Autoindustrie

VW-Konsortium kann Europcar von Börse nehmen

Die erforderliche Annahmeschwelle beim Übernahmeangebot für Europcar ist erreicht: Das Konsortium um Volkswagen kann den französischen Autovermieter für die Weiterentwicklung von der Börse nehmen.

VW-Konsortium kann Europcar von Börse nehmen

ste Hamburg

Das Bieterkonsortium aus Volkswagen, dem in London ansässigen Vermögensverwalter Attestor sowie dem niederländischen Mobilitätskonzern Pon Holdings ist bei der milliardenschweren Übernahme des französischen Autovermieters Europcar am Ziel. Wie die drei Unternehmen am Dienstag – gut ein Jahr nach Bekanntwerden der Offerte – unter Bezugnahme auf eine Veröffentlichung der französischen Finanzmarktaufsicht AMF mitteilten, hält das Konsortium Green Mobility Holding inzwischen 93,62% des Aktienkapitals und mindestens 93,6% der Stimmrechte der Gesellschaft. Damit können die Käufer Europcar wie vorgesehen von der Pariser Börse nehmen. Die Mindestannahmeschwelle hatte bei 67% gelegen. Ende Mai gab die Europäische Kommission ohne Auflagen grünes Licht für die Offerte.

Mit Ablauf der verlängerten An­nahmefrist am 29. Juni seien insgesamt rund 4,69 Milliarden Europcar-Aktien in das Angebot eingebracht worden, hieß es. Das Konsortium hat durch das Überschreiten der erforderlichen Annahmeschwelle von 90% ein Squeeze-out-Verfahren zu einem Preis von 0,51 Euro je Europcar-Aktie beantragt. Angekündigt war, dass sich bei einer Annahmequote von mehr als 90% der Angebotspreis auf 0,51 Euro je Aktie erhöhen. Aktionäre, die ihre Aktien bereits andienten, erhalten nun zusätzlich 0,01 Euro je Aktie.

Nach der Übernahme des bei Bekanntwerden der Offerte mit 2,9 Mrd. Euro bewerteten Mietwagenunternehmens will Volkswagen Europcar zu einer Plattform für Angebote rund um Carsharing, Mitfahrdienste und Abo-Modelle weiterentwickeln. In der Kombination mit Autovermietung wird ein Weg gesehen, um Carsharing profitabel zu betreiben. „Heute haben wir einen wichtigen strategischen Schritt gemacht, eine industrieweit füh­rende Mobilitätsplattform zu schaffen“, erklärte Volkswagen-Finanzvorstand Arno Antlitz am Dienstag. Mit der Übernahme von Europcar werde dem Konzernportfolio an Mobilitätsdienstleistungen „ein Schlüsselelement“ hinzugefügt.

Vorgesehen ist eine Weiterentwicklung in zwei Stufen. „Zunächst bauen wir eine zentrale Mobilitätsplattform auf, um mit dem aktuellen Fahrzeugportfolio profitable Dienstleistungen anzubieten“, so Antlitz. Dass Autos heute zu wenig genutzt würden, könne sich durch die Nutzung derselben Flotte für Carsharing und Vermietung drastisch ändern. „Unsere Kunden werden eine Vielzahl von Mobilitätsangeboten in einer App abrufen können.“ Die Pilotphase der neuen Mobilitätsapp soll in Zusammenarbeit zwischen Volkswagen, der Porsche Bank und Europcar in Wien ab Winter 2022 und in Hamburg im Frühjahr 2023 beginnen. „Die Infrastruktur und das Know-how von Europcar ermöglichen es uns, dieses Geschäft mit hoher Effizienz in einem bestehenden, bewährten Netzwerk zu betreiben“, betonte der Volkswagen-CFO.

In einem zweiten Schritt will der Konzern gegen Ende des Jahrzehnts die Plattform mit autonomen Fahrzeugen auf ein noch höheres Effizienz- und Profitabilitätsniveau heben. Damit werde die Grundlage geschaffen, mit softwarebasierten Umsätze den neuen und wachsenden Profitpool der Mobilitätsindustrie zu erschließen, so Antlitz. Mit Pilotprojekten in München und Hamburg testet der VW-Konzern derzeit die ersten autonomen ID Buzz. Ähnliche Projekte zum autonomen Fahren sind in anderen Metropolen in Europa, China und den USA geplant. 2025 will Volkswagen den ersten kommerziellen autonomen Mobilitätsdienst in Europa anbieten, danach soll ein Dienst in den USA folgen.

Christian Dahlheim, Chef von Volkswagen Financial Services er­klärte, hob mögliche Synergien zwischen Leasing-, Vermiet- und Sharing­angeboten hervor. Bislang habe es kein Anbieter geschafft, Carsharing profitabel anzubieten, das Mietautogeschäft werfe dagegen Geld ab. Der Münchner Autovermieter Sixt verfügt bereits über eine Mobilitätsplattform, mit deren Hilfe das klassische Verleihgeschäft, Carsharing und Fahrdienste zusammenwachsen sollen. Darüber können auch Autos abonniert werden. Volkswagen ist mit der Marke Weshare im Carsharing aktiv und bietet mit Moia Mitfahrdienste an.

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