Autoindustrie

VW sichert Stellen in Wolfsburg

Den Standort Wolfsburg will VW auch mit einem neuen Entwicklungszentrum sichern. Während die Zukunft von Konzernchef Diess unklar ist, wird ein Zusammenrücken mit dem Betriebsrat signalisiert.

VW sichert Stellen in Wolfsburg

ste Hamburg

Kurz bevor am Dienstag das Aufsichtsratspräsidium von Volkswagen in Wolfsburg zusammenkommen wollte, um über die Zukunft von Konzernchef Herbert Diess zu beraten, hat der Autobauer Details sowie Stellungnahmen zum geplanten Entwicklungszentrum „Campus Sandkamp“ in Wolfsburg veröffentlicht. Rund 800 Mill. Euro sollen in das Zukunftsprojekt investiert werden, mit dessen Bau im kommenden Jahr begonnen werde, teilte der Konzern mit. Der Neubau könne Raum für etwa 4000 Arbeitsplätze bieten. In dem als „High-Tech-Entwicklungszentrum“ bezeichneten Werk sollen die technische Entwicklung und weitere Bereiche gemeinsam an neuen Fahrzeugen und Zukunftstechnologien arbeiten. Es soll zugleich das Zentrum für die künftige Elektro-Plattform SSP werden, die die Kernmarke Volkswagen federführend für den Konzern entwickelt.

„Ein wichtiger und großartiger Meilenstein für Wolfsburg“, ließ sich Konzernchef Diess zitieren. Der Campus Sandkamp werde das modernste Entwicklungszentrum der Welt und gemeinsam mit dem Elektroautoprojekt Trinity, das bis 2026 etabliert werden soll und autonomes Fahren auf Level-4-Ebene massentauglich machen soll, den Standort Wolfsburg „auf ein neues Level heben“. So werde Volkswagen im neuen Wettbewerb vorne mitspielen.

Konzernbetriebsratschefin Daniela Cavallo, die Diess Anfang November in der ersten Belegschaftsversammlung in Wolfsburg seit Ende 2019 für zuvor bekannt gewordene Überlegungen zu einem Abbau von 30000 Stellen scharf kritisiert und über Trinity hinaus ein weiteres Projekt für den aktuell schwach ausgelasteten Standort Wolfsburg gefordert hatte, erklärte, mit dem Campus Sandkamp bleibe „die Technische Entwicklung in Wolfsburg das Herz der Technischen Entwicklung im Konzern“. Damit werde vor allem langfristig die Beschäftigung auch in der Produktion gesichert.

Wenige Tage nach der Betriebsversammlung waren Pläne für eine Modernisierung des Stammwerks sowie alternativ zu einer Integration in die bestehende Fabrik die Prüfung eines neuen Werks im Wolfsburger Umland verkündet worden. In der Fabrik will VW ab 2026 das E-Modell Trinity, das als erstes Modell auf dem künftigen SSP-Baukasten für alle Konzernfahrzeuge basieren soll, in einer Produktionszeit von zehn Stunden fertigen. Das Stammwerk, in dem für Fahrzeuge mit Verbrennungsantrieb eine Halbierung auf zwei Produktionslinien vorgesehen ist, soll nach dem Vorbild der Trinity-Fabrik modernisiert werden. Mit dem Bau des zweiten Werks sieht der Betriebsrat Perspektiven für eine Jahresproduktion in Wolfsburg im hohen sechsstelligen Bereich.

Derweil zeichnete sich im Machtkampf bei Volkswagen am Dienstag noch keine Entscheidung über die Zukunft von Konzernchef Diess ab, den die Arbeitnehmerseite zuletzt für die Präsentation möglicher Lösungen für den Standort Wolfsburg im Aufsichtsrat ohne vorherige Absprache scharf kritisiert hatte. Das achtköpfige Aufsichtsratspräsidium wollte am Abend zusammenkommen, um über Einigungsmöglichkeiten zu beraten, so eine mit den Vorgängen vertraute Person. Es sei nicht völlig sicher, dass es für Diess weitergehe. Der 63-Jährige, dessen Vertrag der Aufsichtsrat erst im Juli um zwei Jahre bis 2025 erneuert hatte, kann bislang vor allem auf die Unterstützung der mehrheitlich am Stammkapital beteiligten Eigentümerfamilien Porsche und Piëch setzen.

Konzession könnte sein, dass Diess auch die Verantwortung für die Markengruppe der Volumenhersteller im Konzern an seinen Nachfolger als Chef der Kernmarke Volkswagen Pkw, Ralf Brandstätter, abgibt und dieser in den Konzernvorstand aufrückt. Zudem könnte Diess die Verantwortung für das China-Geschäft verlieren. Als möglicher neuer China-Chef wird über VW-Marken-CFO Alexander Seitz spekuliert.

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