Thyssenkrupp forciert Wasserstoff-IPO
ak Köln
Thyssenkrupp stellt die Weichen für den Börsengang der Wasserstoffsparte. Auf einem Kapitalmarkttag skizzierte die Führung das aus ihrer Sicht enorme Potenzial für den Bau von Elektrolyse-Anlagen zur Produktion von grünem Wasserstoff. „Wir wollen einer der Marktführer werden“, sagte Wasserstoff-CEO Denis Krude. Wie stark das Geschäft derzeit in Schwung kommt, demonstrierte Thyssenkrupp an den Bestellungen.
Große Order von Air Products
Zum 31. Dezember 2021 betrage der Auftragsbestand für grünen Wasserstoff 900 Mill. Euro. Die zwei größten Aufträge kamen in den vergangenen Wochen rein: Höhepunkt war im Dezember der Auftrag von Air Products zum Bau einer der größten grünen Wasserstoffproduktionen der Welt. In der neuen künstlichen Mega-City Neom in Saudi-Arabien soll Thyssenkrupp eine Elektrolyse-Anlage mit einer Leistung von mehr als zwei Gigawatt bauen. Sie soll 2026 in Betrieb gehen. Für Royal Dutch Shell soll bis 2024 eine 200 MW-Anlage im Hafen von Rotterdam gebaut werden.
Bislang ist die Tochter Thyssenkrupp Uhde Chlorine Engineers, die jetzt ihren sperrigen Namen aufgibt und in Thyssenkrupp Nucera umfirmiert, ein kleineres Geschäft im Konzern. Der neue Kunstname setzt sich nach Unternehmensangaben aus „new“, „UCE“ und „era“ zusammen und soll damit den Aufbruch und das neue Kapital der Unternehmensgeschichte symbolisieren.
Der Umsatz betrug im Geschäftsjahr 2020/21 rund 319 Mill. Euro, doch bereits da betrug das Wachstum 25%. Der Großteil kam noch aus dem angestammten Geschäft der Chloralkali-Elektrolyse, mit der vor allem Chlorgas und Natronlauge für industrielle Anwendungen hergestellt werden. Hier verfügt Nucera über „Dekaden an Erfahrung“, wie Krude ausführte. Die Anlagen baut das Unternehmen schon seit Jahrzehnten und hat bislang nach eigenen Angaben in mehr als 600 Projekten gut 10 Gigawatt Elektrolyse-Leistung installiert.
Die Technik der alkalischen Wasser-Elektrolyse ist dagegen noch jung. Thyssenkrupp Nucera baut dazu ihre bisherigen Anlagen nur geringfügig um. Grundlage sind Module mit einer Elektrolyse-Leistung von 20 Megawatt, die je nach Größe der geplanten Anlage in beliebiger Zahl nebeneinandergestellt werden können. Die jährliche Kapazität des Unternehmens liegt nach Angaben des Managements derzeit bei einem Gigawatt und soll auf fünf Gigawatt ausgebaut werden.
Starkes Wachstum erwartet
Um den tatsächlichen Wert des Geschäfts sichtbar zu machen und das geplante starke Wachstum zu finanzieren, ist ein IPO in diesem Jahr die präferierte Option. Das IPO soll nach Angaben von CFO Arno Pfannschmidt einen Primärerlös von 500 bis 600 Mill. Euro einspielen. Die Mittel sollen zu der aktuellen Nettofinanzposition von 187 Mill. Euro (per 30.9.2021) hinzukommen. Damit sollen die mit dem geplanten Wachstum einhergehenden F&E-Aufwendungen und Investitionen finanziert werden. Die aggregierten Investitionen setzt Pfannschmidt bis zum Geschäftsjahr 2024/25 mit 150 bis 200 Mill Euro an, die F&E-Ausgaben mit 50 bis 100 Mill. Euro.
Thyssenkrupp Nucera will im Geschäftsjahr 2024/25 mit der grünen Wasserstoffproduktion einen Umsatz von 600 bis 700 Mill. Euro erzielen. Im abgelaufenen Turnus waren es gerade einmal 5 Mill. Euro. Das neue Geschäft soll den Break-even etwa 2023/24 erreichen und langfristig Ebit-Margen im niedrigen zweistelligen Bereich erreichen. Nach 2025 rechnet Thyssenkrupp Nucera mit einem anhaltend starken Umsatzwachstum, da dann noch Wartungserlöse dazu kommen dürften, die sechs bis acht Jahre nach Installation der Anlagen anfangen zu fließen.
Mehrheitseignerin bleibt
Das herkömmliche Geschäft mit Chloralkali-Elektrolyse ist profitabel und hat im vergangenen Geschäftsjahr eine Ebit-Rendite von 8,7% erwirtschaftet. Davor lag sie etwas höher, laut Pfannschmidt wirkten sich bereits die Aufbaukosten für das Wasserstoffgeschäft belastend aus. Das Chloralkali-Geschäft soll sich weitgehend stabil weiterentwickeln und im Geschäftsjahr 2025/26 einen Umsatz von rund 300 Mill. Euro erzielen.
Thyssenkrupp Nucera, das 2015 als Joint Venture mit dem italienischen Industriekonzern De Nora entstanden war, soll in der Rechtsform einer Kommanditgesellschaft auf Aktien an die Börse gebracht werden. Der Mutterkonzern, der bislang 66% hält, will zunächst die Mehrheit behalten.