Uber macht der Markt zu schaffen
Von Andreas Hippin, London
Am Ende ist es der Markt, der dem Fahrdienst Uber in London zu schaffen macht, – nicht die Versuche des traditionellen Taxigewerbes und des Labour-Bürgermeisters Sadiq Khan, dem US-Plattformbetreiber das Geschäft durch regulatorische Auflagen zu erschweren. Zuletzt häuften sich in der britischen Metropole die zumeist in den sozialen Medien vorgetragenen Klagen über lange Wartezeiten. Zudem setze das „Surge Pricing“ früher ein, d. h. den Kunden werden automatisch höhere Preise abverlangt, wenn mehr Anfragen eingehen. Das Unternehmen macht dafür eine in manchen Städten um bis zu 40 % höhere Nachfrage verantwortlich.
Es könnte aber auch daran liegen, dass viele Fahrer während der Corona-Ausgangssperren mangels Kundschaft andere Jobs angenommen haben, – etwa bei den Bringdiensten Deliveroo oder Just Eat. Angeblich haben sich Tausende seither nicht mehr bei der App angemeldet. Angesichts der zahllosen offenen Stellen im ganzen Land bieten sich ihnen viele Alternativen zu einem nicht garantierten Beschäftigungsverhältnis bzw. zur Scheinselbständigkeit als Fahrer. Auch die steigenden Benzinpreise und Verkehrsberuhigungsmaßnahmen, die den Weg zum Kunden unnötig verlängern, haben das Interesse an Fahrertätigkeiten gedämpft.
„Multi-Apping“ ist ein weiteres Problem für das Unternehmen. Weil Uber in London auf den gleichen Pool von Fahrern zugreift wie andere Fahrdienstanbieter, werden bereits zugesagte Fahrten kurzfristig abgesagt, wenn sich unternehmerisch denkende Chauffeure einen lukrativeren Auftrag auf einer anderen App wie z. B. Bolt sichern können. Das Plattform-Modell ist eben nur attraktiv für den Betreiber, wenn sich den Nutzern keine ernstzunehmenden Alternativen bieten.
Uber will mit der ersten Preiserhöhung in London seit 2017 gegensteuern und sucht in Großbritannien 20 000 neue Fahrer. Schließlich geht das Management von einer gestiegenen Nachfrage aus. Seit gestern müssen Kunden 10 % mehr bezahlen, wie der „Evening Standard“ berichtet. Die Grundgebühr wurde von 5,0 auf 5,5 Pfund heraufgesetzt. Fahrten zum Flughafen während der Stoßzeiten können ein Viertel mehr kosten. Das soll Fahrer dazu bewegen, ihre Dienste wieder über die App anzubieten. Doch ein Viertel des Fahrpreises müssen sie an den Plattformbetreiber abtreten. Bevor ihnen der britische Supreme Court Mindestlohn, bezahlten Urlaub und andere Arbeitgeberleistungen zusprach, war es nur ein Fünftel. Man darf gespannt sein, ob Uber sich mit weniger zufriedengeben wird, wenn sich die Situation weiter zuspitzt.
Die Kunden haben den Vorteil, inzwischen aus einer ganzen Reihe von Anbietern wählen zu können. Uber kann den Preis nicht allein festlegen. Man darf davon ausgehen, dass einer der Rivalen darauf setzen wird, per Unterbietungswettbewerb am Platzhirsch vorbeizuziehen.