Ladeinfrastruktur

VW zündet Turbo für globales Schnellladenetz

Der VW-Konzern will bei der Schnelllade-Infrastruktur nicht mehr von der Initiative Dritter abhängig sein. Die Wolfsburger planen für alle großen Märkte einen Ausbau mit Partnern oder in Eigenregie.

VW zündet Turbo für globales Schnellladenetz

scd Frankfurt

Der Autobauer Volkswagen will sich beim Thema Ladeinfrastruktur nicht mehr auf die Initiativen anderer verlassen und nimmt das Heft in den drei wichtigsten Märkten China, USA und Europa selbst in die Hand. Eine Analyse der Ladeinfrastruktur in China habe ergeben, dass vier Fünftel der öffentlichen Ladepunkte langsame Wechselstrom-Stationen seien. 30% der Ladesäulen seien defekt und an ebenso vielen stünden Verbrenner und blockierten den Zugang. Das habe zur Folge, dass oft nicht einmal jeder dritte Ladeversuch eines chinesischen E-Auto-Fahrers von Erfolg gekrönt sei, erzählte Xu Peng, der für VW in China die technologische Strategie verantwortet, auf Volkswagens „Power Day“. VW habe sich daher vorgenommen, die Achillesferse der Elektromobilität in China in eine Stärke zu verwandeln. 

In den kommenden Monaten und Jahren will der Konzern ein riesiges Ladestationsnetz im Reich der Mitte aufbauen, wie Thomas Müller sagte, der für den Konzern Forschung und Entwicklung in China verantwortet. Das Joint Venture CAMS (Charging as a Mobile Service) habe bereits 1800 Ladepunkte an 255 Lokationen errichtet. Bis Ende des Jahres soll die Zahl auf mehr als 500 Lokationen in etwa verdoppelt werden. Die Zahl der Ladepunkte soll dabei auf mehr als 6000 steigen. Bis Mitte des Jahrzehnts soll es mindestens 17000 Hochgeschwindigkeits-Ladepunkte in China geben.

In Nordamerika ist die Volkswagen-Tochter Electrify America deutlich weiter mit insgesamt 560 Ladestationen und mehr als 2400 Schnellladepunkten. CEO Giovanni Palazzo kündigte an, dass die Zahl der Ladestationen bis zum Jahresende auf 800 zulegen soll. Mit Electrify America ist Volkswagen ursprünglich einer Verpflichtung zum Aufbau eines anbieterunabhängigen Schnellladenetzes in den USA  nachgekommen, die der Konzern im Rahmen des Diesel-Skandals auferlegt bekam. Nun setzt VW darauf, den Infrastruktur-Vorsprung auszubauen.

Die größten Pläne hat VW indes für den europäischen Markt, wo aufgrund der strengen CO2-Emissionsgrenzen das schnellste Wachstum erwartet wird. Zugleich streicht VW heraus, dass das Errichten einer gleichmäßig gut ausgebauten Ladeinfrastruktur in dem multinationalen Markt eine größere Herausforderung darstellt. Während Electrify America vier Ladestationen pro Woche errichtet, kommt das Schnelllade-Joint-Venture Ionity (BMW, Daimler, Ford und Porsche) nur auf eine Station alle drei Tage, wie Porsche-Chef Oliver Blume sagte. „Bald“ werde man 400 Ladestationen haben, kündigte Blume an. Zugleich versprach er eine Verbesserung der Qualität der bestehenden Ladestationen und eine Ausweitung hoch frequentierter Stationen um weitere Ladepunkte.

Porsche-Antwort auf Tesla

Auch das ausgeweitete Ionity-Angebot erachtet Blume für die anspruchsvollen Porsche-Kunden offenbar noch nicht als ausreichend. Er kündigte eine Schnelllade-Offensive des Sportwagenbauers an. Jeder Porsche-Händler soll mit eigenen Hochgeschwindigkeits-Ladesäulen ausgestattet werden. Bei mehr als 300 Händlern sei dies schon der Fall. Hinzu kämen tausende Ladestationen bei Premium-Partnern – darunter Hotels, Restaurants, Golf- und Tennisclubs. Als Ionity-Ergänzung sind zudem Porsche-Hochgeschwindigkeits-Ladestationen an europäischen Autobahnen geplant – offenbar als direkte Antwort auf Teslas Supercharger-Netzwerk.

Auch insgesamt glaubt der VW-Konzern offenbar nicht, dass Ionity schnell genug wächst. Elke Temme, die seit Januar in der Komponenten-Sparte den Bereich Laden & Energie verantwortet, verkündete Partnerschaften zum Ausbau des Schnellladenetzes mit den Energieunternehmen Enel, Iberdrola und BP. Zudem sieht VW seine E-Autos dank bidirektionaler Lademöglichkeit künftig als Zwischenspeicher für erneuerbare Energien, damit künftig weniger Energie verloren gehe.