Tochter Gamesa senkt die Prognose
mic München
Eine Prognosesenkung der spanischen Windkraftanlagen-Tochter Siemens Gamesa macht die Geschäftsjahrespläne von Siemens Energy zu Makulatur. Das untere Ende der operativen Zielrendite 2020/2021 von 3 bis 5% (angepasste Ebita-Marge vor Sondereffekten) werde nicht erreicht, teilte der Konzern, der 67% an Gamesa besitzt, in der Nacht zum Donnerstag mit. Der Umsatz werde aber wie angekündigt um 3 bis 8% zulegen.
Aktienkurse brechen ein
Der Aktienkurs von Siemens Energy sank im Xetra-Handel um 11,1% auf 22,92 Euro. Die Papiere von Siemens Gamesa schlossen in Madrid 14,4% schwächer mit 22,49 Euro. Andere Windanlagenbauer wie Nordex (−5,6%) verloren ebenfalls deutlich an Marktkapitalisierung.
Siemens Gamesa kämpft erneut mit Problemen im defizitären Onshore-Geschäft. Der seit einem Jahr amtierende Vorstandsvorstandsvorsitzende Andreas Nauen strebt in der Sparte einen Turnaround an. Das Unternehmen berichtet nun zum einen von einem scharfen Anstieg der Rohmaterial-Preise. Zum anderen fielen die Anlaufkosten für die neue Generation von Windkraftanlagen an Land (5.X) insbesondere in Brasilien höher aus als ursprünglich geplant. Hinzu kämen Nachschubprobleme infolge der Corona-Pandemie, auch entständen Engpässe in der Projektabwicklung, hieß es in einer Pressemitteilung.
Verlust im Quartal
Nachdem Siemens Gamesa nach dem zweiten Quartal bereits das obere Ende der Umsatzprognose für das laufende Geschäftsjahr (bis 11,2 Mrd. Euro) gekappt hatte, prognostiziert das Management nun, dass nur das untere Ende der damals verkündeten Ziel-Bandbreite von 10,2 Mrd. Euro bis 10,5 Mrd. Euro erreicht werde. Statt einer positiven operativen Rendite in Höhe von 3 bis 5% erwartet der Vorstand nun höchstens eine schwarze Null. Die operative Rendite wird der neuen Prognose zufolge zwischen −1 und 0% landen (Ebit-Marge vor Kaufpreisallokationen und vor Integrations- und Restrukturierungskosten).
Bereits im dritten Quartal des Geschäftsjahres (30. Juni) rutschte Siemens Gamesa in die roten Zahlen. Den veröffentlichten Eckzahlen zufolge betrug das Ebit vor Kaufpreisallokation und vor Integrations- und Restrukturierungskosten −150 Mill. Euro.
Der entscheidende Faktor ist eine Neubewertung des Auftragsbuchs im Onshore-Windkraftgeschäft, die vor allem mit den 5.X-Anlaufproblemen in Brasilien begründet wird – die Auslieferung der neuen Generatorengeneration ist in den Geschäftsjahren 2021/2022 und 2022/2023 geplant. Diese Neubewertung schlägt mit 229 Mill. Euro zu Buche.
Im vierten Geschäftsjahresquartal 2019/2020 hatte Siemens Gamesa bereits Sonderkosten für die neue Plattform SG 4.X ansetzen müssen. Damals waren für die Beseitigung einer Fehlentwicklung am Getriebe 69 Mill. Euro auf Ebit-Ebene fällig geworden. Im dritten Quartal stieg der Umsatz von 2,4 Mrd. Euro auf 2,7 Mrd. Euro.
Blick auf Mittelfristziele
Nach dem zweiten Quartal des Geschäftsjahres hatte Nauen noch versucht, Bedenken zu zerstreuen, dass sich der Turnaround des Onshore-Segments verzögern könnte: „Wir machen den Fortschritt, den wir machen wollten.“ Nun wollte er sich nicht festlegen, ob die Mittelfristziele gültig bleiben.
Siemens Gamesa wird die endgültigen Quartalszahlen samt Zwischenbericht am 30. Juli vorlegen. Siemens Energy veröffentlicht den Quartalsbericht am 4. August. Der Konzern erklärte, dass er an seiner Prognose für die Sparte konventionelle Energieerzeugung (Gas and Power) festhalte. Deren Umsatz soll um 2 bis 6% zulegen, die operative Rendite wird demnach zwischen 3,5 und 5,5% liegen.
Der Großaktionär Siemens Pension Trust hatte seine Beteiligung einige Tage vor der Veröffentlichung der aktuellen Eckzahlen mindestens halbiert auf weniger als 5%.
Wertberichtigt Seite 8