Milliardenlast drückt Ergebnisziel

VW ringt um Wettbewerbsfähigkeit

Mit einer korrigierten Ergebnisprognose für 2024 hat VW seine Aktie am Mittwoch zunächst auf Talfahrt geschickt. Das Papier erholte sich im Tagesverlauf aber. Am Aktienmarkt werden die verkündeten milliardenschweren Belastungen des Fahrzeugbauers mit positiven Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit verknüpft.

VW ringt um Wettbewerbsfähigkeit

VW ringt um Wettbewerbsfähigkeit

Margenziel 2024 wegen zusätzlicher Milliardenbelastung gesenkt – Aktie holt Verlust auf – Auslieferungen unverändert

Mit der Prognosekorrektur hat VW seine Aktie am Mittwoch zunächst auf Talfahrt geschickt. Das Papier erholte sich im Tagesverlauf aber. Am Aktienmarkt werden die vom Wolfsburger Konzern verkündeten milliardenschweren Belastungen mit positiven Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit verknüpft.

ste Hamburg

Mit der am Vorabend verkündeten Prognosesenkung hat Volkswagen Anleger am Mittwochvormittag verschreckt. Die Vorzugsaktie von Europas größtem Fahrzeugbauer gab zunächst um bis zu 2,3% auf 104,20 Euro nach, ehe die Verluste aufgeholt wurden. Das Mehrmarkenunternehmen hatte auf Belastungen von bis zu 2,6 Mrd. Euro verwiesen, die sich 2024 bei nun offen gelegten zusätzlichen Kosten von bis zu 1,7 Mrd. Euro zum Großteil nicht kompensieren ließen. Den Zielkorridor für die operative Umsatzrendite stufte VW um einen halben Prozentpunkt auf 6,5 bis 7% herab.

Der Konzern begründete die Belastungen neben den bereits angekündigten und im April gebildeten Rückstellungen von rund 900 Mill. Euro für Aufhebungsverträge zur Personalkostensenkung im Verwaltungsbereich der Volkswagen AG mit Aufwendungen im Zusammenhang mit der geplanten Schließung des Gasturbinengeschäfts von MAN Energy Solutions sowie mit Währungskursverlusten im Zusammenhang mit der Entkonsolidierung der Volkswagen Bank Rus im Konzernbereich Finanzdienstleistungen.

Brüsseler Werk auf Prüfstand

Zudem steht im Zuge der sinkenden Nachfrage nach dem Oberklasse-Elektroauto Q8 e-tron von Audi eine Schließung des 2007 von der Ingolstädter Tochter übernommenen Werks in Brüssel im Raum. Im Herbst 2018 hatte Audi dort mit der Produktion des ersten vollelektischen SUV der Marke begonnen, Anfang 2020 mit der Serienfertigung des Audi e-tron Sportback. Die sinkenden Auftragseingänge begründet Audi mit dem Hochlauf neuer Modelle auf der Elektroplattform PPE (Premium Platform Electric).

Jede Reduzierung der hohen Kostenbasis von VW in Europa dürfte vom Markt weitgehend begrüßt werden, hieß es in einer ersten Einschätzung von Bernstein Research. Das Analysehaus, das die VW-Aktie unverändert mit „Market-Perform“ und einem Kursziel von 136 Euro einstuft, geht davon aus, dass bis zu 1,3 Mrd. Euro der jetzt von VW genannten zusätzlichen Aufwendungen von 1,7 Mrd. Euro auf die Restrukturierung oder mögliche Schließung des Brüsseler Audi-Werks entfallen dürften. Das Werk kommt derzeit auf rund 3.000 Beschäftigte und sei einer der teuersten Produktionsstandorte des VW-Konzerns, so Bernstein weiter. Das Analysehaus verweist auf Schätzungend es Branchenverbandes VDA, wonach die durchschnittlichen Kosten pro Arbeitsstunde in Belgien 2023 bei 45,68 Euro lagen.

Größte Sorge für Investoren

Die US-Bank Goldman Sachs, die VW bei einem Kursziel von 140 Euro weiterhin neutral einstuft, wertete die Ankündigung positiv. Diese signalisiere konkrete Maßnahmen, um die langfristige Wettbewerbsfähigkeit des Autobauers zu verbessern. Auch die US-Investmentbank Stifel, die bei einem Kursziel von 1.409 Euro zum Kauf der VW-Aktie rät, meinte, die Entscheidung, die Kapazitäten bei Audi zu reduzieren, sei positiv. Audi bereite Investoren die größte Sorge im VW-Konzern. Die Bank verwies auf die von 12,3% im Jahr 2012 auf 3,4% im ersten Quartal 2024 gesunkene operative Marge von Audi sowie auf erhebliche Verspätungen neuer Modelle in den zurückliegenden Jahren.

Die Produktion des Q8 e-tron in Brüssel könnte vorzeitig eingestellt werden, hieß es bei Audi. Sollten sich in Gesprächen der Werksleitung mit den Sozialpartnern keine Alternativen ergeben, sei eine Betriebseinstellung des Werks möglich. Im ersten Halbjahr 2024 wurden nach VW-Angaben vom Mittwoch 17.900 Audi Q8 e-tron verkauft, gut 8% weniger als im gleichen Vorjahreszeitraum. Insgesamt lieferte das Wolfsburger Unternehmen in den ersten sechs Monaten 317.200 vollelektrische Fahrzeuge (BEV) aus, 1,4% weniger als 2023. Der BEV-Anteil an den gesamten Auslieferungen blieb im Vorjahresvergleich mit 7,3% unverändert.

Auslieferungen nicht gestiegen

Die gesamten weltweiten Auslieferungen des VW-Konzerns lagen zur Jahresmitte mit knapp 4,35 Millionen Fahrzeugen um 0,6% unter dem Niveau vor Jahresfrist. Dabei schrumpften die Auslieferungen allein im zweiten Quartal um 3,8% auf 2,24 Millionen Fahrzeuge. Die im Halbjahresvergleich um 7,4% auf 1,35 Millionen gesunkenen Auslieferungen im weltgrößten Automarkt China führt VW auf intensiven Wettbewerb zurück. Für das Gesamtjahr 2024 hatte VW im März eine Steigerung der weltweiten Auslieferungen um bis zu 3% avisiert.

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