Plattformstrategie

VW plant die ultimative Plattform

Der Volkswagen-Konzern will die in der Fahrzeugarchitektur schon lange genutzte markenübergreifende Plattformstrategie auch auf andere Kernthemen anwenden und so die Synergien zwischen den Marken verbessern. Den Marken sollen künftig neben gemeinsamen Antriebsplattformen auch gemeinsame Grund­gerüste in den Bereichen Software, Batterie & Laden sowie Mobilität & Dienste zur Verfügung stehen.

VW plant die ultimative Plattform

scd Frankfurt

VW-Konzernchef Herbert Diess wertet den modularen E-Antriebsbaukasten (MEB) bereits als Erfolg, auch wenn das Gros der Modelle auf Basis der Plattform erst noch in diesem und den kommenden Jahren auf den Markt kommen soll. Bis Ende 2022 sollen es konzernweit 27 Stück sein. Der Plattformansatz nach Vorbild des MEB wird dennoch künftig auf alle vier Kernkompetenzen angewandt: Hardware, Software, Batterie & Laden sowie Mobilität & Dienste. So wolle Volkswagen mehr Synergien heben, damit die Marken des Konzerns ihr volles (Margen-)Potenzial entfalten könnten, erläuterte Diess bei der virtuellen Bilanzpressekonferenz.

Mit diesem Ansatz hofft der Wolfsburger Autohersteller etwa, den Rückstand in der Fahrzeug-Software aufzuholen. Die Softwareschwierigkeiten zum Anlauf der ID-Modelle erklärt Diess auch damit, dass hier ein grundlegendes Umdenken habe stattfinden müssen. Allerdings mache VW bereits rasch Fortschritte. Der Aufbau der Car-Software-Organisation komme gut voran. „Wir erhalten Bewerbungen aus der ganzen Welt“, versicherte Diess, der in der automobilen Software den einzigen komplexen Softwarebereich ausgemacht haben will, in dem Europa überhaupt noch eine führende Rolle erreichen könne. „Im Verlauf des nächsten Jahrzehnts wird Software das Auto grundlegend verändern.“ Derzeit liege der Anteil der internen Software-Entwicklung zwar nur bei 10%. Bereits Mitte des Jahrzehnts hofft VW allerdings, diesen Anteil auf 60% zu steigern.

Das Gros der Softwareentwicklungskapazitäten fließe in den Be­reich automatisiertes Fahren. Dabei sollen die bereits bestehenden Fahrassistenzsysteme für Pkw bis Level 4 weiterentwickelt werden. Laut Diess verfolgt VW dabei „ähnlich wie Tesla“ einen evolutionären Ansatz. Die Ford-Tochter Argo AI, an der Volkswagen beteiligt ist, soll derweil Systeme für fahrerlose Mobilitätsdienste in komplexen Umgebungen entwickeln, auf denen dann VW ihre Mobilitäts- und Transportdienstleistungen aufbauen will – etwa in Innenstädten.

Aus 2 wird 1

Im Pkw sollen Hardware und Software mittelfristig zu einer gemeinsamen Plattform verschmelzen, kündigte Diess an. Die Strategie der Wolfsburger sieht vor, dass zur Volumen-Plattform MEB zunächst im kommenden Jahr die Premium-Plattform PPE hinzukommt. Diese verspricht mehr Beschleunigung, höheren Reichweiten und kürzeren Ladezeiten. Ab 2024 werden dann beide Plattformen schrittweise zu einer gemeinsamen Plattform verschmolzen, die VW als Scalable Systems Platform (SSP) bezeichnet. Diese soll dann mit einer einheitlichen Software-Plattform synchronisiert werden, so dass später alle Fahrzeuge bei Hardware und Software auf das gleiche Grundgerüst zurückgreifen können. So will der Konzern seine Skaleneffekte noch besser zur Geltung kommen lassen.

Vorangetrieben wird die neue Plattform zunächst von Audi und VW durch die „Schnellboot-Projekte“ Artemis, Trinity und Apollon, wie Diess ankündigte. Die komplette Umstellung der Modellpalette werde bis in die kommende Dekade dauern. „Die Transformation vollzieht sich nicht über Nacht. Es wird zwei Lebenszyklen in Anspruch nehmen, um vom ‚Old Auto‘ zum ‚New Auto‘ zu wechseln“, erläuterte Diess.

An frühere Profitabilitätsniveaus will Volkswagen allerdings deutlich schneller heranreichen. Schon in diesem und im nächsten Jahr rechnet VW mit deutlichen Verbesserungen bei der Marge, wie der künftige Finanzvorstand Arno Antlitz ausführte.

Bis Mitte der Dekade soll dann auf Konzernebene wieder das strategische Margenziel von 7 bis 8% erreicht werden. Einen wesentlichen Beitrag dazu sollen Kostensenkungen bei der Batterie sorgen. Am Montag hatte VW auf dem sogenannten „Power Day“ angekündigt, eine Einheitszelle zu entwickeln, die bis 2030 für rund 80% der Anwendungsfälle im Konzern geeignet sein soll. Ab 2023 erwartet VW, das neue Zellformat einsetzen zu können.

Trotz des Fokus auf Elektromobilität geht Volkswagen nicht davon aus, dass der Verbrenner bald gänzlich verschwinden wird. In einigen Regionen wie Indien, in denen Kohlekraftwerke ein wesentlicher Stromlieferant seien, mache es durchaus Sinn, dass länger verbrauchsarme Verbrenner gefahren werden, sagte Diess. 

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