Thyssenkrupp-Chef ruft „Jahr der Entscheidungen“ aus
Thyssenkrupp-Chef ruft
„Jahr der Entscheidungen“ aus
Russwurm spricht von „verschlechterter Wettbewerbsposition“
ab Köln
Auf eine Mischung aus Zuversicht und Schwarzmalerei dürfen sich die Aktionäre von Thyssenkrupp in der Hauptversammlung am Freitag einstellen. So spricht Vorstandchef Miguel López in der vorab veröffentlichten Rede von „einem respektablen Ergebnis“, das im Vorjahr eingefahren wurde. Für Aufsichtsratschef Siegfried Russwurm steht dagegen fest, dass sich die Kosten- und damit die Wettbewerbsposition „im Vergleich zu unmittelbaren Wettbewerbern im Inland weiter verschlechtert“ hat.
Mit Blick auf den angestrebten Portfolioumbau, allen voran die Verselbständigung der Stahlsparte samt Einbringung in ein Gemeinschaftsunternehmen mit Daniel Křetínský und den geplanten Spin-off der Marinesparte, ruft López 2025 zum „Jahr der Entscheidungen“ aus. Größte Baustelle bleibt der Stahl, für den im November Eckpunkte für die Restrukturierung vorgestellt wurden. Daraus werde nun der vorläufige Businessplan erarbeitet, sagt López ohne näher auf den Zeitplan einzugehen.
Sanierungsgutachten
Wenngleich der Thyssen-Chef dabei keine Verbindung zu dem mit Křetínský geplanten 50:50-Joint Venture herstellt, ist das eine ohne das andere nicht denkbar. Denn wenn der vorläufige Businessplan steht, wird ein Sanierungsgutachten erstellt. Auch vom Ergebnis dieses Gutachtens dürfte Křetínský abhängig machen, ob er seine 20-%-Beteiligung aufstockt. Ein klares Bekenntnis legt der Thyssen-Chef derweil zum Bau der ersten Direktreduktionsanlage ab, die zwei Hochöfen im Duisburger Norden ablösen soll. Da sich die Baukosten mittlerweile verteuert haben, waren Zweifel aufgekommen, ob an dem Transformationsprojekt festgehalten werde.
Nur am Rande streifen López und AR-Chef Russwurm die Auseinandersetzungen mit der Belegschaft. „Wir sind und bleiben an einem fairen Interessenausgleich bemüht“, sagt López und bedauert, dass „manch öffentlich ausgetragene Auseinandersetzung unnötig und sogar schädlich“ gewesen sei. Auch Russwurm spricht „mehrmals konfliktgeladene Situationen“ an, die dazu führten, dass er von seinem Doppelstimmrecht habe Gebrauch machen müssen, um strittige Entscheidungen durchzuboxen. „Ich wollte das nicht und werde weiterhin alles dafür tun, solche Situationen zu vermeiden und Gräben zu überwinden“, verspricht der Manager. Zugleich lässt Russwurm keine Zweifel daran, notwendige Entscheidungen auch künftig gegen den Widerstand der Arbeitnehmerbank durchzusetzen.
Aktienkurs lässt zu wünschen übrig
Wenngleich López dem Konzern Fortschritte auf dem Weg der Gesundung bescheinigt, ist auch er mit der Entwicklung des Aktienkurses unzufrieden. „Das aktuelle Kursniveau spiegelt nicht annähernd den wahren Wert von Thyssenkrupp wider – erst recht nicht die sehr guten Zukunftsperspektiven.“