Vonovia will die kleinen Geschäftsfelder groß machen
Vonovia will kleine Sparten groß machen
Wohnungskonzern setzt wieder auf Wachstum – Schuldenpläne sorgen für Unsicherheit – Dividende steigt um ein Drittel
hek Frankfurt
Der Wohnimmobilienkonzern Vonovia bewegt sich derzeit zwischen wachsendem Optimismus und neuen Unsicherheiten. Nach der Konsolidierung, die durch den scharfen Zinsanstieg vor drei Jahren erzwungen wurde, schaltet Deutschlands größter Vermieter gerade wieder auf Wachstum um. Doch das geplante riesige Schuldenpaket des Bundes und die Aufweichung der Schuldenbremse bergen für den hochgradig kapitalintensiven Sektor das Risiko höherer Kreditkosten.
Investitionen könnten verschoben werden
„Der Immobilienmarkt reagiert aktuell deutlich auf die Investitionspläne der Bundesregierung“, konstatiert Vorstandschef Rolf Buch bei der Bilanzvorlage. Es sei aber zu früh, die mittel- und langfristigen Auswirkungen auf Immobilienpreise und Finanzierungskosten abzuschätzen. Buch räumt ein, dass steigende Bondrenditen und Bauzinsen die Investitionspläne verändern könnten. So könnten sich Bauprojekte verzögern.
Die angekündigten Infrastrukturinvestitionen würden den Neubau verteuern, da die Nachfrage nach Bauarbeitern und Baumaterial steige. Dem stehe die Aufstockung des Klimafonds um 100 Mrd. Euro gegenüber, die energische Sanierungen erleichtere. „Völlig unverständlich“ ist für Buch, dass der Neubau bisher nicht stärker priorisiert wird. „Wohnungsbau gehört zur Infrastruktur“, sagt der CEO.
Mit 1,8 Mrd. Euro Liquidität zum Jahresende und weiteren 2 Mrd. Euro aus beurkundeten Verkäufen sei Vonovia für das Risiko steigender Finanzierungskosten gewappnet, versichert Finanzvorstand Philip Grosse. Hinzu komme die vergleichsweise hohe Betriebsmittellinie von 3 Mrd. Euro. Anstehende Fälligkeiten würden mit „gutem Vorlauf“ adressiert.
„Wieder auf dem Gaspedal“
Das Umschalten auf Wachstum soll sich vor allem in der Wiederaufnahme des Neubauprogramms von 3.000 Wohnungen, dem Ausbau der Handwerkerleistungen und verstärkten Einzelverkäufen zeigen. Diese drei Geschäftsfelder sollen bis 2028 insgesamt 20 bis 25% zum adjustierten Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) beisteuern. Derzeit sind es erst 9%. Die Investitionen dafür würden auf bis zu 2 Mrd. Euro im Vergleich zu 2024 verdoppelt. „Wir haben die Bremse gelöst und stehen wieder auf dem Gaspedal“, sagt Buch.
Aufwertung im zweiten Halbjahr
Für die nächsten drei Jahren gibt Buch die Losung aus, „wesentliche Größen- und Effizienzvorteile“ zu heben. Vonovia komme früher aus der Krise als viele andere und verlasse die Krise stärker als man hineingekommen sei. Die letzten drei Jahre habe sich Vonovia auf das Kerngeschäft konzentriert und 11 Mrd. Euro an zusätzlichem Cash generiert.

Die Bewertung des Immobilienbestands hat sich stabilisiert. In der zweiten Hälfte 2024 wurde das Portfolio leicht um 0,5% hochgeschrieben. Nach Wertminderungen von 1,4% in der ersten Jahreshälfte verbleibt für das Gesamtjahr allerdings noch ein Minus. Damit addieren sich die Wertverluste seit 2022 auf 15%. Ohne Gegenmaßnahmen wären es laut Grosse etwa 25% gewesen. Bedeckt hält sich der CFO zur erwarteten Wertentwicklung im laufenden Jahr. Ob der jüngste Anstieg der Bundrenditen um 40 Basispunkte im zehnjährigen Bereich auf die Bestandsbewertungen durchschlage, muss man abwarten. Der große Abstand zwischen den regulierten und den Marktmieten stütze die Wertansätze. Ende 2024 standen die 540.000 Wohnungen des Konzerns mit 82 Mrd. Euro in den Büchern.
Jahresergebnis entspricht Markterwartungen
Alle wesentlichen Kennzahlen für 2024 lägen am oberen Ende der Prognose, sagt Buch. Laut diversen Analysten sind die Jahresresultate wie erwartet ausgefallen. Die Dividende will Vonovia auf 1,22 Euro anheben. Für 2023 hatte der in Bochum ansässige Konzern 0,90 Euro je Aktie ausgezahlt. Unter dem Strich zeigt Vonovia noch 962 Mill. Euro Jahresfehlbetrag – deutlich weniger als 2023, als infolge der höheren Bestandsabwertungen 6,76 Mrd. Euro Nettoverlust zu verdauen waren. Den Verschuldungsgrad gibt Vonovia mit 45,8% des Immobilienvermögens an, wobei die zuletzt beurkundeten Verkäufe eingerechnet sind. Damit kommt die Zielspanne von 40 bis 45% in Sicht.
Den bei weitem größten Teil des Gewinns erwirtschaftet Vonovia in der traditionellen Wohnungsvermietung. Das Rental-Ebitda erreichte 2024 knapp 2,4 Mrd. Euro (-0,7%). Die kleineren Segmente Value-add (Handwerks- und Dienstleistungen), Recurring Sales (wiederkehrende Einzelverkäufe) und Development (Neubau) kamen zusammen auf 239 (2023: 182) Mill. Euro.
Prognose bestätigt
Für 2028 strebt Vonovia zwischen 3,2 Mrd. und 3,5 Mrd. Euro bereinigtes Ebitda an – rund 30% mehr als 2024. Im Fokus stünden innovative Technologien wie serielle Modernisierung, modularer Neubau und moderne Wärmeinfrastruktur. Diese Leistungen werde man auch dem Drittmarkt anbieten. Als Ziel nennt Vonovia den „Erwerb von Potenzialbeständen, um diese auf ein zeitgemäßes energetisches Niveau zu bringen“. Das Ergebnisprognose für 2025 bleibt bei 2,7 Mrd. bis 2,8 Mrd. Euro adjusted Ebitda.
Der Wohnimmobilienkonzern Vonovia kündigt an, die kleineren Geschäftsfelder Mehrwertdienste, Neubau und wiederkehrende Einzelverkäufe auszubauen. Doch das Umschalten auf Wachstum geht einher mit neuen Unsicherheiten durch die Schuldenpläne des Bundes. Die Bestandsbewertungen haben sich stabilisiert.