wird es wahrscheinlich die erste Hälfte des Jahres 2023 benö­tigen.“

Goldman Sachs erwartet auch eine wieder stärkere Aktivität bei Public-to-Private-Transaktionen. „Die Vorstände sind dafür offener, weil sie eine schwierige Zeit vor sich haben und weil manche Umbauten abseits der Börse einfacher zu bewältigen sind. Außerdem bieten sich P-to-P-Deals aus Sicht der Käufer an, weil die Bewertungsniveaus am Aktienmarkt gesunken sind“, erklärt Kossa.

Die meisten Finanzinvestoren hätten bei ihren Portfoliofirmen keine größeren Finanzierungsschwierigkeiten. Die Refinanzierungen seien oft noch vor Beginn des Krieges in der Ukraine zu günstigen Konditionen vollzogen worden. „Bei den Fälligkeiten der Kredite und Anleihen wird es keine größere Welle vor 2024 oder 2025 geben“, sagte Droege.

Insofern sei auch nicht zu erwarten, dass das sogenannte Distressed M&A, also Fusionen oder Übernahmen aus der Not heraus, zu einem großen Treiber werden könnte. Schwierig werde für Finanzinvestoren der Ausstieg aus Unternehmen, „weil die Bewertungen intern noch nicht angepasst sind und Fonds ungern unterhalb ihrer eigenen Bewertungen für Portfoliounternehmen verkaufen“.

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