„Von Anfang bis Ende herrschte gegenseitiges Vertrauen“
CORPORATE FINANCE AWARD: DIE PREISTRÄGER (2) PRIVATE EQUITY
„Von Anfang bis Ende herrschte Vertrauen“
KPS Capital Partners lobt die Zusammenarbeit mit Siemens beim Kauf von Innomotics – Neuer Eigentümer setzt in den nächsten Jahren auf Wachstum
Der größte Private-Equity-Deal im europäischen Industriesektor in den vergangenen drei Jahren – das ist eine Auszeichnung wert. KPS Capital Partners aus New York erhält den Corporate Finance Award der Börsen-Zeitung für den Kauf von Innomotics, einem Anbieter von Elektromotoren und Großantriebssystemen.
Von Michael Flämig, München
Im Mai vergangenen Jahres erhielt die Private-Equity-Gesellschaft KPS den Zuschlag für den Kauf von Innomotics. Doch obwohl der Kaufpreis von 3,5 Mrd. Euro stattlich ist, rückt KPS-Mitgründer und -Partner Michael Psaros im Gespräch einen nichtfinanziellen Aspekt in den Vordergrund. Siemens sei als Verkäufer ein außergewöhnlicher Partner gewesen: „Von Anfang bis Ende herrschte gegenseitiges Vertrauen.“ Vertrauen sei für KPS in derartigen milliardenschweren Transaktionen entscheidend. Er habe das große Glück, an zahlreichen Transaktionen dieser Art beteiligt gewesen zu sein, sagt Psaros: „Aber das hier war absolut eine der besten.“
Der Anbieter von Motoren- und Großantriebssystemen Innomotics existiert als eigenständige Gesellschaft erst seit Juli 2023. Aber die Geschichte des Unternehmens reicht rund 150 Jahre in die Anfangszeit von Siemens zurück. Elektromotoren gehörten einst zur DNA des Konzerns. Als Siemens-Einheit Large Drive Applications, die den Innomotics-Kern bildete, fristeten die Aktivitäten jedoch zuletzt ein Schattendasein – und schienen in diesem Unternehmensteil defizitär gewesen zu sein. Zumindest stieg die Marge der Sparte die Digital Industries um 0,8 Prozentpunkte auf 23,4%, als der Großteil des heutigen Innomotics-Geschäfts nicht mehr der Sparte zugeordnet war und letztlich ausgegliedert wurde.
Der Preis
Die Börsen-Zeitung verleiht 2025 bereits zum 15. Mal die jährlichen
Corporate Finance Awards. Ausgezeichnet werden herausragende Transaktionen des Vorjahres. Auswahlkriterien für die prominent besetzte Jury unter Leitung von Sebastian Schmid, Chefredakteur der Börsen-Zeitung, sind Größe, Komplexität und Originalität der Transaktionen und natürlich der dahinterstehende unternehmerische Ansatz. Die Gewinner in den sechs Kategorien sind: Renk (IPO), Schaeffler (M&A), Adnoc (Large Caps), Viessmann und KKR (Mid/Small Caps), DeepL (Digital) sowie KPS Capital Partners (Private Equity). Die siegreichen Transaktionen werden in der Börsen-Zeitung im Rahmen einer Serie vorgestellt und kommen im Podcast „Corporate Finance Award: Nachgefragt“ dann auch wieder ungefiltert selbst zu Wort. Die feierliche Preisverleihung ist gemeinsam mit unserem Veranstaltungspartner PwC für den 28. April geplant. Weitere Informationen zum Corporate Finance Award, die vergangenen Sieger und eine Übersicht aller bis zur Award-Verleihung erscheinenden Serienbeiträge zu den Gewinner-Transaktionen finden Sie im Internet unter www.boersenzeitung.de/finance-award.
Innomotics erlöst mit Beschäftigten in 17 Fabriken gut 3 Mrd. Euro jährlich in rund 50 Ländern, der Hauptsitz ist in Nürnberg. Das Unternehmen ist in fünf Geschäftsbereichen engagiert: Niederspannungsmotoren, Hochspannungsmotoren, Mittelspannungsumrichter, Lösungen und Kundenservice. Michael Reichle, der 1997 zu Siemens kam und dort vor dem Aufstieg zum CEO von Large Drive Applications Anfang 2023 unter anderem die Einheit Siemens Logistics leitete, führt die Gesellschaft als CEO.
„Mit absoluter Professionalität“
Was die Erfolgsfaktoren für die Transaktion waren? KPS-Partner Psaros nennt neben dem Vertrauen die direkte, bilaterale Verhandlung ohne Vermittler: „Das war sehr wichtig.“ Obwohl Siemens zwei Investmentbanken als Vertreter gehabt habe, sei es im Kern eine persönliche Verhandlung gewesen – direkt zwischen seinem KPS-Partner Kyle Mumford und ihm sowie den Siemens-Verantwortlichen: „Beide Seiten haben das mit absoluter Professionalität abgewickelt.“
Der dritte Erfolgsfaktor: Siemens habe eine beeindruckende Arbeit geleistet, das Geschäft intern als eigenständige Einheit aufzustellen: „Ich habe noch nie gesehen, dass ein verkaufendes Unternehmen ein auszugliederndes Geschäft so professionell vorbereitet hat wie Siemens.“ Der Konzern habe in der Ausgliederung viele Millionen Euro investiert. Innomotics sei daher organisatorisch gut aufgestellt gewesen, habe ein Managementteam und auch eine Markenidentität gehabt. Siemens habe sich darüber hinaus sehr sorgfältig Gedanken über jedes Element des Transition Service Agreement gemacht, die das neue Unternehmen benötige.
