Stahlindustrie

Thyssenkrupp traut sich mehr zu

Mit einem Performance-Programm will der neue Chef von Thyssenkrupp die Geschäfte wieder auf Augenhöhe mit dem Wettbewerb bringen.

Thyssenkrupp traut sich mehr zu

Thyssenkrupp legt neues Performance-Programm auf

“In allen Geschäften stecken riesige Chancen” – Ergebnis am oberen Prognoserand avisiert – Verselbständigung der Stahlsparte bleibt das Ziel

ab Düsseldorf

Nach den ersten 70 Tagen im Amt als Vorstandschef von Thyssenkrupp steht für Miguel López fest: “Die Verbesserung der Leistungsfähigkeit hat allerhöchste Priorität.” Zwar bescheinigte der neue Thyssen-Chef dem Konzern eine robuste Entwicklung im dritten Quartal. Doch die Gespräche mit verschiedenen Stakeholdern hätten ergeben, dass die Rentabilität der Segmente auf Wettbewerbsniveau gebracht werden müsse. Daher erarbeite Thyssenkrupp derzeit ein umfassendes Performance-Programm, kündigte López an. Zugleich sei er überzeugt: “In allen Geschäften stecken riesige Chancen.”

Zu Details könne er sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht äußern. Einen weiteren Stellenabbau schloss er ausdrücklich nicht aus. Unter Vorgängerin Martina Merz war der Abbau von 13.000 Stellen eingeleitet worden. Davon wurden per Ende Juni 11.000 Streichungen realisiert, wie Finanzchef Klaus Keysberg sagte. Auch Merz hatte “Performance, Performance, Performance” zum Mantra erhoben. Nichtsdestotrotz erklärte López jetzt: “Ein umfassendes Performance-Programm hat es in den letzten Jahren nicht gegeben.” Entscheidend sei die konsequente Umsetzung jedweder Maßnahmen. Regelmäßige Performance-Reviews sollen künftig unter seiner Leitung stattfinden.

Mittelabfluss gestoppt

Obwohl das operative Ergebnis im dritten Quartal um 66% auf 243 Mill. Euro eingebrochen ist, nimmt der Traditionskonzern für das Gesamtjahr nun den oberen Prognoserand ins Visier. Demnach soll ein bereinigtes Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) im hohen dreistelligen Millionen-Euro-Bereich erwirtschaftet werden. Nach neun Monaten beläuft sich die Kenngröße auf 615 Mill. Euro. Fast noch wichtiger ist allerdings, dass sich der Free Cashflow vor M&A im dritten Quartal mit 347 Mill. Euro in positivem Terrain bewegte. Für das Gesamtjahr wird unverändert ein “leicht positiver Free Cashflow” erwartet. In den ersten neun Monaten sind noch 234 Mill. Euro abgeflossen.

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Der scharfe Ergebnisrückgang war vor allem auf die gesunkenen Stahlpreise zurückzuführen, welche den Werkstoffhandel (Material Services) und die Stahlsparte erheblich belasteten. Material Services verdiente im Berichtsquartal vor Zinsen, Steuern und Sonderfaktoren 50 (i.V. 386) Mill. Euro. Bei Steel Europe hat sich der Gewinn auf nahezu 190 Mill. Euro halbiert.

Verkauf von Nucera-Aktien

In den Sparten Industrial Components, Automotive Technology und Marine Systems konnten Ergebniszuwächse verbucht werden. Das reichte aber bei weitem nicht, um die Rückgänge in den stahlnahen Sparten auszugleichen. Dennoch hob Keysberg hervor, dass Thyssenkrupp “durch die Maßnahmen der Vergangenheit deutlich resilienter” geworden sei.

Bei der Transformation des Unternehmens seien mit dem Börsengang der Wasserstofftochter Nucera und der Förderbewilligung für den grünen Umbau der Stahlsparte wichtige Meilensteine erreicht worden. Aus dem Verkauf von Nucera-Aktien, die Thyssenkrupp für die Mehrzuteilungsoption bereitgestellt hatte, fließen dem Konzern im vierten Quartal 52 Mill. Euro zu.

Portfolio “zu komplex”

Gleichwohl hält López das Portfolio für “zu komplex”. Von daher wird an der Verselbständigung der Stahlsparte und des Marineschiffbaus festgehalten. Wie der Weg dorthin aussehen soll, verriet López nicht. Zumal sich das Interesse möglicher Partner oder Käufer für das Stahlgeschäft wieder abgekühlt haben soll, wie Reuters berichtet. Für Marine Systems sei “die Dekonsolidierung die beste Option”. Die Abwicklungseinheit Multi Tracks arbeitet derzeit am Verkauf der Sparten Springs & Stabilizers und Automation Engineering.

Mit einem neuen Performance-Programm will Thyssenkrupp Anschluss an den Wettbewerb finden. Daran arbeitet der Vorstand, der seit Juni von Miguel López geführt wird. Die Ergebnisse im dritten Quartal werden trotz des drastischen Gewinneinbruchs infolge des Verfalls der Stahlpreise als “robust” qualifiziert.

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