Stahlindustrie

Thyssenkrupp setzt Aufholjagd fort

Thyssenkrupp sieht sich nach dem ersten Quartal auf Kurs zu den Jahreszielen. Entscheidend dafür ist auch, dass sich die Lieferkettenprobleme in der Autoindustrie allmählich lösen.

Thyssenkrupp setzt Aufholjagd fort

ab Köln

Getrieben von satten Ergebnissteigerungen im Werkstoffhandel wie in der Stahlsparte und dank eines beinahe ausgeglichenen operativen Ergebnisses in der Abwicklungseinheit Multi Tracks ist Thyssenkrupp mit einem Ergebnissprung in den neuen Turnus gestartet. Das operative Ergebnis (Ebit) stieg um 300 Mill. auf 378 Mill. Euro, unter dem Strich gelang mit 106 (i.V. –141) Mill. Euro die Rückkehr in die schwarzen Zahlen. Zwar ist noch viel zu tun, um die ambitionierte Prognose – insbesondere was den Cashflow anbelangt – zu erreichen. Doch machte Finanzchef Klaus Keysberg keinen Hehl aus seiner Zuversicht. Die Prognose werde ohne Wenn und Aber bestätigt, sagte der Finanzchef. Operativ will Thyssenkrupp im Geschäftsjahr 1,5 bis 1,8 Mrd. Euro verdienen.

Dass im Berichtsquartal erneut 858 Mill. Euro (Free Cashflow vor M&A) abflossen, sei hingegen erwartet worden, sagte Keysberg im Pressegespräch. Zurückzuführen sei das auf die Vorbereitungen auf eine stärkere Nachfrage in den Folgequartalen sowie auf den andauernden Halbleitermangel in der Automobilindustrie, der zu verzögerten Kundenabrufen geführt habe. Für das bis September laufende Geschäftsjahr streben die Essener zumindest einen ausgeglichenen freien Cashflow vor M&A an. Mit Blick auf die anhaltenden Probleme in den Lieferketten geht Thyssenkrupp von einer Normalisierung bis zum Sommer aus. Die Nachfrage sei robust, ein Abflachen sei in diesem Jahr nicht zu erwarten, sagte Keysberg.

Chipkrise belastet

Dabei war Thyssenkrupp im Berichtsquartal gleich in mehreren Segmenten von der Chipkrise betroffen. So lagen Auftragseingang und Versand in der Stahlsparte mengenmäßig unter Vorjahr. Gleichwohl führten die höheren Preise zu einem Anstieg im Auftragseingang um 3 % und im Umsatz um 39 %. Das bereinigte Spartenergebnis vor Zinsen und Steuern schnellte auf 124 (i.V. 20) Mill. Euro in die Höhe. Mit einer Ebit-Marge von 4,7 % hat die Sparte den Anschluss an die Wettbewerber jedoch noch nicht gefunden. Hier gilt nach wie vor das Versprechen, aufgrund der Vertragsstrukturen erst zeitverzögert von den gestiegenen Absatzpreisen zu profitieren. Im Gesamtjahr soll die Stahlsparte einen operativen Gewinn von mindestens 1 Mrd. Euro erwirtschaften.

Auch im Segment Automotive Technology machten sich die Lieferengpässe in einem Rückgang der Kundenabrufe bemerkbar. In der Folge gab der Spartenumsatz um 9 % nach, das um Sonderfaktoren bereinigte operative Ergebnis (Ebit) brach um 65 % auf 38 Mill. Euro ein. Dabei spielten nach den Angaben auch die schwächere Nachfrage in China sowie die gestiegenen Vormaterial-, Fracht- und Energiekosten eine Rolle.

Von den höheren Stahlpreisen profitierte dagegen der Werkstoffhandel. Das Segment Material Services konnte den Umsatz im Berichts­quartal auf 3,3 (0,9) Mrd. Euro mehr als verdreifachen und das bereinigte Ebit um stolze 214 Mill. Euro auf 219 Mill. Euro verbessern.

Portfolioumbau

Schwächer als im Vorjahr schnitt das Segment Industrial Components ab. Der Umsatz gab um 3 % nach, das operative Ergebnis schnurrte auf 56 (101) Mill. Euro zusammen. Neben Nachfragerückgängen im Bereich der Großwälzlager machten sich hier zudem die gestiegenen Material-, Fracht- und Energiekosten bemerkbar. Marine Systems bewegte sich dagegen mit einem bereinigten Ebit von 6 (5) Mill. Euro auf Vorjahresniveau.

Nicht in die Karten schauen ließ sich Keysberg mit Blick auf die anstehenden Portfoliomaßnahmen. Der Börsengang des Wasserstoffgeschäfts Nucera bleibe die bevorzugte Variante. Entschieden werde darüber in der ersten Jahreshälfte, wiederholte der Manager frühere Aus­sagen.

Auf die lange Bank geschoben wird dagegen die Entscheidung über den Spin-off der Stahlsparte. Wie Keysberg erläuterte, hat Thyssenkrupp dabei die Fäden aber nicht allein in der Hand. Vielmehr müsse Klarheit über die Rahmenbedingungen – konkret die staatlichen Hilfen – bei der Transformation zum grünen Stahl herrschen. Die vom Staat zugesagten Investitionsmittel – Spartenchef Bernhard Osburg hatte auf dem Kapitalmarkttag im Dezember von 5 Mrd. Euro gesprochen – lägen zur Genehmigung in Brüssel. Hier werde in den nächsten Monaten mit einer Entscheidung gerechnet.

Noch völlig im Dunkeln liegt dagegen der Umfang der staatlichen Unterstützung bei den Betriebs­kosten. Denn die Produktion von ­grünem Stahl wird anfangs über den heutigen Kosten liegen. Die Kostendifferenz soll aus Sicht der Branche über sogenannte Carbon Contracts for Difference ausgeglichen werden.

Thyssenkrupp
Konzernzahlen* nach IFRS
1. Quartal   
in Mill. Euro2021/222020/21
Auftragseingang10 3987 845
Umsatz9 0237 321
Bereinigtes Ebit37878
Ebit-Marge (%)4,21,1
Ebit29824
Periodenergebnis106– 141
Free Cashflow vor M&A– 85832
Nettofinanzposition2 7015 062
Eigenkapital11 4259 929
*) Geschäftsjahr zum 30.9.Börsen-Zeitung