Industrie-Expertise wichtig
Siemens-Vorstandsvorsitzender Roland Busch ist ebenfalls außerordentlich zufrieden. Mit KPS habe der Konzern einen idealen Käufer für Innomotics gefunden, lobte er bereits kurz nach Ankündigung der Transaktion. Auch die Zeit bis zum Closing sei ideal verlaufen. Der neue Eigentümer habe eine ausgezeichnete Erfolgsbilanz bei der Übernahme von Unternehmen in der Fertigungsindustrie: „KPS besitzt tiefes, unternehmensübergreifendes Know-how von Fertigungsprozessen und wird Innomotics dabei unterstützen, seine globale Marktführerschaft aufrechtzuerhalten.“ Siemens realisierte einen Buchgewinn von 2,1 Mrd. Euro.
Siemens hat sich aus Sicht von Psaros aus vier Gründen für KPS entschieden. Dabei musste KPS sich nicht nur gegen Private-Equity-Konkurrenz, sondern zuletzt auch noch gegen den japanischen Motorenhersteller Nidec durchsetzen. Erstens sei dies die Erfolgsbilanz im industriellen Bereich gewesen, schließlich sei KPS kein Generalisten-Buy-out-Fonds: „Ich könnte Siemens, Bosch, Thyssenkrupp nicht in die Augen schauen, wenn meine Partner und ich gleichzeitig in Gesundheit, IT oder künstliche Intelligenz investieren würden. Ich bin ein Industrieunternehmer – und Siemens hat das verstanden.“
IG Metall im Boot
Zweitens seien globale Ausgliederungen die KPS-Kernkompetenz, und außerdem habe Siemens direkt mit Partnern verhandeln können. Aufwendige Rückfragen an Investmentkomitees gebe es nicht. Der vierte Faktor: „Unsere Beziehung zur IG Metall.“ KPS habe eine Rahmenvereinbarung mit der Gewerkschaft, die einzigartig für einen Buy-out-Fonds sei.
Psaros streicht dabei die Schnelligkeit der Entscheidungen heraus. Sein erster Anruf bei Siemens habe in der Woche vor Weihnachten 2023 stattgefunden. Der Konzern habe den Verkaufsprozess dann im Januar 2024 gestartet. Im April habe KPS ein vollständig finanziertes Angebot abgegeben und im Mai einen bindenden Kaufvertrag unterzeichnet. KPS habe eine Due Diligence mit Präsenz vor Ort rund um die Welt durchgeführt, dies sei eine Herausforderung gewesen: „Wir haben fünf Monate quasi im Flugzeug gelebt.“
Schnelle Entscheidungen
Warum KPS sich für Innomotics entschieden hat? „Wenn man an die Elektrifizierung der Welt glaubt, dann ist dies das eine Unternehmen, das man besitzen möchte“, ist Psaros überzeugt. Rund 70% des weltweit verbrauchten Stroms flössen durch Motoren und Antriebe. Innomotics sei ein Schlüsselunternehmen für Megatrends wie Dekarbonisierung.
KPS habe bei Übernahmen immer einen Plan für Verbesserungen, betont Psaros: „Dabei geht es sowohl um organisches Wachstum als auch um Wachstum durch Übernahmen.“ KPS bringe nun Schnelligkeit in die Entscheidungsprozesse, und dies sei ein entscheidender Wettbewerbsvorteil: „Es gibt kein Warten auf monatliche Calls mit dem oberen Management oder vierteljährliche Sitzungen des Boards.“ Außerdem werde Innomotics nun konsequent auf Wachstum ausgerichtet. An einen Exit werde KPS frühestens in einigen Jahren denken, sagt Psaros: „Aber natürlich ist ein Börsengang grundsätzlich immer eine Option – ob in Deutschland oder anderswo.“
KPS verwaltet insgesamt rund 21 Mrd. Dollar Vermögen. 80% aller Investitionen, die KPS in den letzten 30 Jahren getätigt hat, seien in ausgegliederte ehemalige Konzern-Unternehmen geflossen, berichtet Psaros. Seit 2021 habe die Gesellschaft in Europa Unternehmen und Vermögenswerte im Wert von mehr als 12 Mrd. Dollar übernommen – darunter Eviosys (2021 von Crown Holdings übernommen) und Speira (2021 von Norsk Hydro).
Alles aus einer Hand
Seit der Eröffnung des Frankfurter Büros im Jahr 2010 habe KPS in Deutschland unter anderem Chassis Brakes International gegründet, um das weltweite Bremsengeschäft von Robert Bosch zu übernehmen, bilanziert der KPS-Mitgründer. 2012 sei Waupaca Foundry von Thyssenkrupp und fünf Jahre später TaylorMade von Adidas gekauft worden.
Die KPS-Investmentrenditen seien außergewöhnlich gut, sagt Psaros. Der Grund dafür sei, dass KPS die gesamte Arbeit selbst mache: „Wir lagern nichts an Beratungsfirmen aus.“ Die intellektuelle Struktur hinter jedem Verbesserungsprogramm für die Portfolio-Unternehmen sei immer zu 100% KPS.
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