Studie von Heidrick & Struggles

Vorstandschefs fühlen sich ohnmächtig

Die dringlichsten Themen für CEOs und Aufsichtsräte sind die ökonomische und geopolitische Unsicherheit. Doch darauf Antworten zu finden, fällt sehr schwer, wie eine internationale Umfrage von Heidrick & Struggles ergibt.

Vorstandschefs fühlen sich ohnmächtig

Vorstandschefs fühlen sich ohnmächtig

Studie von Heidrick & Struggles: Dringlichste Themen für CEOs und Aufsichtsräte sind ökonomische und politische Unsicherheit

jh München

Der Klimaschutz und sichere Lieferketten sind in der Liste der anspruchsvollsten Aufgaben für Vorstandschefs und Aufsichtsräte ganz nach unten gerutscht. An erster Stelle der dringlichsten Punkte für Unternehmen stehen die ökonomische sowie die geopolitische Unsicherheit und Volatilität, wie Heidrick & Struggles festgestellt hat.

Eine große Überraschung ist das freilich nicht – besonders angesichts des veränderten transatlantischen Verhältnisses und der US-amerikanischen Zollpolitik. Die Personalberatung befragte allerdings schon zuvor – im November des vergangenen Jahres – 930 CEOs und Aufsichtsräte in Europa, Nord- und Südamerika, in der Region Asien-Pazifik und im Mittleren Osten.

Die Unternehmen stehen vor dem Problem, dass sie die aus Sicht des Managements größten Herausforderungen kaum bewältigen können. „Vorstandsvorsitzende und Aufsichtsräte gestehen sich eine gewisse Ohnmacht ein“, kommentiert Nicolas von Rosty, der Deutschlandchef von Heidrick & Struggles, die Ergebnisse. Ökonomische und geopolitische Brüche seien nicht vorherzusehen und könnten für viele Unternehmen schwerwiegende Folgen haben.

Lieferketten im Griff

Im Fall von anderen Schwierigkeiten ist die Zuversicht gestiegen, diese zu meistern. Das gilt zum Beispiel für die Stabilität von Lieferketten, die in den Jahren zuvor vielen Führungskräften Kopfzerbrechen bereitet hatte. 55% der Befragten haben großes Vertrauen in ihr Unternehmen, die Lieferketten im Griff zu haben. In der Befragung für 2024 waren es nur 35%. Eine Unterbrechung der Lieferketten erwarten in diesem Jahr nur 11% als dringliches Thema. Ganz oben stehen die ökonomische Unsicherheit und Volatilität mit 58%, gefolgt von der geopolitischen Unsicherheit mit 44%.

In der Gruppe der 52 hierzulande befragten Vorstandsvorsitzenden und Aufsichtsräte sind die Werte für diese beiden Themen sogar noch höher: 67 und 62%. Von Rosty hat dafür eine Erklärung: „In Deutschland spürt das Topmanagement, dass wir noch abhängiger von externen internationalen Faktoren sind als Unternehmen anderer Länder.“ Er nennt die starke Exportorientierung Deutschlands sowie den Krieg in der Ukraine und dessen Folgen. Nur 13% der in Deutschland Befragten sind der Meinung, richtige und schnelle Antworten darauf zu finden – besonders auf die Unsicherheit wegen der Geopolitik. Am anderen Ende des Skala steht aus ihrer Sicht der Klimawandel. Lediglich 6% stufen diesen Punkt als den wichtigsten ein. Alle sind der Ansicht, dieses Thema gut zu managen.

KI in Deutschland weniger beachtet

Kritisch für Deutschland ist aus Sicht von Rostys die Einschätzung der künstlichen Intelligenz. 26% der Befragten weltweit halten dieses Thema für eines der bedeutendsten für ihr Unternehmen in diesem Jahr. In Deutschland sind es nur 15%. „Dieses mangelnde Augenmerk könnte sich als Bumerang erweisen“, warnt der Deutschlandchef von Heidrick & Struggles. Zudem traut nur ein Viertel seinem Unternehmen genügend Kompetenz für künstliche Intelligenz (KI) zu. Von Rosty hält das für bedenklich: „Gerade KI wäre für deutsche Unternehmen eine große Chance, erodierende Wettbewerbsfähigkeit zurückzugewinnen.“

Skeptisch stimmt ihn auch das Gewinnen und Entwickeln von Führungskräften sowie die Nachfolgeplanung. Gerade einmal ein Viertel der in Deutschland befragten Spitzenmanager hat in dieser Hinsicht Vertrauen in die Fähigkeiten des Unternehmens. Dass diese „Überlebensfrage“ an Bedeutung verloren hat, könnte sich nach Meinung von Rostys „mittel- bis langfristig rächen“.

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