Stahlindustrie

Thyssenkrupp vertröstet bei Dividende auf nächstes Jahr

Thyssenkrupp ist die Trendwende im abgelaufenen Turnus gelungen. Zwar gehen die Aktionäre erneut leer aus. Für das laufende Jahr ist eine Dividendenzahlung aber fester Bestandteil des Zielekatalogs.

Thyssenkrupp vertröstet bei Dividende auf nächstes Jahr

ab Köln

Thyssenkrupp kämpft sich mit Macht aus dem tiefen Tal. „Wir haben große Fortschritte gemacht, aber es liegen noch eine Menge Arbeit und weitere Belastungen vor uns“, bilanzierte Vorstandschefin Martina Merz in der Pressekonferenz. Die Vision von Thyssenkrupp als „Group of Companies“ liege in Sichtweite. Das belegen nicht nur die deutlich verbesserten Ergebnisse im abgelaufenen Turnus, sondern insbesondere die ambitionierten Ziele für das im Oktober angelaufene Geschäftsjahr.

Dann wollen die Essener auch endlich wieder Dividende zahlen, wie Merz versprach. Denn für 2020/21 gehen die Aktionäre erneut leer aus, es ist der dritte Dividendenausfall in Folge. Konkret wird für das neue Geschäftsjahr ein Jahresüberschuss von „mindestens 1 Mrd. Euro“ in Aussicht gestellt. Zudem soll der Mittelabfluss gestoppt werden, erwartet wird ein ausgeglichener Free Cash-flow vor M&A. Zugleich soll der operative Gewinn (bereinigtes Ergebnis vor Zinsen und Steuern) auf 1,5 Mrd. bis 1,8 Mrd. Euro ausgebaut werden. Im zurückliegenden Turnus war hier bereits ein Swing um 2,5 Mrd. auf 796 Mill. Euro gelungen.

Die erwartete Ergebnisverbesserung haben gemäß Prognosebericht vor allem Steel Europe und Multi Tracks zu liefern, während bei Material Services und Industrial Components mit teils deutlichen Ergebnisrückgängen kalkuliert wird. Im Werkstoffhandel ist in diesem Zusammenhang von einer „Normalisierung“ des Geschäfts die Rede. Steel Europe wird dagegen ein Sprung im operativen Ergebnis um „mindestens 1 Mrd. Euro“ zugetraut nach 116 Mill. Euro im abgelaufenen Turnus. Damit würde Steel Europe auch endlich wieder die Kapitalkosten verdienen (siehe Grafik).

Zu der Ergebnisverbesserung haben im zurückliegenden Turnus alle Segmente beigetragen, wenngleich Multi Tracks – hier hat Thyssen die zum Verkauf stehenden Geschäfte gebündelt – abermals einen operativen Verlust von fast 300 Mill. Euro schrieb. Allerdings wird das Konzernergebnis erneut mit roter Tinte geschrieben. Schwerer wiegt jedoch, dass im abgelaufenen Turnus erneut 1,3 Mrd. Euro abgeflossen sind.

Ursächlich dafür waren nach den Angaben hohe Auszahlungen für Restrukturierungen und Investitionen. Dadurch schrumpfte die Nettofinanzposition um 1,5 Mrd. Euro auf 3,6 (i.V. 5) Mrd. Euro zusammen. Die hohe Netto-Cash-Position war Ergebnis des im Juli 2020 abgeschlossenen Verkaufs der Aufzugssparte, an der Thyssen nur noch mit einem kleinen Minderheitsanteil beteiligt ist.

Neuer Hoffnungsträger ist Uhde Chlorine Engineers (UCE); die Gesellschaft ist im Geschäft mit Wasserstoff-Elektrolyseuren tätig. Hier wollen die Essener von der hohen Nachfrage nach grünem Wasserstoff profitieren. War zunächst eine Verpartnerung angedacht, stehen die Zeichen nun auf IPO. „Aktuell plant Thyssenkrupp einen Börsengang als Vorzugslösung“, sagte Merz.

Der Markt entwickle sich dynamisch, von daher sei Schnelligkeit ausschlaggebend, begründete die Thyssen-Chefin. Uhde Chlorine Engineers ist ein Joint Venture mit der italienischen De Nora, die ein Drittel der Anteile hält. Im Zuge des Börsengangs, der für das Frühjahr ins Auge gefasst wird, will Thyssenkrupp aber in jedem Fall die Mehrheit behalten. Bloomberg hatte kürzlich berichtet, das Geschäft könne mit bis zu 5 Mrd. Euro bewertet werden. Dazu äußert sich Thyssenkrupp natürlich nicht, Merz kündigte für Januar einen Kapitalmarkt von UCE an.

Da sich UCE und der Chemieanlagenbau gegenseitig befruchteten, werde über die Zukunft des Chemieanlagenbaus, der sich bereits unter dem Dach von Multi Tracks befindet, erst mittelfristig entschieden. Gleiches gelte für den Zementanlagenbau, für den der Verkaufsprozess zuletzt auf Eis gelegt worden war.

Auf die lange Bank geschoben wird die Entscheidung zur Stahlsparte. Im Frühjahr werde Thyssenkrupp dazu kommunizieren, kündigte Klaus Keysberg an, der im Vorstand auch für Steel Europe verantwortlich ist. Eine Entscheidung werde es bis dahin aber nicht geben. Geliebäugelt wird unverändert mit der Verselbständigung der Sparte, führte Keysberg aus. Das Vorhaben sei komplex und von zahlreichen Unwägbarkeiten geprägt, dennoch eröffne die eigenständige Aufstellung dem Geschäft „bestmögliche Zukunftsperspektiven“. Die Entscheidung hänge aber maßgeblich auch von externen Faktoren wie beispielsweise der Planungssicherheit und politische Unterstützung bei den regulatorischen Rahmenbedingungen – gerade mit Blick auf die grüne Transformation – ab. „Von daher nehmen wir uns die Zeit, die es braucht, um eine Entscheidung dieser Tragweite zu treffen“, sagte Keysberg.

Thyssenkrupp
Konzernzahlen 1 nach IFRS
in Mill. Euro2020/20212019/20020
Auftragseingang39 57128 150
Umsatz34 01528 899
Bereinigtes Ebit796– 1 079
Ebit443– 5 260
Finanzergebnis– 343– 333
Ergebnis fortgeführtes Geschäft– 19– 5 541
Ergebnis nicht fortgeführtes Geschäft– 615 134
Periodenergebnis

– 25

9 592
 Thyssen-Aktionäre– 1159 585
Free Cash-flow 2– 1 273– 4 835
Nettofinanzposition3 5865 053
Eigenkapitalquote (%)2928
1) Geschäftsjahr zum 30.9.; 2) vor M&A Börsen-Zeitung