Thyssenkrupp Nucera wartet noch auf Auftragsflut
Bei Nucera hält Realität Einzug
Wasserstoffaufträge lassen weiter auf sich warten – Zinserträge bescheren schwarze Zahlen
ab Köln
Thyssenkrupp Nucera ist aus Schaden klug geworden und geht die Prognose für den im Oktober angelaufenen Turnus realistischer an. Das zahlte sich am Tag der Bilanzvorlage auch an der Börse aus: In der Spitze legte die Aktie um gut 10% zu. Mit knapp 10 Euro ist der Kurs jedoch noch weit vom Ausgabepreis von 20 Euro entfernt.
Thyssenkrupp Nucera hat Lehren aus der Gewinnwarnung im Sommer gezogen und drosselt die kurzfristigen Erwartungen an das Geschäft mit der Wasserelektrolyse. Für den im Oktober angelaufenen Turnus erwartet der Elektrolyse-Spezialist einen Konzernumsatz von 850 bis 950 (i.V. 862) Mill. Euro, wie der Vorstand bei der Bilanzvorlage erläuterte.
„Die langfristigen Wachstumsaussichten von Thyssenkrupp Nucera sind weiterhin intakt“, machte Vorstandchef Werner Ponikwar Mut. Auf kurze Sicht bleibe die Marktdynamik jedoch schwierig, nicht zuletzt aufgrund regulatorischer Unsicherheiten. Entsprechend kalkuliert die mehrheitlich zu Thyssenkrupp gehörende Gesellschaft für das Geschäft mit der Wasserelektrolyse (AWE) für 2024/25 nur mit Erlösen von 450 bis 550 Mill. Euro. Im zurückliegenden Geschäftsjahr waren es 524 Mill. Euro.
Aktie schnellt in die Höhe
Der untere Prognoserand werde allein dadurch erreicht, dass bestehende Aufträge abgearbeitet würden, stellte Finanzchef Arno Pfannschmidt heraus. Bis zur Gewinnwarnung im Juli, als die Dortmunder die Planung für 2024/25 kassierten, waren für den laufenden Turnus AWE-Umsätze zwischen 700 und 800 Mill. Euro eingeplant. Mit dem realistischeren Blick auf die Marktentwicklung – zahlreiche Unternehmen ließen ihre Pläne für Wasserstoffprojekte zuletzt in den Schubladen verschwinden – punktetet das Unternehmen an der Börse. Die Aktie, die im Sommer aus dem SDax geflogen war, legte am Dienstag in der Spitze um fast 13% zu. Erstzeichner der Aktie stehen aber immer noch bei einer Halbierung des Einsatzes.
Dennoch wird Ponikwar nicht müde, die Geschäftschancen in schillernden Farben zu zeichnen. Nucera verfolge derzeit aktiv 40 Projekte mit einem Vertragsvolumen von 11 Mrd. Euro. Allerdings befindet sich das Gros dieser Projekte in einem frühen Stadium. Zudem macht Ponikwar sowohl in Europa als auch in den USA regulatorische Hemmnisse aus.
Regierungswechsel ohne Folgen
Wenngleich der Inflation Reduction Act (IRA) ausdrücklich grüne Wasserstoffprojekte fördere, fehlten zwei Jahre später noch immer die Detailregelungen für die steuerliche Begünstigung, beklagte Ponikwar. Dass sich an der Förderstruktur mit Donald Trump als nächstem US-Präsidenten grundsätzlich etwas ändert, glaubt der Manager nicht. Es herrsche Konsens, dass sich der Regierungswechsel in den USA nicht spürbar auf die IRA-Inhalte auswirke. Praktisch alle Unternehmen warteten nur auf die finale Ausgestaltung.
Projektverzögerungen bei den Kunden könne Nucera aussitzen. Zum einen, weil das Unternehmen global aufgestellt sei. Zum anderen aufgrund des wenig kapitalintensiven Geschäftsmodells. Die Dortmunder setzen vollständig auf Auftragsfertigung.
Das im September abgelaufene Geschäftsjahr hat Thyssenkrupp Nucera mit einem Gewinn von 11 Mill. Euro abgeschlossen, obwohl operativ rote Zahlen geschrieben wurden. Grund dafür waren die hohen Zinserträge aus der Anlage des Emissionserlöses aus dem Börsengang. Das führte letztlich zu mehr als einer Verdoppelung des Finanzergebnisses auf 26 Mill. Euro. Vor Zinsen und Steuern stand dagegen ein Verlust von 14 Mill. Euro zu Buche. Das war gleichwohl weniger als befürchtet. Auch im neuen Geschäftsjahr wird operativ vermutlich erneut ein Verlust gezeigt. Die Ebit-Prognose reicht von –30 bis 5 Mill. Euro.